Yamaha hat mit der MT-10 eine große nackte Keule herausgeholt. Nicht nur optisch ein echter Krawallo. In Kombination mit dem Sound des Crossplane-Motors ist einem die Aufmerksamkeit immer gewiss …
aus Kradblatt 01/17
Text + Fotos Michael Praschak, Fahrfotos Clemens Gleich
www.asphalt-süchtig.de
Yamaha MT-10 – Greetings Earthlings – we come in peace
Yamahas MT-Reihe hat sich seit der Einführung der MT-09 im Jahr 2013 zum Verkaufsschlager entwickelt und erfreut sich immer noch wachsender Beliebtheit. Aufgrund der fehlenden sportlichen Ausrichtung konnte ich mich bisher aber noch nicht wirklich für die Modellpalette begeistern. Mit der MT-10 schoben die Japaner 2016 nun aber ein Motorrad an den Start, welches auch meine Aufmerksamkeit erregte.
Der Motor stammt aus der aktuellen R1 und auch Fahrwerk und Rahmen sind am Flaggschiff angelehnt, sodass die Neue auf dem Papier mit Abstand der stärkste und sportlichste Spross der MT-Familie ist. Die Erwartungen waren also groß. Doch wie gut ist der neue Kraftprotz mit den drei Stimmgabeln wirklich? Hat er das Potenzial, in der Liga der Power-Nakeds ganz vorne mitzufahren? Um das herauszufinden, ging es mit dem Neuankömmling ins Schwäbische, genauer gesagt ins Kurven-Paradies der Schwäbischen Alb.
Optischer Krawallbruder
Mutig ist man bei Yamaha, das muss man den Japanern lassen. Während sich im High-End-Bereich beim größten Mitbewerber Honda seit Jahren kaum etwas tut, sieht die Welt bei Yamaha in Iwata ganz anders aus. Denn während Hondas Superbike-Flaggschiff CBR 1000, sowohl optisch als auch technisch noch auf der SC59 aus dem Jahr 2008 basiert, hat man bei Yamaha seither gleich zwei komplette Neuentwicklungen auf den Markt geworfen. Nun machte Yamaha 2016 auch bei den Naked-Bikes einen großen Schritt, präsentierte mit der MT-10 das nächste Modell im oberen Hubraum-Segment und wagt sich hier sogar beim Design auf neues Terrain.
Auch wenn sich am Äußeren der MT-10 die Geister scheiden, optisch wird die neue Yamaha auf jeden Fall dem angepeilten Image gerecht und strahlt das aus, was die MT-10 gern sein möchte: ein böser Krawallbruder.
Das futuristisch-kantige, leicht düstere Design ist auf jeden Fall ein Hingucker und suggeriert mit der grimmig schauender Maske jede Menge Angriffslust.
Diese wird bei einem Blick ins Datenblatt noch verstärkt. In der MT-10 werkelt der Crossplane Motor der aktuell R1-Generation, welcher aber für die Landstraßenballerei auf mehr Mid-Range-Power getrimmt wurde. Das Triebwerk leistet laut Yamaha nun „nur“ noch 160 PS, schickt sein maximales Drehmoment von 111 Nm dafür aber schon bei knapp über 9000 Touren in Richtung Hinterrad. Bei einem fahrfertigen Gesamtgewicht von 210 Kilogramm sollte das Triebwerk also keine Probleme haben, Ross und Reiter im Attackemodus von Kurve zu Kurve zu katapultieren.
Auf den zweiten Blick
Aber genug geschaut, es wird Zeit, auch die anderen Sinne zu stimulieren. Also Schlüssel drehen und den Anlasser gedrückt.
Wie beim Crossplane-Motorkonzept zu erwarten, startet die Yam auch akustisch eine Charmeoffensive auf den Fahrer, der Sound fällt jedoch nicht ganz so wohlig aus, wie erwartet. Da es sich bei der MT um eine Neuerscheinung handelt, die bereits ab 2016 Euro 4-konform ausgeliefert wird (Anm.d.Red.: Neue Emissionsbestimmung ab 1. Januar 2017), fiel leider ein Teil des Charakters der EU-Regelwut zum Opfer.
