aus Kradblatt 3/24 von Helmut Grigull
Ein etwas verrückter Fahrspaß
Ja, es gibt sie, die knackigen Kerle, die Muckis und Oberstübchen lange fit halten. Aber es gibt auch die, die beim Auf- und Absteigen krachende Geräusche aus der Wirbelsäule verbreiten, beim Aufbocken und Abstellen mit zitternden Beinen Unsicherheit erkennen lassen und auch die, die im Sommer an der roten Ampel in ihrer Lederkutte kurz vorm Kollaps auf den Blackout warten.
Tröstlich zu wissen, dass klapprige, ebenso wie übermütige Motorradfahrer sich hauptsächlich selbst gefährden, im Gegensatz zu Autofahrern, die meist Unbeteiligte mit ins Verderben reißen. Meine Meinung: Ja, Tauglichkeitstest für Oldies, auch wenn es mich selbst treffen würde.
Meine jährliche Fahrleistung war in den letzten Jahren unter 2.000 km gesunken. Regen sowie eine überhaupt zu kurze Sommersaison, Laderaumbedarf, dann noch Terrasse, Garten, E-Bike, all das gewann in der Konkurrenz um meine Freizeit zusehends mehr Raum. Und letztendlich das Eingeständnis um die Vergänglichkeit der eigenen Physis sollte Bikern, die an die 70 gehen, zum Nachdenken bewegen.
Was also tun? Muss jeder selbst wissen. Alle Widrigkeiten ignorieren und weitermachen? Das Fahren ganz aufgeben? Oder gibt es eine Alternative?
Ein Leben ohne Motorrad ist möglich, aber sinnlos. Loriot bezog diesen Spruch allerdings auf Möpse. Vom Mops zum Dackel ist es gedanklich nicht weit. Und vom Dackel zum Dax ist es assoziativ noch näher. Soll ich mir als Altherrengefährt eine Dax anschaffen? Eine alte 50er habe ich bereits. Witzig, aber wenig alltagstauglich.
Nun gibt es sie ja neu für 5.190 €, mit 125 Kubik, welche mich nicht zum schleichenden Verkehrshindernis degradieren, sondern geduldete Teilhabe, zumindest am Nahverkehr, ermöglichen sollten.
Die neue Dax hat 4 Gänge und die bekannte Fliehkraftkupplung. Nicht jedermanns Sache und ich selbst bin auch nicht begeistert davon. Ein potentieller Mitfahrer würde eine Handbreit Sitzbank sowie Fußrasten vorfinden. Sehr hypothetisch. Welch ein Zwerg soll das sein, wo doch bereits mein Volumen die maximale Zuladung nahezu ausschöpft.
Was gibt es da noch an Kleinmopeds? Ein Viertakter soll es schon sein und auch wieder von Honda, da kann ich auf viele zuverlässige Jahre zurückblicken.
Einen Roller? Bestimmt sehr praktisch, aber – no way – nebenbei schon wieder zu groß für den Fahrradschuppen.
MSX Grom? Finde ich hässlich, obwohl mit 4.390 € günstiger als die beiden anderen Gnome.
Oh holla, denn da gibt es ja auch die Monkey als Neuauflage. Für 4.890 €. Nicht das vernünftigste Gefährt, aber einfach Kult. Macht sicher Gaudi und kleiner geht’s nimmer. Außerdem erwartet man von mir eine Portion Verrücktheit. Das gibt den Ausschlag, mehr Argumente brauche ich nicht.
Schwarz ist mir zu trist, Bananayellow ist die Ausgabe für Minions, ich wähle – wie immer – Rot.
Die lütten 125er von Honda sind sich recht ähnlich. LED-Licht, ABS vorn, E-Starter haben sie alle. Gewicht und Leistung variieren nur geringfügig. Die Preisunterschiede bei sehr ähnlichen Modellen lassen erkennen, wo Honda die Vorlieben der Kundschaft sieht.
Im Gegensatz zu den alten Modellen verbaut Honda aktuell 12-Zoll-Räder. Das macht das Kauern auf dem Sitzbrötchen nicht ganz so erbärmlich. Doch zücke ich den Zollstock, stelle ich mit Erstaunen fest: Da hat sich nichts geändert. Sattelhöhe, Fußrasten über Boden, das alles ist geblieben. Lediglich die Sitzbreite ist gewachsen, das macht das Aufhocken angenehmer als beim Oldie. Ebenso ist die Lenkerbreite und -höhe gewachsen. Nun auch nicht mehr umklappbar.
Gut, aus 70 sind 105 kg Gewicht geworden. Das war vorher schon schwer und jetzt hebt sie eh niemand mehr in den Kofferraum eines Pkw.
Dort im Solling, wo ich meine Honda CTX 1300 verkaufte (ein toller V4), erstehe ich auch die Monkey 125. Ein Spruch, den man ab und zu bei Horst Lichter hört, kommt mir in den Sinn: „Gold gab ich für Eisen.“ Oh, bitte kein Mitleid, ich habe es so gewollt.
Als ich zur Abholung auf dem Hof des Händlers das Schnuckelchen besteige, schauen ein paar Skandinavier zu. Mit Blick auf ihren fetten Tourer im Hintergrund haben sie einige Scherze auf Lager: „Wie niedlich!“ „Nicht über 200!“ usw. Jeder Einzelne übertrifft locker das Gewicht der Monkey, und weil deren maximale Zuladung 105 kg beträgt, wird ihnen das Scherzen als Einziges bleiben, denn fahren werden sie eine Monkey nie.
