Triumph Speed Triple 2016 auf ReisenTriumph hat seine Speed Triple, die 1997 quasi als erster Serien-Streetfighter polarisierte, über die Jahre immer weiter entwickelt. Die 2016er Version ist nicht nur ein Landstraßenfeger sondern dabei auch noch tourentauglich …

aus Kradblatt 12/16
von Torsten Thimm 

Triumph Street Triple, Modell 2016 – Britstyler …

Triumph Speed Triple 2016 FrontMehr als zwei Dekaden ist es nun her, dass die erste Speed Triple das Band ihrer Produktionsstätte in Hinckley verlassen hat. Schon in seiner ersten Ausgabe wurde der Streetfighter mit dem typischen, dreizylindrigen und feurigen Herzen bestückt. Damals noch auf der Basis der Daytona 900 aufgebaut, bekam sie ihren sportlichen Namen als Hommage an die 1938 erschienene Speed Twin. Zu Beginn ihrer Karriere als eines der modernsten Musclebikes ganz vorne am Markt mit dabei, bestach sie durch ein gesundes Maß an Individualität und Eigenständigkeit. Doch erst mit der 1997 erschienen T509 bekam sie ihre noch heute markantesten Erkennungsmerkmale. Die typischen Doppelscheinwerfer an der Frontpartie sowie die ebenso typische Einarmschwinge am Heck.

Die beiden Augen änderten über die Jahre ihre rundliche Form und nahmen eine moderne elliptische Gestalt an, die mit erscheinen des Modelljahres 2016 um ein schickes Tagfahrlicht erweitert wurde. Auf diese Art möchte Triumph mit kleinen Veränderungen und Optimierungen den Absatz weiterhin auf einem guten Niveau halten, ohne dabei zu stark in die Eigenständigkeit des Modelles einzugreifen.

Triumph Speed Triple 2016 SW HecktascheGegenüber der Vorjahres-Speedy sind über 100 Bauteile im sowie um den Motor und das Chassis herum erneuert worden. Außerdem hob man den Zehnfuffziger abgas- und geräuschtechnisch auf die anstehende Euro 4 Norm. Damit stehen im Modelljahr 2016 satte 140 PS mit nicht weniger dicken 112 Nm Drehmoment für den Speedpiloten parat. Das genialste dabei ist, dass dieser Leistungszuwachs über das komplette Drehzahlband spürbar verteilt wurde. Damit hat Hinckley es geschafft, gerade im oft genutzten Bereich zwischen 4.000 und 7.000 Umdrehungen noch einmal ordentlich etwas an Power aufzusatteln. Angesteuert wird das Ganze natürlich über einen modernen „ride-by-wire“ Gasgriff, der fünf unterschiedlichen Fahrmodi ermöglicht. Damit diese Leistung optimal auf der Straße ankommt helfen zum einen die werksseitig montierten Pirelli Diablo Supercorsa, zum anderen eine mehrstufig einstellbare Traktionskontrolle und eine neue Anti-Hopping-Kupplung.

Triumph Speed Triple 2016 auf ReisenZu Beginn ihrer Karriere, wie bereits oben erwähnt leistungstechnisch noch ganz vorne mit dabei, könnte sich der eine oder andere jetzt an den „NUR“ 140 PS aufhängen. Denn mittlerweile haben die nackten Versionen einiger Mitbewerber zum Teil zwischen 160 und 180 PS zu bieten. Diese Skepsis ist jedoch unangebracht und vergeht sehr schnell, wenn man einmal die Chance nutzt, aufzusteigen und loszufahren.