Nicht, dass wir uns hier falsch verstehen: ich bin überhaupt kein Freund von ausgeräumten Endtöpfen und muss auch keine Passanten mehr beeindrucken, aber hier passiert vor allem im unteren Drehlzahlbereich klangseitig einfach zu wenig, was Punkte in der Emo-Wertung kostet.
Leider büßt Yamahas Schattenkrieger auch bei der ersten Sitzprobe weitere Zähler ein. Der Fahrer wird komfortabel platziert und die Auslegung ist bei weitem nicht so fahraktiv, wie man es bei einem Motorrad erwarten würde, dessen Gen-Spender keine geringere ist, als Yamahas Superbike-Speerspitze R1. Der Lenker ist relativ hoch und lässt dadurch Gefühl fürs Vorderrad vermissen und auch der Kniewinkel sowie die recht breite Sitzbank sind eher als touristisch-entspannt denn fahraktiv zu bezeichnen. Doch nicht nur der Sitzposition fehlt es etwas an Sportlichkeit.
Auch der Rest des Gesamtpakets ist weniger kompromisslos als von mir gehofft. Schon beim Einlegen des ersten Gangs stutzt man kurz. Man erwartet ein sportlich-direktes Getriebe mit knackig kurzen Schaltwegen, wird aber von einem etwas knochig zu schaltenden Gegenteil überrascht. Einen Quickshifter zum schnelleren Durchladen der Gangstufen gibt es leider nur als Zubehör. Ähnlich grob geht es beim Anfahren weiter. Wie alle aktuellen, sportlichen Motorräder verfügt die Yamaha zwar über verschiedene Motormappings (Modi: A, STD und B) und eine ebenfalls dreistufige Traktionskontrolle, bei der Abstimmung der Mappings haben die Ingenieure aber kein sensibles Händchen bewiesen. Und das spürt man beim Gasanlegen. Vor allem im Stadtverkehr ist tatsächlich nur der Modus STD (das Yamaha Standardprogramm) zu empfehlen. Die Modi A und B agieren hier zu unsensibel und kosten zu viel Konzentration.
Lässt man den urbanen Dschungel hinter sich und bläst zur engagierten Hatz auf der Landstraße, lässt sich auch mit der rauen Gasannahme in den Modi A und B Spaß haben. Die Traktionskontrolle sollte man hier aber sicherheitshalber auf Stufe 2 einstellen. Zum einen baut man so eventuellen Rutschern bei etwas unwirschem Gaseinsatz vor, zum anderen bewegt man sich nun auch in Drehzahlbereichen, in denen der Motor zu einem echten Freudenspender wird. Geht das Aggregat unter 5000 Touren eher unspektakulär zu Werke, erwacht ab dieser Schallmauer der Vierling nicht nur akustisch zum Leben, sondern setzt kurz darüber ab 6000 Umdrehungen auch ordentlich Leistung frei. Hält man den CrossplaneMotor über dieser Marke und ordentlich auf Zug, ist der Ritt auf der Yamaha nicht nur ein echter Ohrenschmaus. Ab hier gehen beim Sprint von Kurve zu Kurve auch Mundwinkel und Vorderrad regelmäßig synchron nach oben.
Beim Anbremsen der nächsten Ecke relativiert sich die ganze Sache dann aber schon wieder etwas, da die Bremse (ABS nicht abstellbar) nicht nur ordentlich Handkraft benötigt, um ordentlich zu verzögern, es fehlt Sportfahrern auch etwas an Transparenz und durch den hohen Lenker das Gefühl fürs Vorderrad.
Auch das Fahrwerk der MT könnte für die sportliche Gangart sensibler agieren. Das voll einstellbare KYB-Fahrwerk ist zwar erheblich sportlicher als das Material in den anderen MT-Modelle, leitet schnelle Stöße durch Kanten quer zur Fahrbahn aber mehr oder weniger ungefiltert ins Kreuz des Fahrers.
