aus bma 10/07
von Markus Golletz

Sehen und gesehen werden sind die wichtigsten Aspekte für die aktive Sicherheit, ob auf zwei, drei oder vier Rädern. Motorräder sind bauartbedingt und seitens der Gesetzgeber und Fahrzeughersteller benachteiligt. Ein Manko, das man durch aufpeppen der Scheinwerfer wettmachen kann. Nächtliche Fahrten mit alten Bikes könnten sonst zum gefährlichen Blindflug werden. Vom Zubehörhandel werden mehrere legale und nicht ganz legale Angebote dazu unterbreitet.

 

Echtes Xenon Licht am Motorrad

Xenon LichtAb 99 Euro, zuzüglich Arbeitslohn, baut der Fachhandel auf expliziten Wunsch des Kunden das extrem helle Xenon-Licht ein. Seit nicht allzu langer Zeit sind im Zubehör Xenon Hochdruck-Gasentladungslampen (HID-Lampen) mit H4-Sockel und dem dazugehörigen Vorschaltgerät im Verkauf. Dabei wird der alte Scheinwerfer benutzt und lediglich der xenontypische Hochspannungs-„Ballast” und Hochspannungskabel an den bestehenden H4-Stecker angeschlossen. Die Sätze verfügen durchaus über eine Homologation und Teile-ABE, allerdings erlischt genau genommen durch den Einbau die ABE für den Scheinwerfer, weil der nur mit herkömmlichen Leuchtmitteln getestet und zugelassen wurde. In der StVO-typischen Kettenreaktion erlischt folglich die ABE des gesamten Fahrzeugs. Bei einer Umrüstung auf Xenon-Fernlicht ist dieser Vorgang unerheblich, vorausgesetzt, das Xenon-Leuchtmittel wurde mit dem dazugehörigen Xenonscheinwerfer getestet.
Die Vorteile eines echten Gasentladungs-Xenon-Scheinwerfers liegen auf der Hand: Bei einem Stromverbrauch von nur 35 W hat er mindestens die doppelte Leuchtkraft wie ein H4-Scheinwerfer. Der Scheinwerfer heizt sich nicht so stark auf, und es gibt keinen Glühfaden, der durchvibrieren kann. Recht haben TÜV & Co hingegen mit den teils gefährlichen, oder wie Kritiker sagen, Netzhaut-ablösenden Blendwirkungen, besonders bei Nacht und Regen, von hellem Xenonlicht.
Dieser Blendeffekt kommt zustande, weil für H4/7 getestete Scheinwerfer nicht für eine solche Menge Streulicht konzipiert sind. Ein anderer optischer Brennpunkt (verursacht durch anderes Leuchtmittel) und Verschmutzungen an der (Glas-)Oberfläche tun ein Übriges dazu. Der Gesetzgeber schreibt außerdem eine automatische Höhenregulierung vor, die Blenden durch Lastwechsel und Beladung vermindern soll. Schlußendlich sind Eigenbau-Xenon-Scheinwerfer für den öffentlichen Verkehr nicht zugelassen, doch wer nur das Fernlicht aufpeppt und dem Sommer entgegenfährt…

Scheinwerfer legal aufpeppen

NachrüstglühlampeFast genau so wichtig wie das Leuchtmittel ist ein intakter Reflektor. Der Zubehörmarkt bietet etliche Alternativen, besonders bei Standardscheinwerfern. Schwieriger wird es bei speziell an die Verkleidung angepaßten Reflektoren.
Klarglasscheinwerfer lassen in der Regel mehr Licht durch, haben aber vermutlich eine kürzere Dauerhaltbarkeit als verchromte oder polierte Reflektoren. Die einfachste Möglichkeit dem alten Scheinwerfer mehr Licht einzuhauchen sind H4 oder H7 Lampen, die einer neuen Technologie folgen. Philips, Osram oder Beru haben solche Produkte im Angebot. Auch hier kommt ein Edelgas namens Xenon zum Einsatz, nur ersetzt dieses das Vakuum um den herkömmlichen Glühfaden und kitzelt so durch eine chemische Reaktion bei gleicher Wattleistung mehr Licht aus der Lampe. Laut Hersteller können das zwischen 30 und 80% sein!
Folgende Produkte sind aktuell auf dem Markt: Philips MotoVision. MotoVision wurde für Motorräder entwickelt. Zwei Besonderheiten fallen auf, die Lichtausbeute ist besser als bei no Name Produkten, der Lichtkegel hat ca. 40% mehr weißes Licht und könnte auf der rechten Seite 10-20 Meter mehr ausleuchten. Zusätzlich wurde dem Licht eine orange-farbene Reflektion verpaßt, die vom Licht des übrigen Verkehrs abhebt – ganz legal. Preis für H4 oder H7-Sockel ab 14,99 Euro im Fachhandel.
Die Philips X-treme Power Lampen sind derzeit die hellsten Autolampen. Sie sollen trotz gleicher Stromaufnahme 80% mehr Licht bieten. Ermöglicht wird diese Lichtleistung durch eine besonders heiße Wendel und einen erhöhten Gasdruck in der Lampe. Außerdem wurde ein spezieller Glaskolben aus Quarzglas notwendig. Preisempfehlung für ein Doppelpack: ab 34,99 Euro.
Die Philips ExtraDuty wurde für vibrationsstarke Einzylinder entwickelt. Sie soll bis zu viermal länger halten und wurde auf Fahrvibrationen auf verschiedenen Straßenbelägen optimiert. Laut Philips sind Vibrationen in 35% aller Fälle die Ursache von Lampenversagen. Die Philips „NightGuide DoubleLife” ist wieder eher für Autos entwickelt. Ihre Vorteile: Durch 3-Zonen-Technologie leuchtet das Licht in drei unterschiedlichen Farbbereichen: Klares, weißes Licht in der Mitte für die Fernsicht, bläuliches Licht am rechten Rand mit besseren Reflektionseigenschaften für Objekte und gelbliches Licht am linken Rand für eine bessere Konzentration auf die Fahrbahnmitte Das Ergebnis sind 50% mehr Licht und dadurch ein um 15 Meter erweiterter Lichtkegel. Der Doppelpack kostet ab 30 Euro.
Osram führt ähnliche Produkte im Programm: Silverstar für Klarglasscheinwerfer. Mit 50% mehr Licht aus einer Lampe mit silberner Kuppe. Light@Day für Tagfahrlicht entwickelt mit längerer Lebensdauer.