Das Aggregat geht nach dem Start feinfühlig eins zu eins ans Gas, ja man könnte fast meinen, dass die rechte Hand mit dem Griff verwachsen ist. Ob im Stadtverkehr oder im Kurven-Dschungel der Landstraße, stets überzeugt der Triple mit geschmeidiger Laufkultur, sauberer Gasannahme und nur ganz geringen Lastwechseln zwischen 3000 und 3500 Umdrehungen. In jeder Lebenslage ist satter Vortrieb vorhanden, ohne unkontrollierte Leistungssprünge, die den Fahrer überraschen und überdurchschnittlich stressen könnten. All das wird durch den markant, zum Teil rotzigen, dreizylindrigen Sound untermalt, der selbst mit der immer noch schick, hochverlegten Serienanlage in keinster Weise schmalbrüstig klingt. Sollte einem das nicht genügen, wird man mit den Arrows aus dem Triumph Zubehör, oder anderen Alternativen des Aftermarket sicherlich glücklich.
Doch zurück zum eigentlichen Fahren. Fünf Fahrmodi: Rain, Road, Sport, Track und Rider in Verbindung mit drei Mappings stehen zur Verfügung. Bei keinem wird die Leistung des Motors kastriert, sondern lediglich das Ansprechverhalten geändert. Bei den beiden Letztgenannten können zudem individuelle Einstellungen vorgenommen werden wie z.B. das Abschalten der Traktionskontrolle oder des ABS. Triumph hat es zur eigenen Sicherheit aber so eingerichtet, dass der Bordcomputer diese Einstellungen bei jedem Neustart wieder zurücksetzt. Safety First eben.

Triumph Speed Triple 2016 Armatur linksDer Wechsel der einzelnen Mods findet via Taster an der linken Lenkerarmatur statt und wird während der Fahrt durch Drücken desselben, das Wegnehmen des Gases, bei gleichzeitigem Ziehen der Kupplung aktiviert. Klingt kompliziert, ist es aber nicht. Auf diese Art kann problemlos je nach Lust und Laune des Fahrers der Modus angepasst werden, wobei der Sportmodus auf der Straße eindeutig überwiegt. Das freche Verhalten des Motors hier passt einfach zur Speed Triple, wie die Faust aufs Auge. Ich konnte bei einer mehrtägigen Testtour durch Frankenreichs Süden (siehe ab Seite 24 in diesem Kradblatt) diese Funktion intensiv testen und habe sie zu schätzen gelernt. Wetterbedingt wurden wir mit allem konfrontiert, was die Natur so zu bieten hat, sodass auch der Rainmodus sein Können des öfteren zeigen durfte. Die Abstimmungen bringen sehr viel Vertrauen.

Wer gut fährt sollte auch gut bremsen können, eine Disziplin, die die Engländerin bedingt durch ihre ABS unterstützten Brembo Monoblockzangen, präzise und super feinfühlig meistert. Auch auf den zum Teil nassen Passstraßen lies diese Kombination keinerlei Wünsche offen und vermittelte eines ganz besonders: Sicherheit.

Triumph Speed Triple 2016 BremboEbenso gut wie die Bremsen arbeitet das knackig abgestufte 6 Gang Getriebe, das mit sauber einrastenden, geschmeidig zu schaltenden Gängen überzeugt. Einen mittlerweile oft angebotenen Schalt­assistenten bieten weder die S noch die R Version serienmäßig, man vermisst ihn aber auch nicht. So gesehen sieht und spürt man von der Elektronik an Bord dieses Motorrades im normalen Betrieb sehr wenig, was einem erfreulich viele Freiheiten als Fahrer lässt. Immer mit dem guten Gefühl im Hinterkopf, dass die Helferlein in brenzligen Situationen für einen da sind und unterstützend eingreifen.

Zur messerscharfen Präzision der Maschine trägt der stabile, schön geschweißte Aluminium Doppelschleifenrahmen mit seinem massiven Lenkkopf und seiner knackigen Geometrie seinen Teil bei. Er ist auch am fahrfertigen Gewicht von nur rund 214 kg und einer möglichen Zuladung von noch einmal 200 kg maßgeblich beteiligt.

Triumph Speed Triple 2016 LED LichtBei den Federelementen liegt der Unterschied am Buchstaben der Speed Triple, die vor einem steht. Die Schwester R wartet mit edlem Schwedengold von Öhlins auf, während meine Testmaschine, die Schwester S, auf voll einstellbaren Showa-Elementen daherkommt. Wie man sich entscheidet hängt vom eigenen Geldbeutel ab und ob einem die goldigen Sachen plus ein paar weitere Goodies 1700 Euro mehr wert sind. In Frankreich jedenfalls war ich mit dem Showa Arrangement wirklich sehr zufrieden.

