aus Kradblatt 9/20 von Marina Becker

  Restaurierung einer Yamaha TT 350

Yamaha TT 350 in Action
Jochen und seine Yamaha TT 350 in Action

Jochen Ehlers von Endurofun-Tours aus Dithmarschen, der seit 35 Jahren begeisterter Yamaha TT350-Fahrer ist, hat sich die Zeit genommen mir viele Informationen über dieses Motorrad und die Restaurierung einer seiner TTs zu geben.

Yamaha hat in den 80er Jahren mit der TT 350 ein völlig eigenständiges Motorrad entwickelt, das sich in den meisten Teilen von der XT350 komplett unterscheidet und sich als ideale und zuverlässige Sportenduro bewährt hat. Mitte der 80er Jahre wurde die TT auch für den Sport eingesetzt und lief bei deutschen und Europameisterschaften. Manfred Straubel aus Hameln ist mit der TT350 mehrfacher europäischer Meister geworden.

Bedauernswerte Basis - unrestaurierte Yamaha TT 350
Bedauernswerte Basis

Das Fahrwerk: Der Rahmen ist ein Spezialrahmen aus dünnwandigem Chrom-Molybdän-Stahlrohr, der die Korrosionsbeständigkeit gegenüber herkömmlichen Stahlrahmen verbessert und das Gewicht auf etwa 10 kg verringert. 

Die Original-Gabel hat einen deutlich längeren Federweg als die der XT350. Genauso ist auch das hintere Federbein eigens für dieses Motorrad entwickelt worden. Ein Ausgleichsbehälter mit einer Öl-Stickstoff-Füllung sorgt für Kühlung. 

Die hier eingesetzte Gabel, ist von Bert von Zitzewitz, gemeinsam mit der Firma MDS, entwickelt worden. In den 1980er Jahren war die Entwicklung dieser reinen Luftgabel, die über verschiedene Dichtungssysteme abdichtet, bahnbrechend. Sie ist 2–3 kg leichter als eine klassische Federgabel. Erst in den letzten Jahren setzten die japanischen Hersteller wieder ähnliche Gabeln in ihre neuen Motorräder ein.

Außerdem hat die TT350 eine Aluminiumschwinge, die länger als die Stahlschwinge der XT350 ist, sowie hochwertige Motocross-Felgen. Die Doppelkolben-Bremsanlage der TT entspricht der der Yamaha YZ250. Die TT hat eine einstellbare Trommelbremse mit einer hohen Bremsleistung im Hinterrad. Außerdem sind hier Stahlflexbremsleitungen verbaut.

Das gesamte Motorrad ist deutlich leichter als die XT350, ist aber auch nur für eine Person zugelassen, anders als die XT, die wegen ihres Rahmens eine 2-Personen-Zulassung hat. 

Neue Zylinder-Laufbuchse für die Yamaha TT 350
Neue Zylinder-Laufbuchse

Der Motor: Der Motor ist dem der XT350 ähnlich. Das Getriebe hat eine andere Spreizung, es ist in den unteren Gängen kürzer übersetzt. Die Kurbelwelle ist gleich, ebenso die Kupplung, die Getriebewellen in der Fassung sind ähnlich. Die Ölpumpe, die auch gleich ist, wird bei der TT von einem Metallrad angetrieben und nicht von einem Kunststoffrad wie bei der XT.

Der Motor hat keinerlei Schwachstellen. Es ist aber sehr wichtig den Ölwechsel einzuhalten, weil das Ölvolumen nur 1,3 Liter beträgt. Auch sollte man das Schauglas gut im Auge behalten, da zwischen Minimum und Maximum gerade mal 100–200 ml liegen. 

Honen des Zylinders
Honen des Zylinders

Im Zylinderkopf sind die Ventile 1 mm größer und der Gasdurchsatz ist entsprechend höher. Der Motor kann unter extremen Bedingungen im sportlichen Einsatz sehr warm werden, da durch Lehm, Sand oder Schlamm die Kühlrippen verkleben. Dann kann der luftgekühlte Motor schon mal auf 130–140 °C kommen. 

