aus Kradblatt 12/17
von Edgar Lacroix

Wie die Zeit vergeht…

Mein aktives Motorradleben neigt sich jetzt freiwillig dem Ende entgegen. Das „Mindesthaltbarkeitsdatum“ habe ich erreicht, darum schau ich nochmal zurück, wie alles begann.

1958 mit DKW RT 250 HEs begann im Jahr 1957 als ich meinem Vater seine geliebte DKW RT 125 entwendete um im Pfälzerwald ohne Führerschein heimlich meine Runden zu drehen. Alles ging gut bis eines Tages das Kupplungsseil gerissen und ich das Motorrad aus dem Wald nach Hause schieben musste. Vater war schon von der Arbeit nach Hause gekommen und mein Motorradabenteuer endete mit einem saftigen Schlag hinter die Ohren. Das war’s dann.

1961: Spaß mit Y-Tours und Maico1958 brachte mich die damalige Arbeitslosigkeit zur Bundeswehr. Hier durfte ich den allseits beliebten Führerschein für die Klasse A, auf einer Triumph in olivgrün, einer BGD 250 BW machen und war fortan Kradmelder.

Natürlich sollte jetzt auch 1958 ein privates Motorrad her. Das Geld war knapp und die Suche nach einem passenden Krad begann. Bei einem Bauern im Allgäu erstand ich eine komplett zerlegte DKW RT 250 H die ich wieder aufbaute, zum Vorzugspreis für die Mithilfe bei der Heuernte. Das Schicksal brachte mich 1959 mit meiner DKW und Y-Reisen nach dem Fliegerhorst Diepholz. Als Kradmelder durfte ich jetzt eine Maico M250 B fahren.

Von der DKW RT 250 H wechselte ich 1959 zu einer DKW RT 250/2 es folgte 1961 eine DKW RT 350, sehr schick, mit Sitzbank, anstelle vom alten Sattel. Die DKW RT 350 wurde leider von einem Kameraden, dem ich das Krad über das Wochenende zur Verfügung stellte, geschrottet. Er hatte vergessen, dass eine DKW ein 2-Takter Motorrad war und nur Benzin getankt. Ein kapitaler Kolbenfresser brachte ihn zum Überschlag und in einen Graben, das Motorrad landete in der Nähe von Celle als Totalschaden in der Schrottpresse.

BMW R 75 RTAls Ersatz fand ich im Flg. Horst Diep­holz eine total vergammelte Victoria Bergmeister V35 mit sehr viel Flugrost und platten Reifen, und mit einem vermuteten Motorschaden. Der Besitzer wollte die Victoria Bergmeister nicht mehr haben, hat sie mir kostenlos überlassen, mit der Bemerkung: „Schenke ich dir läuft sowieso nicht mehr“.

Mein Ehrgeiz war geweckt ich wollte die Victoria wieder zum Laufen bringen. Wochen später war es geschafft die Bergmeister lief rund auf ihren zwei V-Zylindern, der Flugrost war verschwunden und der original Lack wie neu. Die Victoria Bergmeister sah traumhaft aus. Jetzt stand die Anmeldung bei der Zulassungsstelle an. Dazu brauchte ich den KFZ-Brief vom Vorbesitzer, der, als er das fertige Motorrad sah die Herausgabe an mich verweigerte mit der Bemerkung, dass ein Kauf- bzw. Schenkungsvertrag nicht bestehe und die Viktoria immer noch sein Eigentum sei. Nun, ich habe Lehrgeld bezahlt ein neues „Kameradenschwein“ kennen gelernt und daraus meine Lehren gezogen.

BMW K 75 RTDass ich heimlich die mir vorher bekannten Motorschäden wieder eingebaut haben sollte, wurde nie bewiesen. Fakt war, das Motorrad war nicht mehr fahrbereit und kein „Motorkundlicher“ hat sich gefunden um den Schaden erneut zu beheben. Es gab doch noch echte Kameraden.

Wochen später musste der Victoria-Besitzer das Motorrad aus dem Fliegerhorst auf Anordnung des Kasernenfeldwebels entfernen, wg. Abstellung von Schrott auf Parkflächen. Unter dem Spott der Eingeweihten hat er die Victoria Bergmeister ca. 2 km zum nächsten Schrotthändler geschoben. Das war’s dann für die Schrottpresse.

