aus Kradblatt 2/24 von Ralf Bielefeld, www.Auto-Medienportal.net

Zweieiige Zwillinge

Triumph Scrambler 1200 X (grau) und XE (rot)
Triumph Scrambler 1200 X (grau) und XE (rot)

Scrambler sind angesagt und haben bei Triumph bekanntlich Tradition. 2024 erschließt sich ein neuer Kundenkreis für die 1200er …

870 Millimeter Sitzhöhe sind schon eine Ansage bei einem Motorrad. Und selbst 840 Millimeter sind nicht ohne, wenn man nicht gerade mit Modelstelzen oder Basketballerbeinen durchs Leben flaniert. Viele potenzielle Käufer und Käuferinnen der seit 2019 erhältlichen Triumph Scrambler 1200 XE oder der ihr bislang zur Seite gestellten 1200 XC haben daher kurz vor der sich anbahnenden Unterzeichnung des Kaufvertrages entschieden: Sorry, Beauty, aus uns beiden wird leider doch nix – du bist toll, aber leider zu hoch für mich.

Die technisch aufwändigere 1200 XE
Die technisch aufwändigere 1200 XE

Als Händler blutet dir in solchen Momenten natürlich das Herz. Also sprichst du mit dem Hersteller und regst an: Arbeitet daran! Gesagt, getan: Brit-Bike-Hersteller Triumph hat laut eigenem Bekunden auf seine Dealer und Kunden gehört und schickt seine saucoole Scrambler 1200 pünktlich zum Modelljahr 2024 als straßenoriente(re) 1200 X und wie gehabt als „hochbeinige“ Offroad-Variante 1200 XE ins Rennen um die Käufergunst. Das Beste daran: Beide werden günstiger. Im Falle der neuen 1200 X (ab 13.795 Euro) sind es satte 850 Euro im Vergleich zum Vorgängermodell, bei der 1200 XE (ab 15.295 Euro) immerhin 400 Euro.

Niedriger und günstiger, die 1200 X
Niedriger und günstiger, die 1200 X

170 Millimeter Federweg vorn und hinten, 820 Millimeter Sitzhöhe – die neue 1200 X wirkt zugänglich wie eine Roadster. Mit Zubehörsitzbank sinkt der Abstand zwischen Hinterteil und Asphalt sogar auf 795 mm. Fast könnte man die 1200 X jetzt für eine leicht gepimpte Version der klassischen Triumph Bonneville T120 halten, die ja ohnehin ihre direkte Verwandte ist. Dort wie hier schwingt man das Bein als mittelgroßer Mensch einfach über die formidable Sitzbank, beide Füße erreichen problemlos den Boden. Schon beim ersten Platznehmen ist klar: Die neue 1200 X mag Asphalt – bei aller Kraxler-Attitüde – lieber als Schotter. 

Fahrspaß auf der Landstraße
Fahrspaß auf der Landstraße

Ganz anders tritt die modellgepflegte 1200 XE auf, mit ihren gewaltigen Federwegen (250 mm) und nach wie vor 870 mm Sitzhöhe: Wer dort als rund 1,80 Meter messender Durchschnittsgroßer auf die schmale Sitzbank gelangen will, sollte tunlichst die Fußraste als Stufe benutzen. Und dann heißt es: gut austarieren! Was gar nicht so einfach ist, wenn maximal die Zehenspitzen den Boden berühren. Großgewachsene Motorradfahrer sind auf der Triumph Scrambler 1200 XE hingegen bestens aufgehoben. Sie ist wunderbar ausbalanciert, bietet trotz der schlanken Statur reichlich Komfort – und lässt auch Zwei-Meter-Hünen elegant Platz finden.

Das sogenannte Fahrerdreieck – der Abstand zwischen Lenker, Sitzbank und Fußrasten – ist ergonomisch perfekt gestaltet und lässt sich bei Bedarf nachjustieren, zum Beispiel per Lenkerneigung. Längeren Ausflügen ins Gelände oder ausgiebigen Reisen steht also nichts im Wege auf der großen Triumph Scrambler. Die maximale Zuladung beträgt stattliche 210 Kilogramm – mehr als genug für Gepäck plus Sozius.

Höhenvergleich – links die X. Die XE erkennt man auch an der goldenen Gabel
Höhenvergleich – links die X. Die XE erkennt man auch an der goldenen Gabel

Der bewährte 1,2-Liter-Twinmotor – Triumph setzt ihn in diversen Modellen seiner „Modern Classics“-Familie ein – baut in den 1200er-Scramblern früh Druck auf. Das maximale Drehmoment liegt jetzt 250 Nm früher an (110 Nm bei 4.250 Touren), gleiches gilt für die Leistung (90 PS bei nun 7.000 Touren). Auch am Verbrauch hat Triumph gedreht: 4,4 l/100 km sind es jetzt laut Datenblatt, macht immerhin 0,2 Liter weniger als beim Vorgängermodell. Rein rechnerisch ergibt sich eine Reichweite von rund 340 km ohne Tankstopp. 

