aus bma 01/03

von Jörg Pape

Die Nachfrage nach Kindermotorrädern ist inzwischen so stark, dass sich viele Hersteller mit den unterschiedlichsten Modellen auf den Markt drängen. Selbstverständlich ist zunächst für eine geeignete, passende und vollständige Schutzbekleidung zu sorgen.
Die am weitesten verbreiteten Kindermotorräder sind die 50 ccm-Modelle der Einsteigerklasse. Beherrschte bisher der luftgekühlte Motor von Moto Morini den Markt, der fast von allen Herstellern außer den Japanern verwendet wurde, so kommen jetzt auch andere Aggregate zum Zuge. KTM setzt auf luft- und wassergekühlte Motoren von Beta, LEM bietet mit der LEM 3 einen ebenfalls wassergekühlten Motor an und GasGas und Polini verbauen mittlerweile auch einen eigenen Motor. Unseren Bericht begleitet haben einige Kids aus Motorsportvereinen, die über eine entsprechende langjährige Praxis und Erfahrung verfügen.
Los geht es mit absoluten Beginner-Motorräder für die ganz Kleinen ab 4 Jahre (!). Hierzu zählen die Suzuki JR 50, KTM Mini Adventure, Husky Boy, LEM 1 und die Yamaha PW 50. Diese Modelle mit 8″- oder 10″- Felgen verfügen über sehr geringe Sitzhöhen ab 53 cm und eine zahme Leistungsentfaltung mit um die 2 PS. So wird den Kids genügend Selbstvertrauen und Freude am Fahren von Beginn an vermittelt. Die PW 50 verfügt über einen pflegeleichten Kardanantrieb. Allerdings sind diese Motorräder nur mit einfachen Federelementen ausgestattet.

 

Crosser für KidsDie Suzuki JR 50, das kleinste Motorrad der Japaner im Look der großen Crosser, überzeugt durch solide Verarbeitung. Durch den sanften Leistungseinsatz sind selbst die Kleinsten mit dem Automatik-Modell nicht überfordert. Die Sitzhöhe ist verstellbar mit Höhen von 46 cm, 48 cm und 50,5 cm – so kann die JR 50 über einen längeren Zeitraum für den schnell wachsenden Nachwuchs genutzt werden. Kleine Umkipper verkraftet die JR dank robuster Bau- weise und festen Tankspoiler problemlos. Interessant ist auch, dass dieses Modell über eine Fußbremse verfügt und damit den Kids gleich die richtige Bedienung für die großen Modelle angewöhnt wird.
Es folgen dann die 10″- und 14″/12″-Modelle für die etwas größeren und/oder fortgeschrittenen Fahrer wie KTM Junior Adventure, LEM LX 2, Husky Boy J. Eine größere Sitzhöhe zwischen 58 und 63 cm steht auch für mehr Motorleistung (2 bis 5,5 PS). Die blaue Minicross 10/10 von Beta, dem italienischen Trialhersteller mit dem hauseigenen Motor und einer Sitzhöhe von 61 cm, kann dabei gut von Anfängern eingesetzt werden, da die Leistungsabgabe sanft erfolgt. Der Mini-crosser im netten Outfit ist relativ günstig zu haben und mit dem richtigen Dreh am Gasgriff geht es flott nach vorn. Gebremst wird über gute Trommelbremsen, die über die Hand betätigt werden. Leider sind die Fußrasten recht schmal geraten und die Befestigung des Tankspoilers kann beim Umkippen abbrechen. Da die Kettenführung relativ offen ist, sollte nur mit Stiefeln und eng anliegender Hose gefahren werden. Für größere Kinder hat die Beta wahlweise ein 12″-Modell im Programm.
Transport ohne ProblemeLEM ist der größte Hersteller von Kinder-Offroadern. Die LX 2 Sport mit dem luftgekühlten 2,15 PS Moto Morini-Motor ist für den Einsteiger gedacht. Die Sitzhöhe beträgt 60,5 cm. Das Design mit den stabilen breiten ovalen Rohren, den roten Plastikteilen und dem fließenden Übergang Sitzbank/Tank erinnert stark an die Honda-Crosser. Neu sind schon beim Einstiegsmodell die hydraulische Gabel, der Membran gesteuerte Einlass sowie der veränderte Tank und die Sitzbank. Die kleine LEM macht viel Spaß, die Trennung der Fliehkraftkupplung erfolgt ein wenig hart, ist aber für die Kleinen gut zu kontrollieren. Die waagerechte Tank-/Sitzbankkombination ermöglicht verschie- denste Sitzpositionen. Die Verarbeitungsqualität ist überzeugend, wenngleich auch hier die Befestigung des Tankspoilers bei Stürzen schnell in Mitleidenschaft gezogen werden kann und die Fußrasten größer sein könnten. Gestoppt wird die LX 2 Sport über zwei von Hand zu betätigende Trommelbremsen, die Hebelkraft sollte auf die Kinderhand eingestellt werden. Wer mehr Leistung und hochwertigere Ausstattung wünscht, kann bei LEM auf diverse andere Modelle zurückgreifen.
Malaguti, die in Deutschland von Sachs vertrieben werden, bietet die Grizzly RCX 10 an. Im Gegensatz zu der Namensgebung präsentiert sich die Malaguti mit dem Moto Morini-Motor recht zahm, mit einer Leistungen von 2 PS in Verbindung mit einer Eingang-Automatik und ist damit hervorragend für Anfänger geeignet. Für einen relativ günstigen Einsteigerpreis bekommt man bei der Grizzly eine mechanisch betätigte Scheibenbremse vorn, die etwas verzögert reagiert, und eine einfache Upside-Down-Gabel. Wer ordentlich am Gasgriff dreht, kommt mit der 59 cm hohen Malaguti schnell voran und kann sich bei einem Umfaller endlich einmal über einen Griff an der hinteren Sitzbankkante freuen, der bei anderen Herstellern fehlt. Die Fertigungsqualität ist okay, obwohl auch hier breite Fußrasten fehlen, die Tankspoiler-Befestigung stabiler sein könnte und die freilaufende Kettenführung zu berücksichtigen ist.

