aus Kradblatt 5/20 von  Ulli Drübbisch

23 Jahre später …
Der 125er Daelim „GrannyschoBBer“ lebt

Daelim VS 125 Advantage

Es ist ja nichts endgültig vergessen und darum schiebe ich einfach mal meinen Erfahrungsbericht als „preseniles Schobberopfer“ dem Fahrbericht über die Daelim VC 125 Advance aus Ausgabe 9/96 von Klaus Herder, den ich im Archiv auf der Kradblatt-Website gefunden habe, hinterher …

Da stand sie nun im Hof und sah noch prächtig aus. Mein Nachbarsjunge hatte sie mir einfach hingestellt: Eine Daelim VS 125 Advantage aus dem Jahre 1997. Ein paar Blessuren hatte sie auch, Fahrschulen sind ein harter Job. Aber vier Jahre „Vergessen“ in der Garage haben ihr wohl das Leben gerettet. TÜV? Kein Problem!

Es war an sich Liebe auf den ersten Blick. Ich habe von SR 500, Ural und Triumph nun einiges ausprobiert und wollte an sich, aufgrund meines Alters, aufhören, bevor mich doch jemand aus dem Sattel holt. 

14.000 km „auf der Nadel“ bedeutet für meine Generation: gerade gut eingefahren! Der Vergaser war vom versauerten E5-Sprit zerfressen und 2 Blinker hingen auch etwas traurig runter. Für einen Schrauber mit 40 Jahren Schmiere auf den Pfoten kein Problem, außerdem gab es ja noch Ersatzteile, auch wenn es z. T. nur preiswerte Kopien waren. Nicht mehr beschaffbare Gummiteile wurden mit dem herrlichen „Superkleber“ wieder dauerhaft zusammengefügt und die beginnenden Korrosionen am Trieb- und Fahrwerk mit Zaponlack, Firnis und Lack abgedichtet. Die gelieferten Dealim-Ersatzspiegel (Bratpfannen … Bäh!) waren Mist, aber via Internet gab es ein paar, dem Original identische E7-zertifizierte, für’n „Appel und ’n Ei“. Der Rest war nur noch polieren und wachsen! 

Hähähä … denkste …! Ein tropfender Benzinhahn offenbarte dann auch einen alten Montagefehler (festgeballerte Federdichtung), der die Gummischeibe zur Benzinzufuhr buchstäblich „zerhobelt“ hat und die Filteranlage im Tank kam auch ausgesprochen „pulverisiert“ ans Tageslicht. Da musste eben ein Ersatz-Set her, das offenbarte, dass der Hersteller dieses Problem schon erahnte! Eine Lederscheibe gleicher Bemaßung hätte es wahrscheinlich auch gut gemacht …

Daelim VS 125 Advantage

Nachdem der Originalvergaser (Wiederbeschaffungswert neu 400 €!) lieber komplett überholt und eingestellt wurde, sprang sie auch gleich an und nahm mit einem leisen klaren Blubbern ihren Dienst wieder auf. 

Übrigens braucht man auf diesem Motor beim Kickstarten nicht „herumtrampeln“ sondern ein sanftes Durchtreten lässt den Motor auch nach 2 Jahrzehnten direkt im Leerlauf seinen Dienst beim zweiten Schupps aufnehmen. Ich nenne sowas „Kultur“. Der E-Starter war wohl eher was für „Rollator-Bedürftige“…

Nach Recherchen gehört sie wohl zur letzten Generation der „Steelframe-Generation“, die noch ohne Kat und mit Vergaser ausgestattet wurden und für den Hobbyschrauber darum ein Eldorado sind. 

Die blöde schwergängige O-Ringkette wurde erst mal gegen eine Klassische ausgetauscht, welches das Freilaufverhalten des Hinterrades mit einem Verhältnis von
1 auf 5 – 6 Umdrehungen/Schupps quittierte! Nie wieder O-Ring! Leider erwies sich, die Bremsscheibe als Problem, weil sie nicht mehr zu bekommen war und der Fahrschulbetrieb doch eine beginnende Abnutzung vorwies. Die Verwendung klassischer „organic“ Bremsbeläge ist zwar nicht so fortschrittlich, aber schonen die Scheibe und sind eben für Liebhaberstücke ein öfter austauschbarer „Pfennig- und Norm­artikel“. Ich hab sie auch (ungewollt!) bei Regen geprüft und sie haben prima funktioniert. Die 120 kg-Betriebsgewicht erscheinen schwer, aber der Doppelschleifen-Unterzugrahmen besticht eben durch seine Robustheit und drückt auch den Schwerpunkt runter. 

Also rauf „in“ den üppig dimensionierten Sattel und losgeblubbert (Ach ja, die „Sissybar“ hab ich in einen Karton gepackt … ekelig!).

Etwas schmalbrüstig ist die kleine Koreanerin schon, aber es sind eben 125 ccm, die ihren Dienst verrichten müssen und nach Hochrechnungen sollten  4  –  7000 U/min ausreichen, um ein angenehmes Fahrgefühl zu vermitteln – wir sind ja keine 20 mehr und es gilt immer noch das Gesetz, dass ein Kolben für ein langes Leben 12  –  15 m/sek Laufgeschwindigkeit haben sollte, damit ein Motor auch alt wird. 

Inzwischen sind 2000 km mehr auf dem Tacho und die Erkenntnis, dass solch ein „Moped“ noch klassisch warm gefahren (10  –  15 km) und mit 11 PS eher „gemächlich“ auf die Piste gebracht werden muss. Danach sind dann auch mit gutem Gewissen 70 km/h Reisegeschwindigkeit bei 6,5  –  7000 Touren drin und es ist genug in petto, um auch mal aufdrehen zu können. Die angegebenen 9000 U/min sind eher  „Überholreserve“. Wer „schobbert“, sollte auch Zeit mitbringen, denn der Weg ist das Ziel! Auch die heute gefürchtete „blaue Stunde“ scheint für Rehe und Hasen kein Problem zu sein, wenn sie dir nur mit schwarzen Augen gelangweilt zusehen, wenn man dahergebrummelt kommt. Selber erlebt!

Fazit: Jeder, der mit betagtem Altersnachweis doch nochmal Träume leben lassen will, sollte sich so’n Relikt aus den 90ern besorgen und noch einmal klassisches „Motorradln“ nacherleben. Und ein Tipp für unsere Oltimer-Schrauberjugend von morgen: Kinderchen, da warten noch ein paar schöne Modelle auf euren Einsatz! In 8 Jahren fahre ich dann auch zum Veteranentreffen!