aus Kradblatt 2/23 von Konstantin Winkler,
BW-Fotos: Archiv Reinwald

Ganz offensichtlich ein Zweitakter: Hercules K 125 BW
Ganz offensichtlich ein Zweitakter: Hercules K 125 BW

Schon im Jahre 1966 begann die Geschichte der Bundeswehr-Hercules. Das Verteidigungsministerium beschloss, die Maico M 250 B zu ersetzen. BMW, Zün­dapp und Hercules wurden mit Prototypen beauftragt; letztere überzeugte und stach die Mitbewerber aus. (Anmerk. der Red.: in gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen erzählt man sich diese Geschichte über den Gewinn der Ausschreibung: „Während Zündapp zu geizig war, den BW-Entscheidungsträgern zu Weihnachten wenigstens eine Kiste Lebkuchen zukommen zu lassen, hat Sachs als Mutterkonzern eine Ladung hochwertiger Kühlschränke ins Beschaffungsamt in Trier geschickt.“ Eine Stellungnahme von staatlicher Seite haben wir dazu nicht angefragt …).

Rudimentäres Cockpit
Rudimentäres Cockpit

1969 entstand eine Kleinserie der K 125 BW zur Erprobung. Ein Jahr später begann die Serienproduktion und bis zum Produktionsende 1991 liefen 14.000 Stück vom Band. Nicht nur für die Bundeswehr und andere Behörden, auch zivile Nutzer konnten die „Military“ genannte Version kaufen. 

Meine persönliche Geschichte mit diesem Modell begann im Jahr 1978. Die Geesthachter „Fahrschule Schreiber“ kaufte sie 1975 und ich machte meine ersten Motorrad-Kilometer damit. Kurioserweise blieb die Maschine über 40 Jahre im Besitz der Fahrschule, hatte nur 12.000 Kilometer auf dem Tacho, wurde regelmäßig gewartet und beim TÜV vorgeführt. Dann konnte ich sie für meine Sammlung kaufen und machte damit im Jahr 2020 meinen einemillionsten Motorrad-Kilometer voll!

Die Jahrzehnte haben ihre Spuren hinterlassen, zumal das Motorrad nie restauriert wurde. Von der Sonne ausgeblichen und von vielen Kratzern nebst Falten durchzogen. Wäre dieses Motorrad ein Mensch, gäbe es sicher viel zu erzählen. 

Ich trete auf den Kickstarter, um die betagte Dame zum Reden zu bringen.

Doch vorher muss das altertümliche Ritual – bestehend aus Benzinhahn öffnen, Tupfer am Vergaser betätigen und Choke ziehen – vollführt werden. Nachdem die Zündung eingeschaltet wird, sucht der Unkundige vergebens nach irgendwelchen Kontroll-Leuchten. Es gibt nämlich keine! Ob die Batterie gut im Saft steht, bleibt ein Geheimnis. 

Hercules K 125 BW
Brigadegeneral Wolfgang Klennert übernimmt in Nürnberg die K 125 Military Nr. 2.900 für die Bundeswehr. Dahinter Versuchsmechaniker Ferdinand Schmalz, einer der „Väter“ des Modells.

Die Antwort auf diese Frage ist aber unbedeutend, da die Hercules eine Magnetzündung hat und der Motor auch ohne oder mit leerer Batterie angekickt werden kann. Und selbiges gelingt meist auf Anhieb mit sofortiger akustischer, optischer und nasaler Rückmeldung. Das typische Zweitakt-Geknatter wird von einer Rauchfahne begleitet, die gut zu sehen und zu riechen ist.

Am runden Zylinder erkennt man den 125er Motor
Am runden Zylinder erkennt man den 125er Motor

Der Sachs-Motor war von der im Geländesport erfolgreichen K 125 GS abgeleitet. Ein geänderter Zylinder nebst zwei Millimeter kleinerer Vergaser sorgten für etwas geringere Leistung (12,5 statt 15 PS), dafür aber für einen im unteren Bereich höheren Drehmomentverlauf.

Was den Umgang mit den Bedienungselementen betrifft: Viele gibt es nicht. Und was vorhanden ist, erweist sich von schlichter Güte. Dazu gesellt sich der Spaß am Minimalismus. 

Den hatten viele Motorradfahrer jahrzehntelang allerdings nicht mit der Hercules. Ich sitze auf dem am häufigsten unfreiwillig gefahrenen Motorrad Deutschlands, das viel besser ist als sein Ruf. 

Kupplung ziehen, den ersten von fünf Gängen einlegen und ab geht die Post. Explizit Schneckenpost! 

Von 125 Kubik und 12 Pferdestärken, die sich abmühen, um zügig vorwärts zu kommen, darf man keine Wunder erwarten. 

Hercules K 125 BW
Auch im moderneren Flecktarn wurde noch 125er Hercules gefahren.

Solange man in der Ebene unterwegs ist, taugt ab dem Ortsausgangsschild der fünfte Gang bis hin zur bemerkenswerten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h. Über die aktuell gefahrene Geschwindigkeit informiert der kleine Tacho, der mittig in der Lampe sitzt. Als Drehzahlmesser dienen die Ohren, die bei der maximalen Drehzahl von 7.000 Umdrehungen pro Minute nicht allzu empfindlich sein sollten. Gequält wurde die Hercules in solchen Regionen nur von den Rekruten. Und manchmal von Fahrschülern. Ich war wohl auch nicht zimperlich – damals, 1978!

Die Gelassenheit der Hercules entschleunigt. Das stabile Fahrwerk mit ordentlichen Federwegen überzeugt auf der Straße und dank der Stollenreifen auch im Gelände, selbst im Schnee. 

Nicht ganz so gelassen geht die Fahrt im Dunkeln vonstatten. Die 6-Volt-Funzel leuchtet die Fahrbahn nur schemenhaft aus und das kleine Rücklicht ist kaum zu sehen. Das gleiche gilt auch für die sogenannten Ochsenaugen-Blinker, die sich in den Lenkerenden befinden. Gut für den Verteidigungsfall, schlecht für das Überleben im heutigen Straßenverkehr!

Zur Verzögerung dienen Relikte der vorhydraulischen Epoche. Die beiden Trommelbremsen lassen aber keine Wünsche nach modernem Material aufkommen. Sie verzögern weich und gut dosierbar. 

So selten dieses Motorrad inzwischen auf der Straße anzutreffen ist, so tief sind doch die Reifenspuren, die sie in der Geschichte hinterlassen hat. Ganz besonders in meiner persönlichen …

Hercules K 125 BW
Sicher haben viele unserer Kradblatt-Leser vorwiegend olivgrüne Erfahrungen mit der Hercules K 125 BW. Kommentiert und ergänzt den Artikel gerne mit euren Anekdoten.