aus Kradblatt 1/14
von Jogi / penta-media.de

Frau Reuter präsentiert TEM 01Spannung lag in der Luft, als Moderator „Frau Reuter“ die Erfinder und Konstrukteure der TEM 01 mit ihrem Bike in Bad Salzuflen präsentierte. Völlig geräuschlos und abgasfrei rollte ein ungewöhnlich aussehendes Ungetüm zu seiner Premiere über die Rampe ins Scheinwerferlicht der Show-Bühne der Custombike 2013. Die ersten Kommentare des Publikums waren recht differenziert und lagen zwischen „Das ist ja echt end-geil“ und „Toll was man aus Plastik alles so machen kann“. Dann war ein leises Zischen zu hören. Die Pneumatik des Fahrwerkes entledigte sich seiner überflüssigen Luft und das Bike senkte sich wie von Geisterhand auf seine Bodenplatte in die „Parking-Position“ ab. Schlagartig waren die Diskussionen im Publikum über das futuristische Design beendet. Was mag sich außerdem noch an unerwarteter Technik und Ideen in der fülligen Karosserie verbergen?
Das Team der TEM 01 kam schnell zum Punkt. Ganze 400 elektrische Pferdestärken bei 530 Newtonmeter Drehmoment – und das alles aus dem Stand, also bereits ab 0 Umdrehungen in der Minute! Wenn das keine Kampfansage ist. Schlagartig waren 250 neue Fans unter den Zuschauern geboren.
TEM-01Das Geheimnis liegt in einem speziell weiterentwickelten Elektromotor, der mit einer Effizienz von 95% seine ungeheure Kraft über den beidseitigen Riemenantrieb an das nabenlose Hinterrad abgibt. Eigentlich ist der 280er Hinterreifen etwas zu schmal für diese Urgewalt, witzelte der Konstrukteur aus Slowenien, aber es handele sich schließlich noch um einen Prototypen. Elektronisch werde man die Kraft noch besser zu regeln wissen, bevor es in einigen Monaten mit der TEM 01 in die Kleinserienproduktion gehen soll. Das wird sicher kein Problem sein, denn das Motorrad ist in der Kooperation der beiden Firmen TEM, Profi für Regeltechnik, und der Custom North, Profi für Design und „Built Off“, entstanden. So wundert es auch nicht, dass alle Funktionen über die hinter dem Lenker befindliche zentrale Regeleinheit gesteuert werden, die dem Piloten außerdem über ein alle wichtigen Informationen über ein Display anzeigt.
Das Cockpit geht schöner...Die Karosserie wurde entgegen der ersten Publikumsvermutungen übrigens nicht aus Kunststoff, sondern aus stabilem Stahlblech gefertigt. Den Kräften, die bei 400 PS Motorleistung entstehen, sei es geschuldet. Trotzdem wiegt das fahrfertige Bike „nur“ 300 kg, obwohl es optisch eher nach einem Halb-Tonner aussieht. Gas und Bremse funktionieren über den rechten Griff am Lenker, der in zwei Richtungen drehbar ist. Zum Bremsen wird der Griff einfach in die entgegengesetzte Richtung gedreht. Beim Bremsvorgang kommt es zur Energie-Rückgewinnung, Rekuperation genannt. So konnten bereits mehrfach Reichweiten von bis zu 360 km auf Testfahrten realisiert werden. Die konventionelle, hydraulische Handbremse dient ausschließlich als Rangierhilfe und ist für das Anfahren an Steigungen unverzichtbar. Der linke Handgriff ist frei von zusätzlichen Funktionselementen. Custom North hat sich bemüht das Bike im Design besonders „clean“ zu halten. Freiliegende Kabel sucht man vergebens. Ein Kupplungshebel wird für den durchgängig arbeitenden Elektroantrieb nicht benötigt.
Dass ein Profi für Regeltechnik mit am Werke war bemerkt man auch daran, dass die TEM 01 zur Sicherheit nur nach dem Scannen des Fingerabdruckes in den „Drive-­Modus“ zu schalten ist. Keine schlechte Idee, denn das Bike wird bestimmt auch bei Zeitgenossen mit unlauteren Absichten Begehrlichkeiten wecken.
In Sachen Beleuchtung setzen die Slowenen voll auf LED. Auch die Ambiente-Beleuchtung kam dabei nicht zu kurz.
An der Ladesäule kann der Akku der TEM 01 innerhalb von 30 Minuten wieder auf vollen Ladezustand gebracht werden. Die Ladegeschwindigkeit hängt davon ab, wie viel Energie der Hausanschluss an die Ladesäule abgeben kann. Im ungünstigsten Fall, das wäre eine einfache 220V Versorgung, würde sich die Ladezeit auf immer noch akzeptable fünf Stunden verlängern. Auch Teilaufladungen sind problemlos möglich. Sie führen bei modernen Akkus nicht mehr zum Kapazität raubenden Memory-Effekt.
300 kg wollen zurück auf die DrehscheibeCustom-Bikes und Prototypen sind stets radikaler als das, was später auf dem Markt angeboten wird. Einige Kleinigkeiten müssen zwangsweise immer zuvor zur Erlangung der Straßenzulassung verändert werden, bevor die Serienproduktion beginnen kann. Meistens führt das zur Modifikation des Designs; nicht nur um der behördlichen Regelwut gerecht zu werden, sondern auch um den Nutzwert und die Alltagstauglichkeit auf das vom Kunden zu Recht erwartete Mindestmaß zu gewährleisten. Dieser Kelch wird auch an der TEM 01 nicht spurlos vorbei gehen. An Motorkraft und Reichweite mangelt es dem Bike definitiv nicht. Selbst mit einem grob geschätzten Verkaufspreis halten sich die Slowenen bisher noch bedeckt, denn genau der dürfte zum Knackpunkt für die interessierten Normalverdiener werden. Trotzdem eröffnet die TEM 01 eine realistische Vision darauf, wie die Motorräder der Zukunft optisch und technisch aussehen könnten. Mehr Infos gibts online unter www.tem01.eu.