aus Kradblatt 8/23 von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
Telefon 0421-696 44 880 – www.janschweers.de
Bußgeldbescheid genau prüfen!
Behörden dürfen sich bei der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nicht unbegrenzt lange Zeit lassen. Sie haben etwa beim Erlass des Bußgeldbescheids streng die Verjährung zu beachten. Dabei kann die Unterbrechung der Verjährung durch Maßnahmen der Bußgeldbehörde besondere Schwierigkeiten bereiten, wie es ein Beschluss des Amtsgerichts Rockenhausen vom 03.04.2023 (Aktenzeichen: 2a OWi 6070 Js 1673/23) eindrucksvoll zeigt.
Dem Betroffenen war ein Verkehrsverstoß vorgeworfen worden. Gegen den erlassenen Bußgeldbescheid ging er vor, da dieser nach seiner Auffassung zu spät erlassen wurde, weil die vorgeworfene Verkehrsordnungswidrigkeit bereits verjährt war.
Die Verjährung wird nach §33 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten durch verschiedene Maßnahmen unterbrochen, wonach sie jedes Mal von Neuem beginnt. Hierzu gehören etwa die erste Vernehmung des Betroffenen, die Anordnung seiner Anhörung und der Erlass eines Bußgeldbescheides.
Im vorliegenden Fall waren die Anordnung der Anhörung des Betroffenen und der Erlass des Bußgeldbescheides zwar grundsätzlich rechtzeitig zur Unterbrechung der Verjährung erfolgt. Sie waren aber konkret nicht geeignet, die Verjährung zu unterbrechen.
Nach dem Beschluss des Amtsgerichts Rockenhausen ist Voraussetzung für eine wirksame Unterbrechung unter anderem, dass das Tatgeschehen hinreichend konkretisiert wird, also einwandfrei klar ist, welcher Lebensvorgang dem Betroffenen vorgehalten wird und dass dieser von denkbaren ähnlichen oder gleichartigen Sachverhalten unterscheidbar ist. Dies sah das Gericht als hier nicht erfüllt an.
In der Anhörung und im Bußgeldbescheid war als Tatort jeweils eine Strecke von etwa 1,7 Kilometern Länge („67304 Eisenberg, Ostring“) und die Fahrtrichtung angegeben. Nach Ansicht des Amtsgerichts kommt es entscheidend darauf an, dass die Tat – auch hinsichtlich des Ortes ihrer Begehung – so genau bezeichnet wird, dass sie sich als unverwechselbar mit anderen denkbaren Taten desselben Täters darstellt und ein Bewusstsein des Täters für den ihm vorgeworfenen Verstoß bilden kann. Gerade Verkehrsverstöße, die sich in relativ kurzen Zeiträumen häufiger wiederholen können, sind insoweit problematisch. Im Einzelfall kann auch die Angabe eines markanten Punktes des Begehungsortes (etwa ein Parkplatz, eine Hausnummer oder ein Gebäude) genügen.
Derartige ausreichende Angaben waren im vorliegenden Fall aber weder in der Anhörung noch im Bußgeldbescheid gemacht worden. Die Anhörung und der Bußgeldbescheid wurden deshalb als nicht hinreichend bestimmt angesehen, wodurch sie nicht geeignet waren, die Verjährung zu unterbrechen.
Das Verfahren gegen den Betroffenen wurde deshalb wegen des Verfahrenshindernisses der Verjährung eingestellt – die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen wurden der Staatskasse auferlegt.
Es kann sich danach bei etwas länger zurückliegenden Vorwürfen von Verstößen durchaus als nützlich erweisen, die Schreiben der Bußgeldbehörde genauer zu prüfen, ob die darin gemachten Angaben eindeutig genug sind, dass das vorgeworfene Verhalten für den Betroffenen eindeutig zu erkennen ist. Gerade bei häufig vorkommenden Tatvorwürfen wie etwa Geschwindigkeitsüberschreitungen muss dieser so bestimmt beschrieben werden, dass er nicht verwechselt werden kann. Genügen Schreiben der Bußgeldbehörde diesen Anforderungen nicht, kann eine Verkehrsordnungswidrigkeit dann durchaus verjährt sein, sodass sie nicht mehr verfolgt werden darf. Eine sorgfältige Prüfung von Behördenschreiben kann sich demnach als sehr hilfreich erweisen.
—
Kommentare