bzw. was bringt die Gleitfunkenkerze im BMW-4V-Boxer

aus bma 01/03
von Marcus Lacroix

Brisk Gleitfunkenkerze „Die meisten BMW-Fahrer wissen gar nicht, wie gut der neue 4V-Boxer laufen könnte!” Harte Worte, die mir im Gespräch mit Matthias Krist vom Brisk-Team-Deutschland durch den Telefonhörer ins Ohr dringen. Dabei hatte es eigentlich ganz harmlos angefangen. Beim stundenlangen Stöbern im Internet aus privatem Interesse – Flatrate, DSL und meiner „neuen” gebrauchten BMW R 1100 R sei Dank – stieß ich in Boxer-Foren und auf privaten Webseiten immer wieder auf das KFR-Problem vieler BMW-Fahrer, über das teils heftig diskutiert wurde.
KFR? Ok, für den Laien eine kurze Einführung: KFR steht für Konstantfahrruckeln, und es handelt sich dabei um ein Symptom, das mit der zunehmenden Verbreitung von Einspritzmotoren und Abgasreduzierungen ins Bewusstsein der Motorradfahrer rückte. Betroffen sind nicht nur BMW-Motorräder, doch tritt das Phänomen hier bauartbbedingt deutlicher auf.
Theoretisch dürfte es das KFR-Problem nicht geben, denn der Boxermotor, der alle 180 Grad zündet und einen perfekten Massenausgleich bietet, müsste vibrationsarm und gleichmäßig arbeiten. In der Praxis sieht das leider oft anders aus. Verschiedene Faktoren, wie ungleichmäßiges Ventilspiel, nicht synchron öffnende Drosselklappen und kerzenbedingte Zündaussetzer verspielen die theoretischen Vorteile des Motors. Das Gemisch wird dadurch speziell bei den 1100/1150er-Aggregaten mit ihren großen Einzelbrennräumen nicht immer zuverlässig gezündet. 