Y-Reisen brachte mich 1962 weiter zum Fliegerhorst Ahlhorn. Hier durfte ich als Dienstmotorrad eine Hercules K125 BW fahren, die unglaublichen Spaß im Gelände brachte.

Royal Enfield GespannAuch privat kam im Jahr 1984 wieder ein Motorrad her. Für sagenhafte 4 Schachteln Zigaretten der Marke Ernte 23 erwarb ich eine fahruntüchtige HONDA CB 400 N, die ich wieder zum Leben erwecken konnte (Anmerk. des Sohnes: den Schrotthaufen hätte ich nicht geschenkt haben wollen, doch Papa restaurierte die CB).

Es folgte im Jahr 1986 mein Traummotorrad: eine BMW R 75 RT. Komplett restauriert, neu lackiert, in der BMW untypischen Farbe „Weinrot Perlmutt“ mit weißen Koffern, ein Traum von einem Motorrad.

Vier Jahre hat dieser Traum gedauert, bis Juni 1990, dann hat mich ein Autofahrer, von einem Parkplatz auf die Fahrstraße auffahrend, abgeschossen. Im Blickwinkel sah ich das Auto noch kommen, ausweichen ging nicht mehr, es blieb nur noch während der Fahrt linksseitig abzusteigen. Folge: Schlüsselbeinbruch linke Schulter und Totalschaden meiner BMW. Übrigens der einzige Motorradfall in der gesamten Zeit.

BMW R 1100 RT TripTeq GespannBangemachen gilt nicht, noch mit einem Schulterverband erwarb ich im Juli 1990 eine neue  – gebrauchte – BMW in der BMW-Niederlassung in Bremen eine BMW R 45 RT. Erneut vier Jahre später im Jahr 1994 hat mich mein motorradverrückter Sohn (von wem er das Gen wohl geerbt hat?), animiert, in Ibbenbühren bei Motorrad Bögel eine BMW K 75 RT zu kaufen, die ich bis 2007 mit viel Freude gefahren habe. Mit fast 70 Jahren wurde sie mir dann aber irgendwann doch zu schwer.

Es folgten einige Jahre ohne eigenes Motorrad. Innerlich hat es zwar gekribbelt, aber so recht wollte ich doch nicht wieder mobil werden. Meine Familie sah, dass ich unter einem regelrechten Motorradentzug gelitten hatte und beschloss für mich unbemerkt, dem eine Abhilfe zu schaffen. Im Jahr 2011 stand urplötzlich eines Tages mein Sohn vor der Tür mit einer riesengroßen Überraschung: Eine Royal Enfield mit Seitenwagen war’s, überreicht mit der Bemerkung: „Seitenwagen deshalb, damit du an der Ampel beim Anhalten in deinem Alter nicht umfällst“.

Ein gutes Jahr habe ich das Gespannn gefahren. Es hat riesigen Spaß gemacht, doch halt mit dem Nachteil, dass es im Seitenwagen für meine Frau recht laut war. Die Enfield ist halt ein Oldtimer.

Abhilfe schaffte eine BMW R 1100 RT mit TripTeq Fox Seitenwagen. Leise und recht bequem, für Leute wie uns im fortgeschrittenen Alter, dazu deutlich besser motorisiert auch für längere Ausfahrten. Vom August 2012 bis heute wird die BMW mit Seitenwagen gefahren.

Da ich nun mein „Mindesthaltbarkeitsdatum“ erreicht habe möchte ich mit diesem Gespann mein sehr schönes Motorradleben mit all den guten Erinnerungen aus den Jahren 1957 bis 2017 abschließen.

PS: das „Abschließen“ hat dann doch noch bis 2022/23 gedauert. Das Gespann haben wir im August 2022 verkauft und zur Entwöhnung hat mir mein Sohn dann seine 350er Royal Enfield Classic überlassen. Ein angenehm einfach und entspannt zu fahrendes kleines Motorrad.
Inzwischen bin ich 85, es kribbelt immer noch, aber irgendwann muss man sich schon aus Sicherheitsgründen dann doch etwas zurücknehmen. Radfahren ist ja auch ganz schön …