Nachts ist jeder Mensch kurzsichtig

Ein Drittel aller Unfälle passiert nachts – und das, obwohl bei Nacht fünfmal weniger Fahrzeuge unterwegs sind als am Tag. Defekte an der Beleuchtung sind dabei die zweithäufigste technische Ursache. 90% aller Entscheidungen und Aktionen bei Nachtfahrten basieren auf visueller Wahrnehmung. Jeder Mensch ist kurzsichtig bei Nacht. Wir sehen 70% weniger als bei Tag, denn die Stäbchenzellen auf der Netzhaut des Auges sind dafür nicht ausgelegt. Ein Lichtkegel, der (im legalen Bereich) weiterreicht, vermindert also das sichtbedingte Unfallrisiko.

Xenon Technik

Xenon Lampen kamen erstmals 1991 serienmäßig als Automobilbeleuchtung auf den Markt. Sie laufen unter einer Betriebsspannung von bis zu 25000 Volt. Das Funktionsprinzip unterscheidet sich komplett von Halogen-Fahrzeuglampen: Zwischen den zwei Wolfram-Elektroden der Xenon-Gasentladungslampe wird ein konzentrierter Lichtbogen gezündet. Der Brennraum, ein Lampen-Glaskolben aus Quarzglas, ist dabei mit dem reaktionsträgen Xenongas gefüllt. Unter hohem Druck und mit weniger als 1 mg Quecksilber und Metallsalzen angereichert regt der Strom das Xenon-Gas zur Lichtemission an. Beim Einschalten ist ein Hochspannungsimpuls erforderlich, der durch ein elektronisches Vorschaltgerät (Ballast) erzeugt wird.

Xenon Vor- und Nachteile

Xenon-Brenner halten deutlich länger als Halogen-Lampen, sie sind mehr als doppelt so hell und haben eine geringere Stromaufnahme (35 W). Ihre Lebensdauer wird mit ca. 2- 3000 Betriebsstunden angegeben (zum Vergleich: H7 ca. 450 Stunden). Die Leuchtmittel (Brenner) sind um ein vielfaches teurer, die Kosten zwischen 45 und 80 Euro/Stück. Xenon- Licht ist in verschiedenen Lichtfarben erhältlich; unsinnigerweise sind hohe Farbtemperaturen sehr beliebt (blau-lila-Stich), dabei bieten sie nur Nachteile: Bei Nebel und schlechter Sicht wirkt sich der hohe Blauanteil negativ auf den Kontrast und die Sichtweite aus, da kurzwelliges Licht an Nebel und Dunst stärker gestreut wird als das langwelligere Glühlicht. Xenonlampen werden während des Alterungsprozesses zunehmend blaustichiger. Als weitere Nachteile muß man neben den Blendwirkungen, dem langsameren Lichtanlauf (bis zu 10 Sekunden) oder die Umweltbelastungen verursacht durch Quecksilber (alte Bauweise) nennen.

Mehr Licht mit TÜV Segen

Touratech XenonlichtNachrüst-Bausätze für Scheinwerfer mit Gasentladungslampen („Xenonlicht”) sind bei Motorrädern bisher unzulässig. Lediglich die BMW 1200 GT verfügt über serienmäßiges Xenon-Abblendlicht. Wegen ihrer serienmäßig vorhandenen Niveauregelung ist keine zusätzliche dynamische Leuchtweitenregelung erforderlich. „Xenon Brenner in konventionellen Scheinwerfern (für Glühlampen) sind unzulässig”, antwortete TÜV-Nord-Experte auf die Anfrage nach der Legalität von Xenon Nachrüstsätzen, die z. B. bei Ebay angeboten werden.
Wie Autos müßten Motorräder dafür folgende Voraussetzungen erfüllen: automatische Leuchtweitenregelung; Scheinwerferreinigungsanlage; ein System, das das ständige Eingeschaltetsein des Abblendlichts auch bei Fernlicht sicherstellt.
Wer seine Lichtausbeute durch einen zweiten, gleichzeitig geschalteten Hauptscheinwerfer verdoppeln will, muß folgendes beachten: Beide Scheinwerfer müssen eine Bauartgenehmigung für Abblend- und Fernlicht haben; die Scheinwerfer müssen symmetrisch zur Längsmittelachse des Fahrzeugs angebaut sein; der Abstand der Lichtaustrittsflächen der Scheinwerfer darf nicht mehr als 200 mm betragen; die Scheinwerfer müssen im Bereich zwischen 500 und 1200 mm über der Fahrbahn angebracht sein.