Im Alltagsbetrieb tritt das KFR natürlich nur auf, wenn man auch konstant fährt – d.h. mit gleichbleibender Geschwindigkeit bei gleicher Drehzahl. Vor allem im Stadtverkehr und beim Landstraßenbummeln kann man damit in Kontakt kommen. Provozieren lässt es sich, wenn man konstant mit einer Drehzahl im Bereich von 2000 bis 3500 U/min fährt. Manche Motorräder fangen dabei kräftig an zu ruckeln, andere Exemplare geben einem nur das Gefühl an einem ungleichmäßig ziehenden Gummiband zu hängen. Doch Vorsicht, nicht eventuelle Bodenunebenheiten mit einem Ruckeln des Motors verwechseln – das Rollen mit gezogener Kupplung klärt den Unterschied. Ich besitze übrigens privat nach einer R 1100 GS und einer R 850 R nun meinen dritten 4V-Boxer und habe für den bma verschiedene Modelle probegefahren (www.lacroix-online.de). KFR war dabei für mich nie ein Thema (das am Rande, bevor hier jemand die Flöhe husten hört!).
Jetzt noch ein paar Worte zu Brisk, dann geht es weiter: Der tschechische Zündkerzenspezialist ging aus der Firma Brita hervor, die sich bereits seit 1935 mit der Herstellung von Keramikteilen (wichtig für Zündkerzen) beschäftigte. 1953 startete die Zündkerzenproduktion, 1992 erfolgte die Umfirmierung in Brisk. Brisk ist heute mit über 800 Mitarbeitern einer der größten Lieferanten für Industriekeramik in Europa, Afrika, Amerika und Asien. 1994 entwickelte man die 3-Funken-Elektrode, um die es auch in diesem Artikel geht.
Das Brisk-Team-Deutschland um Matthias Krist betreut den gesamten deutschsprachigen Raum. Das gesteigerte Engagement im BMW-Bereich ergab sich dabei eher nebenbei, denn Brisk ist außerdem im Flugmotorenbereich, bei Kfz und anderen Verbrennungsmotoren aktiv. Matthias Krist ist auch für RMF (www.rmf.de) tätig, die sich im industriell-hydraulischen Bereich als Problemlöser profiliert haben. Das KFR-Problem wurde für ihn, als er darauf stieß, zu einer weiteren Herausforderung und mit dem Brisk-Team begann er die BMW-Szene aufzumischen.
Zurück zur eigentlichen Story: An einem kühlen Novembertag schwang ich mich auf meine Kuh und ritt 500 km von Oldenburg nach Wiesbaden zu Brisk, wo ich gegen Mittag eintraf. 600 km vorher wurde bei der R noch von einem BMW-Vertragshändler die 30.000er Inspektion durchgeführt und sie lief so wie ich es von ihr erwartete – etwas rauer bei 4000 U/min und nur unwesentliches KFR.
Temp.-MessungRennsportmechaniker Eric Erfurth und Matthias Krist nahmen sich den Boxer gleich vor und nach wenigen Sekunden stand fest: der Motor lief nicht synchron. Mit einem berührungsfreien Laser-Thermometer maß Matthias bei laufendem Motor die Krümmertemperaturen, die voneinander abwichen. Die Überprüfung mit dem Tecmate-Motortester, der vom Brisk-Team klar gegenüber dem BMW-Synchrotester favorisiert wird, wies für einen Zylinder ein abweichendes Ventilspiel sowie nicht synchron öffnende Drosselklappen aus. Normalerweise wäre nun eine Neueinstellung nötig, doch wir wollten wissen, ob die Brisk-Zündkerzen auch so einen Einfluss auf den Motor haben. Eric justierte lediglich die Drosselklappen, damit diese beim Gasaufziehen synchron öffnen und schraubte die Brisk-Zündkerzen ein.
Das Resultat war mehr als verblüffend! Brabbelte und schüttelte er sich vorher wie vom 1100er Boxer gewohnt, klang er jetzt einfach „satter”. Der Motor lief bei Standgas deutlich runder und vibrationsärmer. Bei der Probefahrt wurde der Eindruck verstärkt. Der Motor zog aus niedrigeren Drehzahlen kraftvoller durch und produzierte vor allem im Bereich um 4000 U/min weniger Vibrationen als vorher. Zum sanften Vierzylinder wird der 1100er Flattwin natürlich (glücklicherweise) trotzdem nicht, der positive Einfluss der Kerzen war aber unverkennbar.
Doch woran liegt es nun? Legt man die Brisk ZC-Zündkerze neben eine herkömmliche Kerze, fällt sofort die fehlende bügelförmige Masseelektrode auf. Das hat mehrere Vorteile. Der Zündfunke springt zunächst von der Mittelelektrode auf den ersten Ring über. Dabei kann er sich frei (360º) nach der höchsten Gemischkonzentration (= geringster Widerstand) ausrichten und diese entzünden. Der Funke wandert unterdessen weiter vom 1. in den 2. Ring und weiter in das Metallgehäuse. Durch diese dreifache Funken-Kaskade ergibt sich eine längere Zünddauer (im Millisekundenbereich) und das Gemisch wird zuverlässiger entzündet. Dies ist vor allem in niedrigen Drehzahlbereichen spürbar, bei hohen Drehzahlen ist der Gaswechsel zu schnell.
Eine verbesserte Verbrennung hat natürlich weitere Vorteile. Leistung und Drehmoment steigen, man kann früher Schalten und so den Kraftstoffverbrauch reduzieren. Die Abgasemissionen werden reduziert, der Kat lebt länger. Weniger Vibrationen erhöhen die Lebensdauer vieler Bauteile.
Eric Erfurth mit dem TecmateEin Hauch von KFR ließ sich trotzdem noch provozieren. Hier kann man in Härtefällen durch den Austausch des Motronic-Codiersteckers Abhilfe schaffen. In der BMW-Einspritzelektronik (Motronic) sind verschiedene länderspezifische Programme gespeichert, die sich über relaisähnliche, verschiedenfarbige Codierstecker (sie enthalten nur einfache Drahtbrücken) aufrufen lassen. Das Brisk-Team Deutschland hat eine Umschaltbox entwickelt, mit der der Motorradfahrer auf einer Testfahrt das für sein Gefühl richtige Programm aktivieren und den passenden Codierstecker finden kann. Die Veränderung führt allerdings zum Erlöschen der ABE, obwohl keine Leistungssteigerung eintritt.
500 Kilometer später um halb drei morgens war ich wieder in Oldenburg und prüfte tags drauf gleich das Ventilspiel. Links waren alle Ventile um 0,02mm knapper eingestellt als rechts. Das Tecmate hatte also nicht gelogen.
Um den Einfluss auf den Verbrauch besser prüfen zu können, schraubte ich einen Satz Brisk-Zündkerzen in meinen privaten VW-Polo (Mod. 6N, Bj. 96), der fast täglich auf der Strecke Oldenburg – Bremen unter relativ konstanten Bedingungen bewegt wird. In einem ersten Test über 1000 Kilometer ergab sich eine Verbrauchsreduzierung um 6%. Auch beim Polo stieg das Drehmoment bei niedrigen Drehzahlen spürbar an und man kann dadurch früher hochschalten.
Im Gespräch mit Thomas Höfling vom BMW-Vertragshändler hsb aus Aurich (Telefon 04941/9339-0) stellte sich heraus, dass Brisk-Kerzen für ihn nichts neues sind. Auch das Tecmate-Messgerät wird dort eingesetzt. Entgegen der BMW-Vorschriften verwendet hsb Brisk-Kerzen schon seit zwei Jahren auch während der Garantiezeit. Eine Freigabe von BMW gibt es leider (noch) nicht. Thomas Höfling übernimmt aufgrund der sehr guten Erfahrungen mit Brisk in diesem Fall selbst die Verantwortung! Während des hsb-Oktoberfestes fand eine Synchro-Party – wie die Promotionveranstaltungen des Brisk-Teams genannt werden – statt. Rund 120 Motorräder wurden dabei überprüft und eingestellt, wobei sehr viele BMWs aus dem weiteren Umkreis kamen (Hamburg, Hannover, Ruhrgebiet).
Ebenfalls von Brisk als Stützpunkthändler zertifiziert wurde der freie BMW-Spezialist Boxer aus Delmenhorst (Telefon 04221/280290). Tobias Hollwedel weist dabei nicht nur auf die erfolgreiche Brisk-Kur bei den 4-Ventil-Boxern hin, sondern kam auch bei 2-Ventil-Boxern und K-Modellen zu erstaunlichen Ergebnissen. Wichtig ist aber auch hier vor allem die penible Einstellung des Motors. Die Kerzen alleine eignen sich nicht als Universalheilmittel!
Brisk Zündkerzen gibt es nicht nur für BMW-Motorräder, sondern sie wurden auch in verschiedenen Honda-Modellen mit Erfolg getestet. Infos gibt es nicht nur bei den genannten Motorradhändlern, sondern unter www.brisk.de. Interessierte Händler können Schulungen bei Brisk buchen. Ein interessanter Artikel findet sich außerdem unter http://people.freenet.de/holger_wiemann/kfr_sync_r11.htm im Internet.

