aus Kradblatt 9/18
von Marcus Lacroix
Motorrad-Trial macht richtig Spaß
Trial? Das sind doch diese durchgeknallten Typen, die in Stadthallen in schwindelerregender Höhe über irgendwelche Hindernisse klettern und dabei mehr stehen als fahren. Alternativ sind Trialer alte Herren, die mit Oldtimer-Motorrädern bei Klassik-Veranstaltungen entspannt um Bäume herumkurven. Zumindest der Teil sieht recht gemütlich aus. Aber als „normaler“ Motorradfahrer hat man zum Trialsport für gewöhnlich eher keinen Kontakt.
„Aber egal, immerhin sind Räder dran und einen Motor haben die auch – kann so schlecht nicht sein“, dachte ich mir, als mich Anke vom HoopePark in Wulsbüttel (toller Offroad-Park, liegt zwischen Bremen und Bremerhaven) Anfang Juli zu einem Trial-Training für Einsteiger einlud.
Vorwissen braucht man für den Kurs quasi nicht. Ok, Kupplung und Bremse am Motorrad sollte man kennen und auch bedienen können, das war’s aber auch schon. Feste Endurostiefel sind nötig, die kann man ggf. mieten, ein Jethelm reicht und leichte Handschuhe sind empfehlenswert. Sonstige Schutzausrüstung ist nicht zwingend notwendig.
Los ging es an einem Samstagmorgen um 9 Uhr. Werner Corßen, ruhiger Typ, graue Haare, Bj. 1956 stellte sich uns als Trainer vor. Seine arg gebrauchte Yamaha aus den 1970er Jahren fährt er auch im Klassik-Trial. Für uns drei „Lehrlinge“ standen moderne 300er Beta bereit. Coole Teile, Gewicht irgendwas bei schlappen 70 kg, laufruhige + drehmomentstarke 2-Takt-Motoren, die erstaunlich geruchsarm waren. Da fühlt man sich gleich wie ein Profi. Werner war 2014 Deutscher Meister in der Oldie-Klasse „Pre Unit“ – das ließ aufhorchen.
Nach etwas einführender Therorie (wir waren eher heiß aufs Fahren) und ein paar Trockenübungen ging es dann alsbald los.
Da wir alle drei schon Offroad gefahren sind, passte Werner das Schulungstempo und die Übungen flexibel unseren Wünschen an. Nach ein paar Grundfahrübungen standen wir dann vor dem ersten Hang. Mit der Enduro wäre man locker raufgeknallt, doch hier setzt das Umdenken zum Trialsport an. Alles geht langsam vonstatten, Geschicklichkeit ist gefragt. Klar, schließlich gibt es in einem Wettbewerb beim Fuß-Absetzen oder dem Verlassen eines vorgegebenen Weges Strafpunkte. Das klingt locker, erforderte aber viel Konzentration und Bewegung auf dem Bike. Im Schritttempo den Hang hinauf, beim Runterfahren im Hang stoppen und gar noch abbiegen – wir schwitzen um die Wette.
Nun geht es beim Trial aber selten nur gerade rauf oder runter. Wir übten das parallele Fahren am Hang, wobei entgegen dem, was der Kopf einem sagt, die hangabwärts liegende Fußraste voll belastet wird. Wir zirkelten um Bäume und durch Mulden, immer einen Finger an Kupplung und Bremse. Von den sechs Gängen der Beta brauchten wir maximal zwei. Passt mal was gar nicht, kann man das robuste Bike einfach fallen lassen. Zwar holte ich mir einen blauen Fleck, der war aber gleich zu Anfang meinem Übermut geschuldet – also Schwamm drüber.
Ambitionierter war dann schon das Kraxeln über Hindernisse. Kleine Baumstämme sind kein Problem, bei der Betonröhre tat ich mich schon schwerer als meine Kollegen. Macht aber nichts, jeder fährt in seinem Wohlfühlbereich und wird gut geführt und angeleitet.
Maximal sechs Teilnehmer schulen die Instruktoren lt. Werner in einer Gruppe. Wichtig ist es daher, bei der Anmeldung das eigene Fahrkönnen ehrlich anzugeben. Alle Teilnehmer sollen schließlich etwas lernen und ihren Spaß haben.
Nach der Mittagspause, die für die leisen Trialer im HoopePark nur eine Stunde statt derer zwei dauert, verfestigten wir unsere Grundlagenkenntnisse. Die Kreise um die Bäume wurden immer enger, die Ansprüche (auch an uns selbst) höher. Aus der Kurve in die Steigung, oben gleich wieder rechtwinklig abbiegen und retour – wir kamen voll auf unsere Kosten, waren ständig in Bewegung. Werner korrigierte, gab Tipps oder mit seiner Yamaha auch mal Linien vor. Den Klassik-Trialer durften wir dann auch fahren. Während der Motor echt schön lief, waren die über 40 Jahre alte Bremse und Kupplung im Vergleich zu den modernen Betas der pure Alptraum.
Um 16.15 Uhr war Werner mit seinem offiziellen Programm durch. Wir hätten noch weiterfahren können, waren körperlich und mental aber doch in einem Bereich, wo wir lieber einen Schlussstrich zogen. Übermut tut schließlich selten gut (s.o.) …
Der Hang, der uns am Anfang des Tages noch ein Stirnrunzeln und etwas Mut kostete, fuhr sich zum Ende übrigens so, als ob wir nie etwas anderes gemacht hätten. Alles eine Frage der Technik und der Übung.
Fazit: 1. Trial (auch „nur“ um Bäume zu kurven) ist deutlich anspruchsvoller als gedacht! 2. NIEMALS wieder werde ich Klassik-Trial als gemütliche Altherrenveranstaltung betrachten! 3. Ich kann jedem Motorradfahrer – egal ob Straße oder Gelände –
nur empfehlen, sich mal so einen Trial-Kurs zu gönnen. Das Körpergefühl wird geschärft und das hilft auch reinen Straßenfahrern. Schiss vor losem Untergrund verliert man außerdem auch. 4. Meine Mitstreiter haben sich zum Fortgeschrittenenkurs angemeldet, ich werde lieber den Einsteigerkurs noch mal machen. Der hat mir nämlich wirklich viel Spaß gemacht!
Im Lehrgangspreis von fairen 149 € für den ganzen Tag ist neben der Maschine auch das Mittagessen enthalten. Eine spaßige Sache ist es sicher auch, wenn man zusammen mit ein paar Freunden einen Termin bucht. Und als Geschenk eignet sich so ein Training sowieso sehr gut.
Mehr Infos zu Terminen (siehe auch Seite 44) und Buchungen gibt es beim HoopePark unter Telefon 04795-954820, www.hoopepark.de. Werners Website findet man unter www.trial-training.jimdo.com.
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