Auf mein Bitten wurde mir ein Gepäckträger spendiert. Danke! Nun erwarte ich an einem Kleinstmoped keine containertaugliche Ladefläche, doch ein wenig mehr hätte es schon sein dürfen.
Ausgestattet mit einer Handkupplung und fünf Gängen, die auch dort liegen, wo ich sie seit Jahrzehnten zu finden gewohnt bin, muss ich mein antrainiertes Schaltgebaren nicht umstellen. Fünf Gänge verheißen, dass ich auch mal mehrere Kilometer fahren kann, ohne den Motor mit hohen Dauerdrehzahlen belästigen zu müssen.
Tuckernd springt der Motor sofort an, ruhig, gleichmäßig, klingt ganz anständig. In der Plastebox mit der Gemischaufbereitung klopft es beim Gasgeben etwas übertrieben. Da will wohl einer akustisch auf dicke Hose machen.
Es gibt sogar einen Katalysator, zu Gunsten der Umwelt, zu Lasten der Leistung. Damit zwangsläufig verbunden ist die Benzineinspritzung, wiederum ein Pluspunkt fürs Portemonnaie. Ein paar Zahlen: 9,4 PS, Verbrauch knapp 2 Ltr./100 km, dazu noch eine Zahl: 5,6 Ltr. Tankinhalt. In der Versicherungsprämie liegt das Gefährt sogar unter dem Preis des Versicherungskennzeichens.
Die Kupplung geht derart leicht, dass ich zuerst meine, der Zug wäre gerissen, bzw. gar keiner dran.
Schalten fluppt sauber, die Bremsen greifen nicht sportlich bissig, eher etwas zurückhaltend im Zurückhalten. Da müssen sich die Beläge sicher noch einschleifen.
Außer der Geschwindigkeit und den Gesamtkilometern lassen sich zwei Tageskilometerzähler einschalten. Weitere Auskunft erteilt eine Anzeige in sechs Segmenten über den Tankvorrat. Bei ungünstiger Sonneneinstrahlung bleiben all diese Zahlen leider geheim, sprich schlecht ablesbar. Sämtliche Lichter und Leuchten sind in LED-Ausführung, das ist schon prima, nur den Tacho hätte man getrost nostalgisch analog halten können. Würde zum Modell passen.
Links unter dem Sitz findet sich ein abschließbarer Kunststoffdeckel. Das lässt auf ein, wenn auch kleines, gesichertes Fach für Papiere, Schlüssel, Kippen usw. hoffen. Leider nein. Unter dem Deckel befindet sich tatsächlich Bordwerkzeug. Das kann man zwar weglassen, um das Schächtelchen anders zu nutzen, nur würden die Clips und auch die Plastiknippel in den Gummiösen bald ausleiern, wenn nicht gar abbrechen. Ebenso aussichtslos ist der Versuch, etwas unter dem Sitz verstauen zu wollen: nur mit Werkzeug zu öffnen.
Obwohl der Lenker breiter wurde, zeigen die Spiegel mal wieder hauptsächlich die eigenen Arme. Nun schrumpft man ja im Alter. Vielleicht sehe ich irgendwann mehr Straße.
So um die 55 km/h hoppelt das Vorderrad etwas, was ich dem dicken Gummi anlaste. Schlaglöcher steckt die Monkey besser weg als meine alte Dax, dennoch sollte man größere Krater im Asphalt meiden. Bei den Abmessungen ist die gute Wendigkeit kein Wunder, wobei es geradeaus durchaus stabil zugeht.
Nach einigen 100 km haben sich bewegliche Teile sowie Mensch und Maschine eingespielt. Mit gutem Willen mag man gar einen Hauch Temperament im Motor empfinden. Solange es nicht zu viel Gegenwind gibt, oder eine Steigung zum Runterschalten zwingt, kommt die Fuhre auf die bescheinigten 91 km/h und ein bisschen mehr. Zu Beschleunigungsorgien oder Wettrennen wird mich niemand mehr provozieren.
Der alten, kleinen Dax bleiben Autobahnen und Kraftfahrtstraßen verwehrt, die Monkey darf sie befahren. Dabei sollte man bedenken, dass sehr bald allerhand Autos im Rücken aufs Überholen gieren und selbst LKW-Fahrer mit 90 km/h nicht zufrieden sind. Darum besser die Kurzstrecken, Stadtverkehr und Landstraßen wählen.
Abgesehen von der Anschaffung also ein preiswerter Spaß für den, der ein Leichtkraftrad nicht unbedingt für den Alltag benötigt, denn da gibt es praktischere Zweiräder. Halt aus Spaß an der Freude und für alle, die keinen „richtigen“ Motorradführerschein haben, denn die 125er Monkey darf man mit dem B196 fahren.
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Kommentare
Ein Kommentar zu “Honda Monkey 125, Modell 2023”
Schöne Story. Zwei Anmerkungen dazu: Als „Sitzbrötchen“ kenne ich diese Sozius-Notsitze auf Choppern. Der Monkey-Sitzplatz ist geräumig und bequem wie ein Sessel. Auf keinem meiner großen Motorräder sitze ich so entspannt und komfortabel. Ein Lob verdient hätte noch die Honda-typische gute Verarbeitungsqualität, die bei dem hohen Anschaffungspreis allerdings auch zu erwarten ist. Die kleine Monkey ist ebenso wie die neue 125er Dax ein Kult-Moped, das man einfach lieben muss. Und sie macht so viel Spaß, dass ich für sie immer öfter meine großen Hondas in der Garage lasse.