Alles – außer ganz nett!

aus Kradblatt 11/24, Text: Jens Riedel / cen,
Fotos: Autoren-Union Mobilität / Triumph

Nach wie vor darf Triumph für sich in Anspruch nehmen, mit der Rocket 3 das hubraumstärkste Serienmotorrad der Welt zu bauen. Und unter 660 Kubik ging bei den Briten zuletzt nichts. Das hat sich seit diesem Jahr geändert. Für viele überraschend beginnt der Markeneinstieg jetzt mit einem Zylinder und 400 Kubikzentimetern Hubraum. Die Speed 400 orientiert sich dabei ganz an der „Modern Classic“-Philosophie ihrer großen Schwestern mit 900 und 1200 ccm. 

Wenig Hubraum und trotzdem (oder deshalb?) viel Spaß
Wenig Hubraum und trotzdem (oder deshalb?) viel Spaß

Immerhin jedes siebte Kraftrad, das in diesem Jahr hierzulande neu zugelassen wurde, gehört laut Branchenverband IVM in die Hubraumklasse von 250 bis 499 Kubikzentimetern. In Summe waren das laut der letzten, zu Druckschluss dieser Ausgabe verfügbaren Statistik des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) von Januar bis August 2024 beachtliche 26.791 Stück. 

Die 400er wirkt erwachsen
Die 400er wirkt erwachsen

Die untere Mittelklasse hat in den vergangenen Jahren an Modellvielfalt deutlich zugelegt und mit der kleinsten Speed spricht Triumph hier nun auch Fahrer und Fahrerinnen an, bei denen eine Maschine wie die Blaupause eines traditionellen Motorrads aussehen muss und nicht einzylindrig genug sein kann.

Optisch lehnt sich die 400er nahezu eins zu eins an die Speed Twin 900 und Speed Twin 1200 an. Herausgekommen ist wieder eine Schönheit mit Liebe zum Detail, wie den beiden Gittern vor dem Luftfilter, dem angedeuteten Union Jack auf dem (Metall-)Tank oder den silber abgesetzten Kühlrippen. Dazu kommt ein großzügig dimensionierter schwarzer und pulverbeschichteter Motor- und Getriebeblock, der nach weit mehr als nach einer 400er aussieht. 

Die Flüssigkeitskühlung haben die Designer recht gut kaschiert und für den hohen und schmal bauenden Grill gibt es im Zubehör auch noch eine schicke Schutzabdeckung. Apropos Zubehör: Die ursprünglich dort angesiedelten Lenkerendenspiegel hat Triumph als Standardausrüstung übernommen. 

Hierzulande zeigt die große Skala natürlich die km/h an
Hierzulande zeigt die große Skala natürlich die km/h an

Bei dem Einzylinder handelt es sich um eine komplette Neuentwicklung. Er holt aus 398 Kubikzentimetern 40 PS bei 8.000 Umdrehungen in der Minute und ein maximales Drehmoment von knapp 38 Newtonmetern, das bei 6.500 Touren anliegt. Das ist Best in Class und gilt auch für den Auspuffsound, den Triumph zu Recht mit den Attributen „satt“ und „unverwechselbar“ bewirbt. 

29,4 kW / 40 PS bei 8000 U/min aus genau 398 ccm
29,4 kW / 40 PS bei 8000 U/min aus genau 398 ccm

Bis 6.000 Umdrehungen und 110 km/h läuft das Triebwerk der Speed 400 für einen Einzylinder erstaunlich weich. Die Leistungsabgabe erfolgt linear und erst ab etwa 6.500 Touren und 120 km/h machen sich leichte Vibrationen bemerkbar. Die Autobahnrichtgeschwindigkeit ist bei 7.000 Touren erreicht. Die offiziell angegebene Höchstgeschwindigkeit von 143 km/h übersetzt sich auf dem analog anzeigenden Tacho in Tempo 160 bei 8.000 U/min, das fast immer zu erreichen ist, ohne dass der Motor gequält wirkt. In den unteren Gängen setzt der Begrenzer bei 9.000 Umdrehungen den Schlussstrich, obwohl die Skala des Drehzahlmessers noch ordentlich Luft nach oben bietet und keinerlei kritischen Bereich anzeigt. Die Darstellung der Drehzahl im rechtsseitigen LCD-Display hätte aber gerne etwas größer ausfallen können. Nicht einmal die ohnehin nur vorhandenen 500er-Sprünge lassen sich klar ablesen. Man schaltet also besser nach Gehör bzw. Gefühl.

