Schotten Classik GP 2009
Historischer Motorradrennsport in der Innenstadt von Schotten lockt jedes Mal tausende Zuschauer an die Strecke.

aus bma 10/09

Text und Fotos:  Sabine Welte

Historischer Motorradrennsport in der Innenstadt von Schotten
21. Internationaler VFV/ADAC „Schottenring Classic Grand-Prix”

Schotten Classik GP 2009Statt monotonem Freilichtmuseum mit nur Ansehen, aber nicht Anfassen, geschweige denn Anhören, da geht’s rund um Schotten herum seit 1925 mit lebendigem Motorsport direkt ins GemĂŒt und unter die Haut. Vom Bergrennen und Landstraßenkurs verlegten ein paar Wagemutige ab 1989 die Rennstrecke mitten hinein in den Ort Schotten, romantisch im hessischen Vogelsberg gelegen. Rund um den 1.400 Meter kurzen InnenstĂ€dtchen-Kurs belagerten sie auch in diesem Jahr wieder sĂ€mtliche Dorfwiesen mit ihren unschĂ€tzbaren Pretiosen. Da sitzen sie neben ihren Wohnwagen oder mobilen Eigenheimen, in ihrem temporĂ€ren Vorgarten mindestens eins,  zumeist aber gleich mehrere der handverlesenen KraftrĂ€der aufgepflanzt, die jedem Museum zur Ehre gereichen wĂŒrden. Rege GesprĂ€che fĂŒhren sie, die gemeinsam alt gewordenen aber jung gebliebenen Restaurateure und zumeist auch noch immer aktiven Rennfahrer. Jeder fĂŒr sich ein KĂŒnstler, diese wertvollen historischen Maschinen am Leben zu halten, geschweige sie dann auch noch dem Volk im Renn-Modus und voller Hatz vorzufĂŒhren. Ja, draußen auf den Wies’n, da erinnern schmalhansige KraftrĂ€der mit ihren fein ziselierten Bauteilen und Mechaniken an Dampfmaschinen im Fahrrad-Format. Dahinter, da lehnt dann einer lĂ€ssig im Campingstuhl, mit grauem Haar und wachen Blick. „Das ist eine der ersten NSU-MotorrĂ€der ĂŒberhaupt, von 1904, eine von vielleicht noch sechs existierenden KraftrĂ€dern dieser Gattung. Und NSU baute erst ab 1903 offiziell die ersten MotorrĂ€der.“ Akribisch gepflegt, restauriert und die Geschichte nebst Krad am Leben erhalten: „Na klar, Ersatzteile gibt es dafĂŒr nimmer mehr. Da musst du nach alten PlĂ€nen fahnden und dann die Teile so dicht wie möglich am Original neu anfertigen. Aber ich besitze die Maschine auch bereits ĂŒber 16 Jahre. Die habe ich im desolaten Zustand erstanden und nach und nach mit viel Geduld gemĂ€ĂŸ ihrem ursprĂŒnglichen Zustand wieder aufgebaut, passend zur Kategorie der Antik-Klasse hier in Schotten.“

Schotten Classik GP 2009Dergestalt prĂ€sentieren sich auch zumeist all die anderen SchĂ€tze von Ariel, Norton, Triumph, Benelli, Egli, Vincent, Indian, Ducati, Moto Guzzi und wie sie alle da heißen, die in den Jahren von 1900 bis 1970 gefertigt und hier voll stolz und in ihrer ganzen Pracht vorgefĂŒhrt werden. Und wĂ€hrend auf dem Dorfanger im nachmittĂ€glichen Sonnenschein gefachsimpelt und geholfen und beraten wird, da brennt nebenan die Straße mitsamt der Luft darĂŒber, da brĂŒllt und kreischt es, hallt es zwischen den HĂ€userwĂ€nden her, geht’s wie entfesselt dicht am Gartenzaun entlang und ĂŒber den Post-Vorplatz weiter, rĂŒber ĂŒberm Dorfbach und nach der scharfen Rechts steil in wilder Hatz den Berg herauf. Den ĂŒber 20.000 Zuschauern an diesem heißen Wochenende mitten im August fast ĂŒber die FĂŒĂŸe, nur getrennt von ein paar in weißen Folien verpackten Strohballen. Am wohl spektakulĂ€rsten passieren die Gespannfahrer die Kuppe zum Rechtsschwenk auf die Gegengerade. An Artistik erinnern die unterschiedlichsten Körperhaltungen der „Schmiermaxe“ genannten Beifahrer, einer mit dem ganzen Bein ĂŒber den rechten KotflĂŒgel geworfen, ein anderer schrabbelt mit dem Allerwertesten im dĂŒnnen Naturleder ĂŒber den maltrĂ€tierten Asphalt, wieder einer kratzt gar mit dem Helm in der völligen Waagerechten befindlich um die Kurve rum. Da schreit ’s ja fast nach Knieschonern fĂŒr den Kopfschmuck.

Schotten Classik GP 2009Apropos Helme: Die Firma Arai als ewiger Sponsor des berĂŒhmten und smarten Dieter Braun, dem deutschen Weltmeister aus den Urzeiten der heutigen Moto-GP, bespielt nach wie vor die historische Rennszenerie mit ihren zeitlosen Modellen, ebenso wie die Phalanx der legendĂ€ren Zweitakt-Yamaha-TZ-Equipe, die ihre Zelte mitsamt den  bestens prĂ€parierten Rennmaschinen nahe am Clubhaus des „MSC Rund um Schotten“ im Infield des Straßenkurses aufgebaut haben.

Neben Dieter Braun als prominenter Rennfahrer ließen es sich dieses Mal auch der EnglĂ€nder Rod Gould und der Amerikaner Steve Baker nicht nehmen, in ihren traditionellen SturzgewĂ€ndern den zarten TZ250-350 ccm-Maschinen im Yamaha Classic-Sonderlauf die Kreisch-GesĂ€nge in wahren Zweitakt-Orgien zu entlocken. Bei diesem 21. Internationalen Schottenring Classic Grand Prix prĂ€sentierten  408 Starter ihre Fahrzeuge von 50 bis 2.000 ccm in neun WertungslĂ€ufen zur Deutschen Historischen Motorradmeisterschaft (DHM) und bei sieben spannenden SonderlĂ€ufen. Dem Motto „Speed, Sound und Stars“ wurden die wackeren Betreiber der Solomaschinen und Gespanne erneut gerecht. Nirgendwo sonst in Deutschland kommen wohl so viele historische Maschinen und dann noch auf einen Innenstadtkurs zusammen wie hier in Schotten. Die Historie bebt, nĂ€chstes Jahr wieder. Infos: www.schottenring.de.

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