aus bma 5/11 – Oldtimer
von Konstantin Winkler
Das Hobby Motorrad ist beliebter denn je. Es gibt immer mehr Menschen, die der Faszination, die von den Schmuckstücken auf zwei Rädern ausgeht, erliegen. Dabei sind es nicht nur die modernen Maschinen, die die Herzen höher schlagen lassen. Besonders Oldtimer sorgen immer wieder für Aufsehen, erzählen sie doch etwas aus der vermeintlich guten, alten Zeit. Und davon hat diese Zündapp KK 200, Baujahr 1934, jede Menge zu erzählen.
Zehn Jahre lang stand sie unberührt in einer leider bisweilen etwas feuchten Garage, wie die gut abgehangene TÜV-Plakette bewies. Und war dabei sogar noch angemeldet! Mein alter Motorradkumpel Ulf hat sich das Motorrad im Jahre 1962 als 18jähriger für 60 Deutsche Mark gekauft und ist über drei Jahrzehnte pannenfrei kreuz und quer durch Europa gefahren. Sommer wie Winter.
Zündapp – das steht für „Zünder- und Apparatebau GmbH”. 1921 entstanden die ersten Motorräder mit Zweitaktmotor. Anfang der 30er Jahre sorgte ein neuer Werkstoff für Aufsehen in der Motorradwelt: Pressstahl. Die neuartigen Rahmen aus U-Profil ließen sich billiger und auch schneller herstellen. Und sie neigten nicht so leicht zum Brechen wie die alten, mit Muffen verlöteten Rohrrahmen. BMW, Wanderer und DKW setzten auf die neuen Rahmen – und natürlich auch Zündapp. 1933 wurden in Berlin auf der Motorradausstellung die neuen Modelle vorgestellt: 200er und 350er Einzylinder-Zweitakter, 500er OHV- sowie 600er SV-Boxer und das Topmodell mit seitengesteuertem 4-Zylinder-Boxermotor.
Die Zündapp KK 200 hat einen „Einzylinder-Zweitakt-Dreistrom-Blockmotor”. Dieser Name kommt von drei Überströmkanälen, die für verbesserte Frischgaszuführung sorgen. Das in einem einteiligen Gehäuse untergebrachte und dem Motor verblockte Getriebe ähnelt dem eines Autos. Die vier Gänge werden in einer H-Kulisse geschaltet. So kann man z.B. vom vierten direkt in den zweiten Gang schalten. Einen in Motorradgetrieben üblichen Ratschenmechanismus besaß die Zündapp nicht. Hinter dieser faszinierenden, museumsreifen Technik befinden sich auch für die damalige Zeit äußerst fortschrittliche Details. So hat die KK 200 einen wartungsfreien Kardanantrieb und ein sogenanntes Kettengetriebe. Vier Duplexketten – eine für jeden Gang – „verschlucken” geradezu die Ungleichförmigkeit des rauhen Zweitaktmotors. Es fehlt also bei dieser Getriebebauart der starre Aufeinanderprall von Zahn auf Zahn. Kardan und Getriebe (auch die Ketten) – alles läuft verschleißarm im Ölbad.
Wer geschickt ist, entlockt dem kleinen Motor auf den ersten Kick ein sonores Blubbern, das nicht mal entfernt an den kreischenden Sägesound modernerer Zweitakter erinnert. Besonders bei noch kaltem Motor weigert sich der sogenannte „Auto-Kugelgelenk-Schalthebel” beharrlich, den vorgesehenen Platz einzunehmen. Meist genügt jedoch ein kurzer Gasstoß, und schon flutscht der Hebel in seine Position. So einfach ist das. Wie das ganze Motorrad.
Sind die Tücken der Schaltung erst einmal überwunden, lässt sich dieser Oldtimer erstaunlich unkompliziert fahren. Im vierten und letzten Gang kann man gemächlich dahinzuckeln. Man genießt das satte Grün der Wiesen, das farbenfrohe Gelb der Rapsfelder und die winkenden Menschen am Straßenrand. Ein Blick in den Rückspiegel verrät: Keine anderen Verkehrsteilnehmer, dafür aber ein Kondensstreifen verbrannten Zweitaktöls. Drei Liter Gemisch (1:25) werden alle 100 Kilometer abgefackelt. Damit wird erst nach rund 350 Kilometern ein Boxenstopp fällig. 12 Liter fasst der formschöne, an den Seiten verchromte Tank. Natürlich erzeugt ein Vorkriegsmotorrad mehr Abgas als eine moderne Maschine. Es ist schon erstaunlich, wie viele Bestandteile beim Verbrennen von Benzin und Zweitaktöl übrigbleiben, nachdem das zündfähige Gemisch nur milde auf 1:6,4 verdichtet und von einer klassischen Zündkerze mit dem Wärmewert 175 gezündet wurde.