Werden die Radien weit und das Geläuf schnell, trumpft die Yamaha aber auf. Hier macht sich die entspannte Sitzposition wohlwollend bemerkbar und man könnte stundenlang im Power-Cruising-Modus über Land ballern. Und selbst auf der Autobahn-Etappe macht die MT-10 eine überraschend gute Figur. Zwar bietet die Yam nur eine knapp geschnittene Lampenmaske im Transformer-Style als Bollwerk gegen den Fahrtwind, wenn man aber auf der langgestreckten Sitzbank ganz nach hinten rutscht, ist der Windschutz auf der MT beachtlich. Hier steckt man auch längere Etappen über 180 km/h problemlos weg und knallt auch mal kurzzeitig mit ü260 über die Bahn.
Für Langstreckenflieger ist an dieser Stelle auch noch der Tempomat der Yamaha erwähnenswert. Dabei handelt es sich für den aktiven Fahrer zwar eher um ein überflüssiges Gimmick, ist es aber vorhanden, hat es durchaus seinen Reiz und auf langweiligen Autobahnetappen erwischt man sich immer wieder beim Spielen am Gasknöpfchen. Das trifft natürlich nicht nur auf den Tempomat, sondern auf alle Schalter und Knöpfe der Elektronik-Features des Moppeds zu. Das verdankt die Yamaha vor allem dem inzwischen gut zu bedienenden Menü. Nachdem ich mich im letzten Jahr noch ziemlich über das System der Ténéré beschwert habe, lassen sich bei der MT nun alle Einstellungen recht intuitiv wählen.
Was denn nun?!
Zwar bietet der Motor der Yamaha viel Erlebniswert, durch die passive Sitzposition, den hohen Lenker und das fehlende Gefühl für das Vorderrad verschenkt die MT-10 aber Punkte in Rubrik „Sport und Spaß“. Bezieht man aber die optische Komponente mit ein, sieht es für die MT wieder erheblich besser aus. Das Design polarisiert und ist auf jeden Fall ein echter Hingucker, egal, ob man es nun mag, oder nicht. In Kombination mit dem Sound des Crossplane-Motors ist einem die Aufmerksamkeit immer gewiss. Darüber hinaus kann die Yam bei der Langstreckentauglichkeit mit dem überraschend guten Windschutz und dem Tempomat überzeugen. Diese Qualitäten hat man inzwischen auch bei Yamaha Deutschland auf dem Zettel und arbeitet gerade an einer touristischeren Umbau-Version der MT, die nicht nur durch ein Koffer-Set reisetauglicher wird, sondern durch die Soziusrasten der Tracer auch beifahrerfreundlicher werden soll. Und auch an der Sportlichkeit wird gearbeitet. Für 2017 kündigte Yamaha auf der Intermot die MT-10 SP an, die mit Schaltautomat und dem elektronischem Öhlins-Fahrwerk aus dem R1M mehr SPORT verspricht.
Die Wahl wird also wie so oft vom Verwendungszweck entschieden. Suchst du ein agiles Landstraßen-Brenneisen mit guten Manieren, ist die Yamaha aktuell eher nicht die erste Wahl und man sollte auf das SP-Update im Frühjahr warten. Bist du aber eher der Typ für den großen Auftritt, als den schnellen Ausritt, dann bist du mit der Standard-MT auf jeden Fall gut beraten.
Technische Daten:
Hubraum: 998 ccm
Bohrung x Hub: 79,0 mm x 50,9 mm
Verdichtung: 12 : 1
Leistung: 118,0 kW (160,4 PS)
bei 11.500/min
Verbrauch: 8,0 l/100 km
Reifen vorn: 120/70 ZR17
Reifen hinten: 190/55 ZR17
Sitzhöhe: 825 mm
Gewicht, fahrfertig,
vollgetankt: 210 kg
Tankinhalt: 17 Liter
Mehr Infos unter www.yamaha-motor.eu
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Kommentare
4 Kommentare zu “Yamaha MT-10, Modell 2016”
Ist ja schon uralt, der Bericht
Gibts da auch mal ein Update, qs, mapping usw?
Nein, da gibts kein Update.
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VG, dein Kradblatt-Team
Uje da sieht man mal wieder das ihr keine ahnung habt
Wie wäre es mal mit einer konstruktiven Kritik?
Oder willst du nur trollen?
Nachtrag:
Deine Email-Adresse ist übrigens Fake, habe gerade versucht dir zu schreiben.
Was bist du denn für ein armer Troll?