aus Kradblatt 9/14 von Jogi

Vorort der Hölle: die Zulassungsstelle

Wo-gehts-langNichts ahnend suchten wir neulich den Hamburger Landesverkehrsbetrieb auf, um unser neues, gebrauchtes Motorrad zuzulassen. Die Schlange am Empfangstresen war wie immer mehrere Personen lang und nach einer von uns unendlich lang empfundenen Viertelstunde, erklärte uns die genervte Dame hinter dem Tresen, dass wir nur noch mit einem Termin Fahrzeuge ummelden könnten. Wir bekamen einen Termin in zehn Tagen. Wie nicht anders zu erwarten, waren auch wir nun genervt. Wir hatten einen Tag Urlaub verschwendet. Außerdem hatten wir ein Wunschkennzeichen reserviert, dessen Reservierung wir nun kostenpflichtig verlängern mussten. Dazu kam zusätzlich, dass wir im kostenlos aus dem Netz heruntergeladenen Kaufvertrag unserer neuen Gebrauchten unterschrieben hatten, dass wir sie unverzüglich ummelden würden. Unverzüglich bedeutet nicht erst in zehn Tagen. Früher war alles einfacher. Da ist man einfach zur Zulassungsstelle gegangen, hat eine Nummer gezogen, drei öde Stunden herum gesessen und… fertig. In Schleswig-Holstein und Bremen ist das so auch immer noch möglich.

Hamburger-Zulassungsstelle-NordZerknirscht wollten wir gerade den Empfangsraum der Zulassungsstelle verlassen, als hinter uns ein Migrant, unter dem gleichen Problem wie wir leidend, in gebrochenem Deutsch einen lautstarken Wutanfall bekam. Die Empfangs-Dame ignorierte ungerührt das Geschrei des Mannes und reichte ihm mit automatisierter Handbewegung einen Zettel über den Tresen, ebenfalls mit einem Termin in zehn Tagen. Das beruhigte den aufgebrachten Mann jedoch keineswegs, so dass letztendlich ein Kollege der Dame den Mann routiniert hinausbegleiten musste. Vermutlich kein Einzelfall. Dem Geschrei des Mannes war zu entnehmen, dass er nun zehn Tage kein Fahrzeug zur Verfügung hätte und nicht wisse, wie er jetzt ohne sein Auto seinen Job erledigen solle. Na, das sind ja Zustände…

Wir nahmen uns zehn Tage später einen weiteren wertvollen Urlaubstag, der eigentlich zu unserer Erholung hätte dienen sollen und machten uns erneut zur Zulassungsstelle auf. Der Warteraum wirkte im Vergleich zu früheren Besuchen geradezu entvölkert. Kein herumliegender Müll, keine Essensreste und auch keine abgegriffenen Fickel-Magazine und Bild-Zeitungshaufen. Stattdessen hingen ein Großfernseher zur Zerstreuung der Kunden an der Wand, sowie ein Scanner, an dem man sich mit dem Code-Feld des Terminzettels als anwesend einscannen konnte. Wir mussten trotzdem einige Minuten warten und ich beobachtete dabei amüsiert, wie technisch nicht ganz so versierte Menschen am Scanner verzweifelten. Das hatte einen deutlich höheren Unterhaltungswert, als die herumballernden Israelis im Programm von N24. Meine Frau behauptet, dass ich manchmal ein recht blöder Hund sei. Wenn ich Zeit habe, werde ich mal darüber nachdenken.

Terminzettel mit QR-CodeKurze Zeit später waren wir dran. Da wir uns vorher schon unser Nummernschild, dank Wunschkennzeichen-Reservierung ist das möglich, beim Schildermacher geholt hatten, waren wir in nur fünf Minuten mit der Prozedur fertig und hielten glücklich das frisch gestempelte Blech in den Händen.

Damit hätte auch für mich die Angelegenheit erledigt sein können, aber komischerweise ging mir der tobende Migrant nicht aus dem Kopf, für dessen Problem, zehn Tage lang kein nutzbares Fahrzeug zu besitzen, ich irgendwie Verständnis, ja sogar Mitgefühl hatte. Ich beschloss deshalb Herrn Lellau, dem Leiter der Zulassungsstelle, einen Besuch abzustatten, um den Grund dieser bürgerfeindlichen Zustände zu erfahren.

Dieser empfing mich freundlich in seinem Büro und erklärte mir begeistert, wie hervorragend die modernisierten Abläufe der Zulassung jetzt funktionieren würden. Wenn man sich online einen Termin holte, hätte man kaum Wartezeit. Man könne sogar selber online eine Anmeldung vornehmen und hätte dann in 36 Stunden bereits sein Kennzeichen. Wenn wenig zu tun wäre, würden sie natürlich auch unwissende Spontankunden bedienen, aber das ginge leider nicht zu Stoßzeiten. „Aber es ist doch immer Stoßzeit auf der Zulassungsstelle“, entgegnete ich verwirrt.

Auf jeden Fall sei die neue Regelung, die seit Januar dieses Jahres gültig ist, ein Segen für alle Mitarbeiter der Zulassungsstelle. Sie könnten nun viel entspannter arbeiten. „Das freut mich ja ungemein für die Mitarbeiter, nur was ist mit den älteren Menschen, die online nicht so begabt sind oder gar keinen Computer mit Netzanschluss besitzen?“ „Die gibt es statistisch nicht“, antwortete er mir daraufhin fröhlich. „Außerdem hat hier bisher noch jeder sein Kennzeichen bekommen. Im Zweifel muss man nur einen Mitarbeiter ansprechen und dann finden wir ganz sicher eine individuelle Lösung. Außerdem wird ständig daran gearbeitet, die Internet-Seite der Zulassungsstellen kundengerecht zu verbessern.“

Schon klar… denke ich, sage dazu nichts weiter, bedanke mich für das Gespräch und verlasse nachdenklich das Büro. Ausgerechnet eine Behörde will sich um individuelle Lösungen für ihre ihnen ausgelieferten Bürger bemühen? Ich kann es kaum glauben. Obwohl, eigentlich hat er ja Recht. Wenn man die Möglichkeiten der Online-Anmeldung und Terminvergabe nutzt, kommt man heute mit deutlich weniger Wartezeiten zum Nummernschild. Nichts bleibt wie es ist. Auf jeden Fall ist es sehr zu empfehlen, vor dem Besuch der Zulassungsstelle die Homepage des zuständigen Landesverkehrsbetriebes zu studieren. Das schont das Nervenkostüm, erspart mindestens einen sonst verschwendeten Urlaubstag und, wenn alles klappt, tatsächlich eine Menge Zeit. Schöne neue Welt!