Einen ganz natürlichen Rhythmus finden Fahrer und Maschine fast von selbst. Bei lockeren 2.000 Umdrehungen bullert es bis in die Lenkerenden. Vibrationen wäre vielleicht das falsche Wort, eher Herzschläge, die sich auf den Fahrer übertragen. 7 PS leistet der kleine Langhuber (60 mm Bohrung und 70 mm Hub). Die Höchstdrehzahl beträgt 4.400 Upm. Die Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h ist dann (theoretisch) erreicht.
Auch die Konstruktion des Vorderbaus verdient Bewunderung. Die ebenfalls aus Stahlblech gepresste Trapezgabel kann von Hand je nach Straßenzustand eingestellt werden. Die Lenkung ist direkt und trotz einiger Toleranzen gelingt meist eine hohe Treffsicherheit beim Richtungszielen. Der Federungskomfort ist bescheiden, so fährt es sich gemütlicher gleich viel besser. Großväterliche 60 km/h sind völlig ausreichend. Die dicke Feder unter dem Fahrersattel hat eine Gemeinsamkeit mit dem Einzylinder: Sie haben beide sieben Zentimeter Hub. Ausgeprägte Komfortansprüche bleiben da natürlich auf der Strecke. Im übrigen gibt es gegen Fahrwerksunruhen – bedingt durch die ungedämpfte Gabel und den starren Rahmen – ein einfaches wie verlässliches Mittel: Gas wegnehmen.
Ein Griff an den Handbremshebel genügt, um das Thema Abenteuer neu zu definieren. Vorausschauende Fahrweise heißt das Motto, mit dem man sich Kurven und Ampeln nähern sollte. Sinnvoll ist es, sich den Bremsweg vor Augen zu halten. Am besten den von Lokomotiven. Obwohl vorn eine Halbnabenbremse ihren Dienst versieht, mag man oft an der Existenz selbiger zweifeln. Ihr Quietschen ist lauter als das, was sonst noch passiert. Um zu etwas Ähnlichem wie einem Verzögerungswert zu gelangen, muss man schon ordentlich am Hebel ziehen. Die hintere Halbnabenbremse ist auch nur geringfügig besser. Probleme mit der Zündapp gab und gibt es selten, wenn die Wartungsvorschriften eingehalten werden. Es kann höchstens mal vorkommen, dass der Vergaser seinen Saft nicht mehr halten kann und überläuft. Dann ergießt sich der Sprit erst über das Motorgehäuse und dann über den linken Krümmer, was für ein eindrucksvolles Freudenfeuer ausreicht.
Wenn man nach einer Tour mit der KK 200 durchgeschüttelt vom Sattel steigt, sich ölige Finger und Stiefel geholt hat, ist man stolz und glücklich über jeden gefahrenen Kilometer. Motorradfahren ist mal wieder zu einem Erlebnis geworden, auch mit nur 200 ccm und 7 PS.
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Kommentare
4 Kommentare zu “Zündapp KK 200 Bj. 1933”
Das abgebildete Modell ist eine KK 200 aber nicht von 1934, sondern dieses Modell wurden erste ab 1935 gebaut.
Zuvor die K200 mit schwererem Rahmen mit Strebe am Hinterrad und rundem Endstück. Bei der KK ist das spitzig. Die K200 wurde ab 1933 gebaut
Das abgebildete Modell ist eine KK 200 aber nicht von 1934, sondern wurden erste ab 1935 gebaut.
Zuvor die K200 mit schwererem Rahmen mit Strabe am Hinterrad und Rundem Endstück. Bei der KK ist das spitzig ab 1933 gebaut.
Hallo, wäre das Motorrad zu verkaufen?
Hallo. Ich habe mir auch einer gekauft zum restauriren, aber noch nicht geholt. Interssantes lehsen und schön mit Ihren begeisterung.