Das Lob für den tollen Motor gilt auch für die Ausstattung und den Bedienkomfort. So rollt die Speed 400 unter anderem mit einer serienmäßigen (und abschaltbaren) Traktionskontrolle und einem USB-C-Anschluss am Cockpit vom Hof. 

Das Getriebe wechselt butterweich die Gänge und beide Bremsen überzeugen mit klaren Druckpunkten. Eine Ganganzeige informiert über die gewählte Stufe. Die drehmomentunterstützte Kupplung reduziert den Kraftaufwand zur Betätigung des Hebels und verhindert ein Blockieren des Hinterrades beim harten Runterschalten.

Der hintere Stopper spricht wunderbar früh an und die vordere Zweikolben-Radialbremse zählt zur „Ein Finger“-Fraktion. Stahlflex-Bremsleitungen unterstreichen die gute Ausstattung. Das ABS stammt – wie auch das Motormanagement– von Bosch.

Die kleine Triumph lenkt leicht ein, lässt sich punktgenau dirigieren, hält sauber die Linie und ist klassengemäß besonders handlich. Der Fahrer-Bereich der Sitzbank ist großzügig bemessen und erlaubt entsprechend verschiedene Positionen bis hin zur klaren Vorderrad­orientierung. 

Die Federung ist eher straff ausgelegt, ohne dass dies auf Kosten des Komforts ginge. Vorne arbeitet eine 43-Millimeter-Upside­-Down-Big-Piston-Gabel mit 140 mm Federweg, die auch für eine Besonderheit am Tank sorgt. Er ist vorne beidseitig rundlich eingeschnitten, um Platz für einen angenehm weiten Lenkeinschlag zu machen. Am Zentralfederbein mit externem Ausgleichsbehälter beträgt der Federweg 130 mm, die Federvorspannung ist einstellbar.

Nicht nur als Zweitmoped eine gute Wahl
Nicht nur als Zweitmoped eine gute Wahl

Unterwegs jagte uns die Speed allerdings einen kleinen Schrecken ein: Die angezeigte Restreichweite von 80 Kilometern verwandelte sich plötzlich mitten auf der Autobahn in null resp. drei digitale Striche. Auch die letzten beiden Balken der Tankanzeige verschwanden von jetzt auf gleich. Wenig später standen dann zum Glück auf einmal wieder ein paar Kilometer auf dem Display, die zwischen 1,0 und 12,6 hin- und herpendelten. Mit Ach und Krach schaffte es die Triumph dann in die Redaktionsgarage und am nächsten Tag auch noch die paar 100 Meter bis zur örtlichen Tankstelle. Ob es sich bei der sprunghaften Anzeige um einen Einzelfall handelt, ist nicht bekannt. Der Bordcomputer meldete übrigens genügsame Verbräuche von 3,8 und 4,0 Litern, bei einer Tankfüllung kamen wir nach langer Autobahnfahrt sogar auf nur 3,7 Liter Durchschnittsverbrauch. 

Mit der 400er hat Triumph sein „Speed“-Konzept auf überzeugende Weise nun auch in der unteren Mittelklasse umgesetzt. Und das zu einem ebenfalls überzeugenden Preis: 5.595 Euro plus Nebenkosten rufen die Triumph-Vertragshändler auf. Diverses hübsche und/oder praktische Zubehör kann ab Werk geordert werden.

Bleibt am Ende noch die Frage, ob es neben der Speed und der bedingt offroadtauglichen Scrambler-Variante 400 X (6.295 € zzgl. NK) eines Tages auch noch eine kleine Thruxton geben wird. Die Speed würde sich sicher auch gut als Café Racer machen. Tankpads gibt es ja immerhin schon im Zubehörprogramm … 

Daten Triumph Speed 400 

  • Motor: Einzylinder, 398 ccm, flüssigkeitsgekühlt
  • Leistung: 29,4 kW / 40 PS bei 8000 U/min
  • Max. Drehmoment: 37,5 Nm bei 6500 U/min 
  • Höchstgeschwindikeit: 143 km/h
  • Beschleunigung 0-100 km/h: k.A.
  • Getriebe: sechs Gänge
  • Antrieb: Kette 
  • Tankinhalt: 13 Liter
  • Sitzhöhe: 790 mm
  • Gewicht: 170 kg (fahrbereit)
  • Normverbrauch: 3,5 l/100 km
  • Testverbrauch: 3,7–4,0 Liter
  • CO2-Emissionen: 83,8 g/km
  • Bereifung: 110/70 R17 (v.),  150/60 R17 (h.)
  • Preis: 5345 Euro (+ NK)
Die kleine Triumph gibts auch als Scrambler 400 X
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