Erfahrungsbericht von Berthold Reinken

aus bma 1/11

Thermoboy PoloEs ist schon relativ viele Jahre her, dass Motorradfahren im Winter wegen der Kälte ziemlich problematisch war. Heute gibt es eigentlich keinen Grund, zumindest bei Temperaturen bis runter auf null Grad, nicht unserem Hobby nachzugehen bzw. zu fahren.

Technische Hilfsmittel wie Heizwesten haben wir schon im bma vorgestellt, es geht aber auch ohne Strom. Das Angebot an dicker Winterbekleidung ist allerdings deutlich übersichtlicher als bei Sommerkleidung. Wir gehen bei unserem Test davon aus, dass das Motorradfahren bei Temperaturen deutlich unter null Grad wohl nur noch eine Sache von sehr wenigen Menschen ist, da es naturgemäß durch Glätte schnell extrem gefährlich wird (von Gespannfahrern mal abgesehen). Wer ernsthaft auch in den Wintermonaten oft fahren und dabei Freude haben möchte, der sollte ferner nicht gerade ein völlig unverkleidetes Krad bewegen. Zumindest bei längeren Fahrten kühlt der Wind den Motorradfahrer trotz dicker Bekleidung doch irgendwann aus. Aber auch hinter einer Verkleidung wird es in der normalen Leder- oder Textilbekleidung schnell zu kalt, wenn die Temperaturen nur noch einstellig sind. Deshalb haben wir uns mal mit zwei verschiedenen Winter-Anzügen und einer Jacke beschäftigt.

Zum Sonder-Angebotspreis von 100 Euro gibt es bei POLO zur Zeit die Thermoboy-Winterjacke. Sie ist ausgestattet mit der wind- und wasserdichten POLO-TEX-Membran und CE-Schulter- und Ellenbogenprotektoren sowie einem Rückenschutz. Breite Reflexstreifen an der Brust, dem Rücken und an den Ärmeln sorgen für die nötige Aufmerksamkeit im Dunkeln. Fünf wasserdichte Außentaschen (davon eine große am Rücken), zwei Einschubtaschen zum Händebunkern sowie drei verschiedene Innentaschen bieten mehr Staumöglichkeiten als meistens nötig. Gestrickte Innenbündchen an den Handgelenken verhindern das Reinkriechen der Kälte. Am Kragen findet sich eine Weitenverstellung mit Klettverschluss und für die Oberarmfixierung gibt es drei Druckknopfeinstellungen, die allerdings recht unpraktisch sind. Ein stufenloses Klettband wäre hier deutlich besser. Das angenehm zu tragende Innenfutter und ein Webpelz im Nierenbereich sollen für den nötigen Kälteschutz sorgen.

Thermoboy Polo ÄrmelabschlussOptisch etwas un­schön sind die Ärmelabschlüsse. Winterhandschuhe mit langen Stulpen lassen sich kaum oder nur schwer drunter fummeln, weil sie mit den Strickbündchen kollidieren, besonders wenn man den zweiten Handschuh mit der anderen bereits eingepackten Hand in den Ärmelabschluss stecken möchte. Am besten mit den eigenen Handschuhen im Laden ausprobieren! Auf den ersten Blick ist der abnehmbare Sturmkragen mit der unter dem Helm zu tragenden Sturmhaube eine gute Idee. Leider lässt sich der Kopf dann aber deutlich weniger zur Seite drehen, sodass man die Stoffhaube besser im Nackenbereich verstaut und nur bei sehr argem Wetter benutzt. Es bleibt auf jeden Fall ein sehr hoher Kragen im Nacken übrig, wo es kaum noch reinregnen kann. Ein Taillengurt ist zwar auch vorhanden, dieser ist aber recht fummelig zu bedienen, wenn man die Länge mal verstellen möchte (z.B. nach einem guten Essen). Der Name „Thermoboy” stand vor mehr als zwanzig Jahren für einen einteiligen sehr dicken Motorrad-Overall, der auf dem Markt nicht zu toppen war. Der damalige Hersteller hat die Namensrechte an POLO verkauft. Heute gibt es aber auf jeden Fall wärmere Motorradbekleidung als die Thermoboy-Winterjacke von POLO, wie ihr hier gleich nachlesen könnt. Für einen „Hunni” ist diese Jacke aber trotzdem empfehlenswert, zumal sie für viele Gelegenheitswinterfahrer völlig ausreicht.

Thermokombi Difi HuskySchon länger auf dem Markt ist die einteilige „Husky II” der Firma DIFI. Sie erinnert an den guten alten Thermoboy von damals und erfreut sich bei vielen Winterfahrern großer Beliebtheit. Um so ein Teil anzuziehen muss man schon etwas gelenkiger sein. Es erfordert etwas Übung, den Overall über die Schultern zu ziehen (das Gleiche gilt für’s Ausziehen). Irgendwann hat man aber den Bogen raus. Hat man das Ding erst mal an, den dicken Latz vor der Brust verstaut und den Reißverschluss ganz nach oben gezogen, fühlt man sich sofort jeder Kälte gewachsen. Der Tragekomfort wird anfangs nur durch die harten Schulterprotektoren etwas gestört, das aber auch nur, wenn man lediglich ein T-Shirt oder dünnes Hemd drunter trägt. Mit dem stufenlosen Klett-Taillengurt ist die Husky ruckzuck hautnah angepasst und auch hohe Stiefel lassen sich leicht anziehen. Dabei wird die Außenhaut mit dem langen Reißverschluss eng an die Schuhe gezogen und das Klettband am unteren Ende rundet den Abschluss perfekt ab. Zu dick dürfen die Stiefel allerdings nicht sein. Bei dicken Enduro-Stiefeln kann es z.B. eng werden. Nicht so perfekt ist allerdings der Sitz der Ellenbogenprotektoren. Ob sie im Fall des Falles an der richtigen Stelle sitzen, darf bezweifelt werden, da sie sich allein mit dem Oberarmgurt nicht richtig fixieren lassen und die Arme recht weit geschnitten sind. Die Knieprotektoren sitzen da schon besser.

