Bericht aus Kradblatt 5/19 von Tobias Tantius,
ET-Zweiradmuseum, 38524 Sassenburg-Grußendorf

Die Unübertreffliche auf zwei Rädern …

Willi mit seiner Panther KS 150, Bj. 1952

Es gibt Menschen, die fallen nicht sofort auf, sind dennoch immer gegenwärtig. Wilhelm „Willi“ Baumann aus Schwülper im Landkreis Gifhorn ist so jemand. Er und sein Motorrad sind auf vielen Oldtimer-Treffen in der Region zu sehen. Doch erst wenn man mit ihm ins Gespräch kommt, verliert sich das Unauffällige und weicht einer freundlichen, konzentrierten Offenheit. 

Hinterradfederung der Panther KS 150, Bj. 1952 Willi greift zum Koffer auf dem Gepäckträger und beginnt zu erzählen. Er lernte Maurer und fährt seit nunmehr 25 Jahren seine 150er Panther. Die Maschine gehörte ursprünglich seinem Vater Franz, der sie im Mai 1952 bei Gebr. Schlemmermeier in Braunschweig-Lehndorf gekauft hatte. Da war Willi erst zwölf. 

Weil noch kein Auto in der Familie vorhanden war, kam später beim Bau des elterlichen Hauses in Rote Mühle bei Schwülper das Motorrad mit 6 PS, als Lastenesel zum Einsatz. Um einen Anhänger mit Kies, Zementsäcken oder Steinen ziehen zu können, musste der Gepäckträger verstärkt werden. In dieser Zeit leistete nicht nur die zuverlässige Panther gute Dienste, auch Willi musste mit ran. Als Maurergeselle im zweiten Lehrjahr zog er den Keller hoch. So baute er 1956 nicht nur das Haus seiner Eltern, sondern viel später auch sein eigenes. 

Luftpumpe auf dem Kettenschutz, Panther KS 150, Bj. 1952 Eigentlich wollte Vater ein Zün­dapp-Motorrad haben, doch leider hatte das Modell keine Hinterradfederung. Die Panther schon! Das Prospekt verkündete zudem stolz „die Unübertreffliche“. So war die Entscheidung für das Braunschweiger Produkt nicht mehr schwer. Auch nicht der Kauf. Da Vater Franz den Neupreis von 1.350 DM für die schöne Maschine nicht aufbringen konnte, ging das Krad für „kriegste“, also gegen eine Anzahlung über 555 DM und elf Raten zu je 72 DM in seinen Besitz über. 

Fahrzeuge von Panther hatten einen guten Ruf und galten als sehr robust. Nach dem Krieg lief die Produktion der Pantherwerke AG im Laufe des Jahres 1946 wieder richtig an. So wurden in der Ludwigsstraße neben Fahrrädern bald Mopeds und leichte Motorfahrräder mit 98 ccm gebaut. Ab 1951 standen auch Motorräder mit 150 ccm- und 175 ccm-Sachs-Motoren mit Kickstarter im Programm. Daher das Kürzel „KS“ mit entsprechender Hubraumbezeichnung. Mit Doppelrohr-Rahmen, Schwingsattel und der bewährten „Tiger-Teleskop-Vordergabel“ waren die Konfektionsmotorräder auch überregional sehr beliebt. Die KS 150 zeichnete sich zudem durch ihre Jurisch-Gradwegfederung aus und entsprach, meist in dezentem Schwarz lackiert, ganz dem Zeitgeschmack. 

Panther KS 150, Bj. 1952 Irgendwann fand die Panther im Hause Baumann einen stillen Platz in der Garage. Willi fuhr zwischenzeitlich einen NSU-Lambretta-Roller. Nach einem Unfall schaffte er sich einen Vespa-Roller an. Noch heute fährt Wilhelm einen Roller aus Italien, jedoch ein neueres Modell. Der Panther ist er treu geblieben. 

Anfang der 1990er Jahre fand Willi wieder Gefallen an Vaters Zweitakter mit dem schönen dumpfen Klang. Er ließ von seinem Cousin neue Standrohre für die Lenkergabel drehen. Sie hatten sich damals in der Bauphase zu sehr verzogen. Zudem bekam die Maschine eine neue Kupplung und vorsorglich eine neue Kette. Seitdem ist Willi mehrmals im Jahr im Landkreis unterwegs und besucht das eine oder andere Oldtimer-Treffen. Hinten auf dem Gepäckträger immer mit dabei, ein großer brauner Koffer. In ihm schlummern Regenjacke, Werkzeug und Kopien vom Prospekt sowie dem alten Kaufvertrag. Aber vor allem schlummern dort viele ​Erinnerungen.