Per e-mail versuchten wir von Jürgen Stoffregen, dem BMW-Pressesprecher, eine Stellungnahme zum Thema Brisk-Zündkerzen zu bekommen – leider ohne Erfolg. Statt dessen zitieren wir aus einem Interview zum Thema KFR, das die Zeitschrift MO für ihr Sonderheft BMW-Motorräder mit Herrn Stoffregen führte:

MO: „Was ist mit alternativen Zündkerzen? Warum sind beispielsweise die Brisk-Zündkerzen nicht von BMW freigegeben?”
Stoffregen: „Über den Einfluss der Zündkerze wird viel spekuliert. Aus der Theorie lassen sich gewisse, geringe Einflüsse ableiten. Nach unseren Untersuchungen ist der Einfluss des Zündkerzentyps aber vernachlässigbar. Zündkerzen haben darüber hinaus eine Reihe von unterschiedlichen Anforderungen zu erfüllen. Es dürfen deshalb nur die in der Betriebsanleitung empfohlenen BMW freigegebenen Zündkerzen verwendet werden.”

Ein Schelm, wer hier jetzt denkt die neueste BMW-Pressemitteilung über die Einführung einer Doppelzündung für die großen Boxer ab Modell 2003 hätte irgendetwas damit zu tun…

Fahrer-Ausstattung:
1000 km an einem Tag bei Temperaturen von -2 bis 8 Grad Celsius und Geschwindigkeiten von 120 – 150 km/h auf einem Naked Bike? Muss man dafür etwas bescheuert sein? Zugegeben, es hilft, doch wichtiger ist eine gute Ausrüstung, die nicht unerwähnt bleiben soll: handelsübliche Fleece-Thermounterwäsche und eine Halskrause sind obligatorisch. Obendrüber trug ich einen Yoko-GoreTex Zweiteiler und ein Klapphelm erspart das Absetzen beim Tanken. Das wichtigste und überzeugendste Utensil war aber wieder einmal die Heizwäsche von Gerbing! Socken, Hosen- und Jackenfutter sowie Handschuhe werden intern verbunden und über einen Regler an die Fahrzeugelektrik angeklemmt.