Thermokombi Difi Ärmelabschluss

Ein CE-Rückenprotektor ist übrigens auch vorhanden. Die Ärmelabschlüsse sind mit Innenbündchen versehen und können durch die Reißverschlüsse und Klettbänder eng an die Handschuhe gezogen werden. Wie schon bei der POLO-Jacke empfehlen wir aber auch hier den Test mit den eigenen Winterhandschuhen. Es könnte durchaus mal etwas eng werden. Notfalls muss man sich halt ein Paar andere Handschuhe dazu kaufen. Reflex-Aufnäher am Rücken sorgen für Aufmerksamkeit im Dunkeln und der Anti-Rutsch-Einsatz am Gesäß für sicheren Sitz auf dem Krad. Auf eins wollen wir hier aber noch hinweisen: Für Kradler mit schwacher Blase ist die Husky II nicht unbedingt die erste Wahl. Weitere Erläuterungen dazu sind hier sicher nicht nötig. Wer auch in der kalten Jahreszeit mit dem Krad oder Roller ins Büro fährt, für den ist dieser Overall ideal. Er kann leicht über den „Banker-Anzug” gezogen werden. Auf einer zweistündigen Fahrt mit unserer Honda Deauville bei drei Grad Außentemperatur war es im Husky II nicht nur ausrei-chend warm, trocken blieb es innen auch, trotz 30-minütiger Fahrt im Regen. Für 200 Euro können wir den DIFI Husky II auf jeden Fall empfehlen. Es gibt ihn in den MOTOPORT-Shops sowie unter der Bestell-Hotline 04451/915500 oder unter www.motoport.de.

Thermokombi Polar A4Wer ein unverkleidetes Motorrad im Winter oft und über längere Strecken bewegt, der sollte zur zweiteiligen Polar-Kombi der Firma „A-4 Functional design” greifen. Es handelt sich bei dieser Firma um ein Ingenieur-Büro, das Motorradbekleidung für die Industrie entwickelt. Die Polar-Kombi wird in Kleinserie bei einem chinesischen Konfektionär genäht und wurde von Winter- und Gespannfahrern entworfen. Das wird besonders durch den nach links schliessenden Frontverschluss deutlich. So soll verhindert werden, dass der permanente Winddruck aus Richtung des Seitenwagens den Verschluss öffnet. Der Polar-Anzug vermittelt schon beim Anziehen ein äußerst angenehmes Tragegefühl. Das Innenfutter ist sehr kuschelig und die dicke Polyester-Wattierung (240 gr./qm) ist deutlich spürbar. Die Hosenbeine lassen sich für das Unterziehen der Stiefel weit öffnen und haben noch ein innenliegendes Gummibündchen sowie einen äusseren Klettverschluss, sodass hier weder Schnee noch Regen eine Chance haben. Die höhenverstellbaren CE-Knie-Protektoren drücken nicht und an den Hüften finden sich Schaumstoffeinsätze. Mit dem einstellbaren Gürtel und den Stretcheinsätzen im Bund und Nierenbereich sitzt die Hose perfekt und angenehm. Ferner ist sie mit einem Verbindungsreißverschluss sowie zwei Außentaschen ausgestattet. Bei den Protektoren in der Jacke handelt es sich an Ellenbogen und Schultern um CE-geprüfte Schützer, während in der Rückentasche ein einfacher Schaumstoff eingesetzt ist, der sich natürlich leicht austauschen lässt. Die Protektoren sind gut plaziert und kaum spürbar. Eine isolierte Reißverschlussabdeckung, eine innere Windschürze und der Kordelzug am Saum der Jacke lassen der Kälte kaum eine Chance. Zwei wasserdichte Außentaschen, zwei „Händetaschen”, eine Brusttasche mit senkrechtem Reißverschluss sowie eine innenliegende Handy-Tasche und ein Brieftaschenfach bieten ausreichend Platz und der sehr hohe Kragen mit Kordelzug im Nacken sorgt für einen perfekten Halsabschluss.

Thermokombi A4 ÄrmelabschlussAuf unseren Testfahrten mit der Deauville (Außentemperaturen um 3 Grad) wurde es in diesem Anzug deutlich zu warm, wenn es mal über ein paar Kilometer durch die Stadt ging. Wasserdicht war er auf den (allerdings wenigen) Kilometern im Regen auch. Laut Hersteller soll er es durch die Comfort-Shell-Membrane auch sein. Auch der Polar-Anzug ist mit in der Dunkelheit reflektierenden Biesen ausgestattet. Der alleinige Erwerb von Hose oder Jacke ist erfreulicherweise möglich. Die Hose kostet 109 Euro, die Jacke 139 Euro. Im Einzelhandel gibt es den Polar allerdings nicht. Er kann entweder direkt abgeholt werden in 34474 Diemelstadt, Landstraße 35, oder telefonisch bestellt werden (Telefon 05694/990347). Unter www.art-for-function.com kann die Bestellung auch aufgegeben werden.

Winterhandschuhe und Extras haben wir in Ausgabe 2/11 ausprobiert. Lest <hier> weiter…