Beta Minicross 10/10
Beta Minicross 10/10
KTM Pro Junior
KTM Pro Junior

Die Husky Boy J hat einen Motor mit 4,5 PS von Moto Morini und 61 cm Sitzhöhe. Der Besitzer bekommt eine Menge überzeugende Parts mitgeliefert. Die Gabel von Marzocchi arbeitet feinfühlig und absorbiert selbst größere Löcher und Sprünge gut. Das Federbein sorgt für eine gute Dämpfung. Das Vorderrad wird über eine hydraulische Scheibenbremse gestoppt, die gut dosiert werden kann. Die Sitzposition in der „Mulde” könnte etwas verbessert werden, wie auch die weitere Verarbeitung in Verbindung mit den Plastikeilen. Die Fußrasten sind breit genug, die Spoilerbefestigung könnte stabiler sein. Die Leistung wird angenehm weich einsetzend an die Kids weitergeben – so muss es sein. Bei voller Leistung können auch schwierige Passagen und Auffahrten gut bewältigt werden. Mit diesem Bike kann schon gut an kleinen Wettbewerben teilgenommen werden.
Verfügen die Kleinen über entsprechende Fahrpraxis, kann auf Modelle wie GasGas Boy,KTM Senior Adventure, die KTM LC Pro Modelle, LEM 3 oder Polini zurückgegriffen werden.

