aus Kradblatt 12/13
von Gela Wahlen

Yamaha Fazer 600Alles begann damals im Winter ’97, als Motorbike noch über DSF flimmerte. Da wurde sie das erste Mal der Öffentlichkeit vorgestellt. Du musst dir das mal so vorstellen. Wir sitzen da in der guten Stube ganz gemütlich auf’m Sofa und plötzlich, von einer auf die andere Sekunde war alles anders. Auf dem Fernseher erschien ein Bild von einem Bike. Der Puls schnellte in die Höhe, die Hände wurden feucht, es war Liebe auf den ersten Blick, hatte ich bisher nur einmal bei meinem Mann erlebt, die Fazer 600.
Im darauf folgenden Jahr fuhren wir, mit den Enduros nach Österreich in den Urlaub. Abends auf dem Weg von der Pension zum Restaurant kamen wir merkwürdigerweise an einem Yamaha-Händler vorbei. Jeden Abend vor’m Essen (wir gingen dann nur noch in das Restaurant) und danach war naseplattdrücken am Schaufenster angesagt. Da stand sie im funkelndem 600 ccm Gold.
Kaum wieder zu Hause, meldete ich mich zur Probefahrt an und erstand auch gleich eine, allerdings im neutralen, freundlichen Schwarz. Wir trennten uns allerdings nach einem 1 Jahr, da unser Nachwuchs das Licht der Welt erblickte. Zur Geburt bekam ich eine himmel­blaue Enduro von meinem Mann, auf der ich mich nicht so ganz wohl fühlte.
Yamaha Fazer 600Im Erziehungsurlaub 2002 überraschte er mich dann mit ’ner neuen Fazer zur Probefahrt. Die ’98 Version hatte ein komplett neues stylisches Facelifting hinter sich (da merkste gleich, dass das von einer Frau geschrieben worden ist) und ein paar technische Änderungen. Es ist so als wenn man nach Hause kommt, drauf setzten und einfach wohlfühlen. Nach einer ausgiebigen Probefahrt war klar, die ist es. Der Traum in Silver Ice ist meiner.
Im Laufe der Zeit wurde sie zum Einzelstück. Zu Geburtstagen und zu Weihnachten bekam ich bzw. meine Fazi eine schicke Luftkühlergrillabdeckung mit Fazer Schriftzug, Heckfender und Bugspoiler in Mopedfarbe, schicke Kellermann Mini Blinker, weißes LED-Rücklicht und die Frontansicht runden 2 BlueLights ab. Deshalb tausche ich gerne mal die Bikes mit meinem Mann, dann kann ich ganz verliebt im Rückspiegel meine Fazi in Aktion sehen. Ich frage mich sowieso warum Motorraddesingner in der heutige Zeit immer noch bzw. schon wieder Motorräder die zwei Scheinwerfer haben nur einen mit Fahrlicht bauen?! Aus Sicherheits- und Optikgründen sind diese „Zyklonen“ für mich nicht nachvollziehbar. Für mich gab’s dann noch, für den bessern Sitzkomfort eine Gelsitzbank für’n Mors, Lenkererhöhung und ’ne Tourenscheibe. Einfach perfekt! Nun war sie für mich maßgeschneidert und unverwechselbar individuell.
Yamaha Fazer 600Mit ihren 95 PS hält lässt sie sich auch von den „Großen“ nicht abschütteln. Der laufruhige Vierzylinder lässt sich auch mal schaltfaul fahren und zieht sebst aus niedrigem Drehzahlbereich ruckfrei hoch. Der Sound ist allerdings verwechselbar mit meiner Nähmaschine. Da ich tanken für unglaublich überflüssig und nervig halte, ist der 22 Litertank ein Geschenk des Yamahahimmels, denn mit diesem kann man unglaubliche Reichweiten von über 400 km erzielen. Allerdings bei schneller Fahrt, lt. Tacho marschiert sie auch mal 240 (bergab und Rückenwind) wird die Kleine zum Schluckspecht.
Lässig und agil lässt sie sich durch enge Kehren treiben, und auf der Landstraße macht sie eine super Figur. Sie ist eine echte Allrounderin. Nur einmal, damals auf dem Brenner in Italien, es regnete, nein es goss aus Kübeln, fiel die komplette Elektrik aus. Das war das einzige mal wo sie in den Knick schmeißen wollte, doch zwei Nächte zu Hause in der kuscheligen Garage und sie war wieder ganz die Alte. Na ja und so richtig schwindelfrei ist sie auch nicht, wenn in luftiger Höhe in den Bergen der Sauerstoff ein bisschen dünner wird, verschluckt sie sich mal.
Ich gehöre nicht zu den Vielfahren unserer Gattung. Ob ihr’s glaubt oder nicht, ich habe auch noch andere Hobbys. Ich plünner mich nicht für „mal um die Ecken“ an, aber Wochenendtouren und natürlich Reisen das ist das was wir lieben. Dieses Jahr im Urlaub haben wir die 30 Tausend voll gemacht und nächstes Jahr haben wir „Petersilienhochzeit“. Wenn sie mich ganz verliebt aus ihren japanischen Schlitzaugen anschaut, dann weiß ich wir gehören zusammen, bis dass der TÜV uns scheidet und dann machen wir einen Platz im Wohnzimmer für sie frei.