Beim ersten Aufsitzen auf die Neue fallen dem Fahrer auch die Veränderungen an Tank und Sitzbank auf. Dadurch ist die Sitzposition noch direkter über dem Vorderrad als früher arrangiert. Da der Tank jetzt flacher und ergonomisch besser geformt ist, wurden auch der Knieschluss und das Gefühl für das Bike besser. Er fasst nun 15,5 Liter Sprit was bei einem angenommenen Verbrauch von 5,4 Litern (laut Triumph) für gut und gerne 280 km Distanz reicht.

Der bequeme aber straff gepolsterte Sitz bringt dem Fahrer durch seine Verschmälerung (ca. 20 mm) mehr Standfestigkeit auf dem Boden. Die Sozia sollte allerdings bei der Größe des hinteren Sitzbrötchens bei langen Touren leidensfähig und durch die hohen Endtöpfe feuerfest sein.

Triumph Speed Triple 2016 CockpitDa der Radstand kurz und die Power der Maschine stark ist, lässt sich eine gewisse Wheelie-Neigung auch weiterhin nicht ganz vermeiden. Die Traktionskontrolle greift dabei aber immer sanft ein um die Situation zu entschärfen. Beim flotten Ritt auf den kleinen, zum Teil holprigen Straßen durch die Drôme-Region ist man mit dem Triple jedenfalls immer souverän, sportlich und sehr komfortabel unterwegs.

Damit man dabei den Verkehr hinter sich nicht aus den Augen verliert haben die Engländer am Ende des gut in der Hand liegenden Lenkers stets stabile, schicke Spiegel montiert. Durch diese weit außen liegende Position ist der Rückblick fast vollkommen störungsfrei von Ellenbogen und Kleidung.

Triumph Speed Triple 2016 heckEbenso störungsfrei im Übrigen wie das vor mir, nun hinter dem serienmäßig verbauten Fly-Screen, montierte Cockpit. Es ist noch immer zweigeteilt, bestehend aus einem analogen Drehzahlmesser sowie einem digitalen Tacho mit allerlei netten Zusatzfunktionen. Tankanzeige, Temperaturanzeige, Tripzähler und Uhrzeit sind in dieser Motorradklasse mittlerweile State of the Art. Die Ganganzeige, der Laptimer und die fünf blauen LEDs zum Anzeigen des programmierbaren Schaltpunktes, für das ggf. verbrauchsfreundliche Fahren sind zudem eine nützliche Ergänzung.

Und wo wir schon mal bei bunten Farben sind! In der S Version ist die Speedy in zwei Farbtönen zu bekommen. Diablo Red – besseres Rot gibt es in Italien auch nicht – und Phantom Black für die Dunkelliebhaber unter uns. Im Gegensatz dazu kommt die wertigere R Variante mit rotem Rahmen und diversen Carbon-Teilen, in Verbindung mit der Matt Graphite Lackierung oder in Crystal White daher. Designtechnisch bleibt beiden die tiefer montierte, kompakter wirkende Frontpartie gemein, welche den Look, gegenüber den Vorgängern, eindeutig sportlicher wirken lässt und ihre Eigenständigkeit auf dem Markt wieder einmal hervorhebt.

Mein ganz persönliches Fazit nach 3000 km Fahrstrecke mit ihr fällt jedenfalls positiv aus. Denn selbst wenn es auf den ersten Blick nicht danach aussieht, lässt sich mit der Speedy richtig gut touren. Aber auch ein wenig Macho passt eben immer noch sehr gut zu ihr, obschon sie heute erwachsener wirkt und mehr als Gentleman dieser Klasse auftritt. Die Allüren und das Posen hat sie mittlerweile anderen am Markt überlassen. Traurig und schade ist das nicht, bekommt man doch mit ihr ein ausgereiftes, fahraktives und immer noch sehr attraktives Motorrad.

Angemerkt sei noch, dass mir nach der rund 850 km langen Heimfahrt an einem Stück, das Absteigen leicht fiel. Durch den relativ entspannten Kniewinkel gab es zudem rund um die Beine nichts zu meckern. Einzig mein Hintern meinte sich in den folgenden Tagen etwas melden zu müssen, wobei ich überzeugt bin, dass er das bei jeder anderen Maschine dieser Klasse und nach solch einer Strecke auch getan hätte.

Für 12.500 Euro steht also die Speed Triple S beim Händler und wartet auf ihren Liebhaber. Die R Variante gibt es für 14.200 Euro und auch sie erwartet ihren heißblütigen Käufer. Tolle Bikes sind es beide …