LEM 3
LEM 3
Suzuki JR 50
Suzuki JR 50

Als Rakete erwies sich die neue KTM Pro Junior LC. Sie sieht aus wie eine geschrumpfte SX 250 und überzeugt mit optimaler Verarbeitungsqualität. Eine hochwertige Marzocchigabel, hochwertiges Federbein, ein vernickelter Auspuff, Alu-Lenker, Alu-Felgen und eine Scheibenbremse vorne sprechen für sich. Die Sitzhöhe kann variabel auf 58,5 oder 61 cm eingestellt werden. Dieses Modell mit einem Wasser gekühlten Motor und 10 PS Leistung erfordert allerdings eine erfahrene Kinderhand für die Leistungskontrolle und ist definitiv nicht für Einsteiger gedacht. Gelingt dies aber, kann der Nachwuchs enorm schnell über den Offroad-Parcours „fliegen”. Einschränkungen liefern da eher schon die 10″-Felgen, welche nicht für einen optimalen Geradeauslauf förderlich sind. Natürlich gehört eine Fußbremse zur KTM wie auch breite Fußrasten und stabile Anbauteile.
Ein besonderes Modell stammt von GasGas, die EC Boy. GasGas verwendet sehr hochwertige Teile für den Mini-Crosser. So kommen ein Sachs-Boge-Federbein und eine Marzocchi-Gabel zum Einsatz, gebremst wird über hydraulisch betätigte Scheibenbremsen vorn und hinten mit Hand- und Fußhebel. Die Verarbeitung ist sehr gut und und die Bedienbarkeit im wahrsten Sinne des Wortes kinderleicht. Der Motor aus eigenem Haus sorgt für ordentlich Leistung und kann als Besonderheit auf zwei Getriebeübersetzungen eingestellt werden. Wem die 70 cm Sitzhöhe zu viel sind, der kann sich z. B. an Doc Dirt (Tel. 040/25178610) wenden, der schon so manchen Mini-Crosser angepasst hat. Einsetzbar sind alternativ neben den serienmäßigen 14″/12″-Reifen auch 10″-Räder. Für mehr Leistung kann auf ein Umrüstkit mit 68 ccm zurückgegriffen werden.
Darüber hinaus spaltet sich das Lager ein wenig. Für Spaß an der Sache orientierte Kinder stehen stabile und einfach zu fahrende Modelle wie Suzuki JR 90,Yamaha PW 90 und TT 80 zur Auswahl. Für die sportlich und Rennen fokussierten Kinder geht dann kein Weg an den Modellen mit 65 ccm vorbei, KTM SX 65 und Kawasaki 65 machen hier das Ringen um Pokale unter sich aus.
Wir fuhren die JR 80 von Suzuki. Dem gelben Mini-Offroader wurde ein ähnliches Plastikkleid wie bei den großen Crossern verpasst. Bei diesem Modell handelt es sich um ein Fun-Motorrad für die etwas größeren Kinder und nicht für den sportlichen Wettkampf. Was nicht heißt, dass man mit der JR nicht flott unterwegs sein kann. Der luftgekühlte Zweitakter entwickelt etwas über 8 PS und hat ein Fünf-Gang-Getriebe.
Grundsätzlich gilt: Die Kinder sollten zu Beginn nicht mit der Leistung der Maschinen überfordert werden. Das raubt ihnen am Ende den Spaß. Vor dem Start sollte feststehen, dass die Youngster sicher Fahrrad fahren und mit den Füßen die Erde erreichen. Einfache Federelemente geben häufig schnellausfedernd die Unebenheiten an die Kids, die noch über ein weiches Rückrat verfügen, weiter. Besser sind regulierbare und besser ansprechende, aufwändige Fahrwerkskomponenten mit Öl. Die Bedienungskräfte für die Handbremshebel sollten auf die Kräfte der Kinder abgestimmt sein, dies gilt es unbedingt zu überprüfen. Sinnvoll ist die Anschaffung einer Reißleine, die den Killschalter beim Umkippen und Loslassen des Lenkers auslöst. (23,50 Euro, Zweiradsport Meine, Telefon 05194/974401).
Um den Fortgeschrittenen den späteren Umstieg auf die großen Modelle leichter zu machen, empfiehlt sich der Umbau von Hand auf Fußbremse (z.B. Motorsport Meine in Bispingen für KTM Modelle, 80 Euro inkl. Montage) und den Lenker höher zu setzen. Auf Anfrage werden auch Fußrasten höher gesetzt oder die Sitzhöhe durch eine andere Umlenkung niedriger eingestellt. Auch für die kleinen Fahrzeuge gibt es Tuning-Kits. Die Anforderungen für Mini-Rennen gibt der DMSB bekannt (www.dmsb.de).
Ganz billig ist die Sache nicht, die Malaguti RCX 10 als günstigste Variante beginnt bei rund 1045 Euro und die 16 PS starke Kawa KX 65 endet bei 2898 Euro. Die in Nachfrage nach Gebrauchten ist relativ hoch, so dass neben dem geringen Verschleiß auch ein guter Wiederkaufswert zu erwarten ist, der die Kosten kalkulierbar macht.