Vorwort der Kradblatt-Ausgabe 5/25 von Marcus Lacroix
Echte Motorradfahrer …

Das Editorial der April-Ausgabe zum Thema Grüßen bzw. Nicht-Grüßen hat speziell auf unserem Facebook-Kanal eine große Resonanz hervorgebracht – Motorradfahren ist halt ein sehr emotionales Thema. Ein Punkt, bei dem es auch immer wieder zu hitzigen Diskussionen kommt, ist das Thema Bekleidung bzw. Schutzbekleidung. Vorgeschrieben ist hierzulande bekanntlich nur ein anerkannter Schutzhelm – auch wenn die Pudelmütze beim Fall vom Kirchturm weniger Schaden davon trägt, als ein teurer Motorradhelm (nur Spaaaaß …).
Beim Grußthema kamen dann aber halt auch so Sprüche wie: „Leute in kurzen Hosen und T-Shirt grüße ich pauschal nicht, das sind keine echten Motorradfahrer!“. Das muss man erst mal sacken lassen.Ernsthaft?! Kann man an der Bekleidung festmachen, ob jemand ein „echter“ Motorradfahrer bzw. Biker ist? Und wer das falsche Outfit trägt, gehört nicht dazu? So wie man vor einiger Zeit noch Klapphelmfans und Warnwestenträgern das „Biker“-sein abgesprochen hat? Definitiv eine gewagte These. Nur eine Einzelmeinung? Das nun leider auch wieder nicht …
Mir persönlich ist es völlig egal, in welcher Ausstattung ihr Motorrad fahrt. Auf mein Grußverhalten hat das keinen Einfluss. Wir sind alle mehr oder weniger erwachsene Menschen, kennen die Risiken und lernen – oder auch nicht – aus unseren und den Fehlern anderer. Und wenn mir, wie kürzlich an einem Bikertreff, ein Großroller-Fahrer erzählt, dass er ja lieber Roller fährt, weil er sich da nicht so umständlich anplünnen muss, dann lasse ich ihm seine Meinung. Mit einem Chopperfahrer, der bevorzugt mit Jethelm, Hoodie und Kevlarjeans unterwegs ist, braucht man ja auch nicht darüber zu diskutieren, dass sein statistisches Verletzungsrisiko in dem Outfit höher ist. Das weiß er selbst.
Jeder von uns hat seine ganz persönliche Risikobewertung, was das Motorradfahren angeht. Und bei vielen von uns wechselt das subjektive Risikoempfinden sicher auch mit dem jeweiligen Motorrad, dem Wetter und sogar der Tagesform.
Mit dem Editorial möchte ich euch eigentlich nur dazu animieren, auch mal über das Thema passive Sicherheit (also eure Ausstattung) nachzudenken. Die aktive Sicherheit – d.h. Fahrassistenzsysteme und Fahrsicherheitstrainings haben wir ja schon öfter thematisiert.
Überprüft gerade jetzt zum Saisonstart doch mal euer Outfit. Erfüllt es noch eure Ansprüche? Ist z.B. der Helm in die Jahre gekommen? Thermoplast-Kunststoffe altern und die Passform hält auch nicht ewig. Und schaut euch auch mal die Protektoren in eurer Bekleidung an. Bei meiner alten, gerne getragenen, Lederhose bröselten die z.B. unbemerkt in den Protektorentaschen vor sich hin. Universellen Ersatz gab’s im Fachhandel und neuere Protektoren erfüllen oft auch höhere Standards. Der Austausch kostet weit weniger, als neue Klamotten.
Ich fahre inzwischen auch meistens mit einer Airbag-Weste – nicht, weil ich Angst vor Unfällen hätte, die können immer passieren. Aber manche meiner Stürze wären damit vermutlich glimpflicher ausgegangen. Es gibt verschiedene interessante Modelle in unterschiedlichen Preisklassen – ich habe mir gerade eine Neue gegönnt. Ein guter Fachhändler berät euch da auch ohne €-Zeichen im Auge. Go for it!
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