Cockpit der Scrambler 1200 XE
Cockpit der Scrambler 1200 XE

Bis circa 120 km/h meint es der Fahrtwind gut mit der Person am Lenker. Erst ab 130 km/h drückt er bei der komplett unverkleideten Scrambler merklich gegen die Brust und lässt die Windgeräusche am Helm anschwellen. Auf Wunsch fängt ein transparenter Tourenwindschild den Fahrtwind in Teilen ab und bietet zudem Schutz vor Wetterkapriolen. Im Stadtverkehr macht sich relativ schnell der hochgelegte Auspuff bemerkbar. Triumph versichert, die Wärmeableitung der stilprägenden Abgasanlage erneut verbessert zu haben. Gleichwohl strahlt der lässige, fast auf Sitzbankhöhe verlaufende Auspuff natürlich ordentlich Hitze ab – und zwingt den Fahrer nach wie vor dazu, das rechte Bein beim Fahren etwas abzuwinkeln. Aber nun: Diese bauartbedingte Eigenart nehmen Scrambler-Fahrer gern in Kauf. 

Offroad können beide im Scrambler-Rahmen
Offroad können beide im Scrambler-Rahmen

Die technischen Komponenten des 1200er-Duos hat Triumph weitgehend vereinheitlicht. Vorn und hinten beispielsweise haben jetzt beide Modelle Federelemente von Marzocchi. Das Vorderrad führt eine Upside-down-Gabel (USD) mit 45 mm Gabelrohrdurchmesser. Beim Offroadkracher 1200 XE ist sie wie die Hinterradfederung voll einstellbar, bei der Straßenvariante 1200 X nicht. In beiden Fällen macht die italienische USD-Gabel ihre Arbeit sehr gut. Auch hinten kommen jetzt unisono Federbeine von Marzocchi zum Einsatz, im Falle der 1200 X mit einstellbarer Vorspannung. Bei den Bremsen setzt die Straßen-Scrambler komplett auf Nissin, die 1200 XE hat vorn eine Superbike-Bremse von Brembo.  

Originalzubehör gibt es reichlich
Originalzubehör gibt es reichlich

Beide Bikes verfügen jetzt über eine 6-Achsen-Sensormesseinheit (IMU) von Bosch, die schräglagenabhängig das Zusammenspiel von Traktionskontrolle, ABS und den bis zu sechs Fahrprogrammen orches­triert; bislang war dieses State of  the Art Feature der XE vorbehalten. Das Urvertrauen ins Bike, das sich ohnehin schnell einstellt auf der Triumph Scrambler, wird dadurch noch gesteigert. Die Präzision, mit der sich das 21-Zoll-Vorderrad durch Kurven zirkeln lässt, beeindruckt. 

Erheblichen Anteil daran – neben dem ausgezeichneten Fahrwerk – haben die komfortable, aufrechte Sitzposition und der angenehm breite Lenker. Bei der XE misst er stattliche 905 mm, bei der 1200 X ist er rund sieben Zentimeter schmaler. Auch das Rundinstrument und die Bedienelemente fallen hier eine Nummer kleiner aus. Fahrspaß und Coolness-Faktor sind dafür identisch. Im Januar 2024 kommen die Bikes in jeweils drei Farben zu den Händlern – mit neuen, kleineren Blinkern, schmalerem Rücklicht, Voll-LED-Beleuchtung und smarter Navigation. 

Infobox: Triumph Scrambler 1200 X / XE

  • Motor: Zweizylinder-Reihenmotor, flüssigkeitsgekühlt, 1200 ccm 
  • Leistung: 66 kW / 90 PS bei 7000 U/min
  • Max. Drehmoment: 110 Nm bei 4250 U/min 
  • Höchstgeschwindigkeit: 176 km/h
  • Getriebe: 6-Gang
  • Antrieb: X-Ring-Kette 
  • Bremse vorne: 2x 310 mm Scheiben, Nissin 2-Kolben-Bremssättel, axial (X);
    2x 320 mm Scheiben, Brembo 4-Kolben-Monoblock-Bremssättel, radial (XE)
  • Tankinhalt: 15 Liter
  • Sitzhöhe: 820 mm (X);  870 mm (XE)
  • Gewicht fahrbereit: 228 kg (X);  230 kg (XE)
  • Normverbrauch: 4,4 l/100 km
  • CO2-Emissionen: 102 g/km
  • Testverbrauch: 4,5 l/100 km
  • Bereifung: 90/90-21 (v.), 150/70-17 (h.)
  • Preis: ab 13.795 € (X); ab 15.295 € (XE), jeweils zzgl. NK

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