In dieser TT350 wurde der Ölkühler der XT600 Ténéré nachgerüstet mit einem speziellen Deckel, der relativ einfach auf das Ölfiltergehäuse aufgeschraubt werden kann. Dadurch hat sich die Ölmenge um ca. 100 bis 150 ml erhöht, wodurch der Motor bei kälteren Temperaturen etwas länger braucht um auf die Betriebstemperatur von ca. 100–110 °C zu kommen. Ein kleines Stück Pappe, das man morgens vor den Ölfilter steckt, schafft Abhilfe.

Der Graugusszylinder kann auf Übermaß geschliffen werden und mit einem Wiseco- oder Wössner-Kolben versehen werden. Die Pleuel werden allerdings knapp. Wenn das obere Pleuel ausgelaufen ist, kann man es mit einer Bronzebuchse maßhaltig wieder einbringen, damit der originale Kolbenbolzen passt.

In den 1980er Jahren sind die meisten TT350-Motoren im sportlichen Bereich stark abgenutzt worden, so dass man heute keinen mehr bekommt. Man kann sich aber an Jochen Ehlers (www.endurofuntours.com) wenden: Die Firma Saggau-Motorrad-Technik in Berkenthin hat für ihn gerade einen kompletten TT350-Motor mit neuen Kolben und neuem Innenleben aufgebaut. 

Verbesserung: ein Ölkühler der Ténéré
Verbesserung: ein Ölkühler der Ténéré

Die Schwachstellen: Eine der wenigen Schwachstellen findet man bisweilen am Rahmen: Im Bereich der Auspufftopfhalterung ist es schon vermehrt zu Rissen gekommen.

Außerdem wurde der Kabelbaum, der im Original nicht sehr komplex vorhanden war, etwas lieblos nachgerüstet, was manchmal zu Problemen führt. 

Was sonst noch erwähnenswert ist: Im Gegensatz zur Yamaha XT350, die einen Trockenluftfilter hat, wurde in der TT350 ein komplett anderes Luftfilterelement mit einem Schaumgummi-Nassfilter verbaut. 

Viele TT350-Fahrer haben die originale 6V-Anlage gegen die 12V-Lichtmaschine der XT getauscht, damit man neben dem Abblendlicht auch noch ohne Beeinträchtigung blinken oder hupen konnte.

Im Unterschied zu dem Stahl-Blech-Tank der XT hat die TT einen Kunststofftank, der leider im Laufe der Zeit verbleicht.

Es sind fast alle Kunststoffteile für sehr viel Geld noch bei Yamaha zu bekommen, außer der originalen Lampenmaske. In Deutschland wurde die TT mit der größeren und durch den Glasreflektor auch schwereren Lampenmaske der XT350 verkauft, mit der auch der deutsche TÜV einverstanden war. Mit viel Glück bekommt man auch noch alle Motorenteile. 

Aktuell steigt ihre Beliebtheit wieder, weil sie jetzt älter als 30 Jahre ist und somit im Klassik-Sportbereich eingesetzt werden kann. Unter 2000 bis 2500 € bekommt man heute keine gut erhaltene TT350 mehr.

Fazit: Alles in allem handelt es sich um relativ hochwertige japanische Großserienqualität ohne größere Schwachstellen. Es fehlen ihr 3–5 PS zu den anderen hochwertigen Sportenduros von beispielsweise Husaberg oder Husqvarna, die sie aber mit ihrer Zuverlässigkeit wieder ausgleicht. Wegen des damals hohen Preises wurden nicht viele Yamaha TT350 verkauft. 

Technische Daten:

  • Hubraum: 346 ccm
  • Motorbauart: 1-Zylinder 4-Takt-DOHC-Motor
  • Ventile: 4, YDIS
  • Leistung: 33–35 PS
  • Kühlung: Luft  
  • Getriebe: 6-Gang
  • Kraftübertragung: Kette
  • Höchstgeschwindigkeit: 130 km/h
  • Gabel: 280 mm Federweg
  • Federbein: 280–300 mm, in der Zugstufe veränderbar
  • Bremse: Scheibenbremse vorn, 1 Scheibe, Trommelbremse hinten
  • Gewicht: 112 kg trocken
  • Sitzhöhe: 920 mm
  • Tankinhalt: 9,8 l, 2 l Reserve
  • Neupreis: 8500 DM
Restaurierte Yamaha TT 350 - immer noch purer Fahrspaß
Restaurierte Yamaha TT 350 – immer noch purer Fahrspaß