aus bma 4/00

von Rainer Stehnck

Eigentlich fing alles ganz harmlos an. Ich hatte die Nase voll von den Rennern oder Joghurtbechern – wie auch immer sie genannt werden. Ich wollte nicht mehr Motorrad fahren und mir dabei den Rücken oder die Knie verrenken. Es war für mich die Zeit gekommen, mich zu erinnern, wie schön es war, aufrecht und entspannt auf einem Motorrad zu fahren; meine ersten Motorräder waren Enduros!
Also, welches Motorrad sollte es nun für mich werden? Ich erinnerte mich an meine Schwärmereien von damals, so in den 70ern und 80ern, wo umgebaute Motorräder die motorradfahrende Welt entweder verzückten oder aber zum Spott anregten. Mangels der nötigen Zutaten wie Geld, Beziehungen und Ideen mit entsprechenden Umsetzungsmöglichkeiten hatte ich mich zu diesen individuellen Fahrzeugen nie entschieden. Nun, da meine Möglichkeiten andere sind, der Zubehörmarkt riesig und meine Erfahrung mit der Materie deutlich besser ist, wollte ich es wagen. Ich entschied mich nach längerem Überlegen für eine Honda VT 1100 C1. Damit ging es auch schon los. Auf dem Gebrauchtmarkt war fast nichts zu bekommen und wenn, dann nur zu überhöhten Preisen und teilweise verschandelt. Ich ließ aber nicht locker. Schließlich ließ ich mir mein Traummotorrad von einem Händler in Flensburg aus dem sonnigen Kalifornien heranholen. Dieses baute ich mit viel Liebe zum Detail nach meinen Vorstellungen um und verschönerte es mit nützlichen und unnützen Dingen.

 

Leider musste ich mich nach einiger Zeit aus persönlichen Gründen (die Frau, die Zeit und das liebe Geld) von meinem Motorrad wieder trennen – schweren Herzens! Und um etwas motorisiert zu sein, kam erstmal eine Yamaha FJ 1200 ins Haus.
Ein Jahr später begann ich, mit dem Gedanken an ein neues Projekt, meine Suche von Neuem. Diesmal hatte ich mich für eine Suzuki VS 1400 Intruder entschieden. Ich war überzeugt, mit diesem Motorrad die richtige Grundlage für einen Umbau gefunden zu haben. Auch von den Fahrleistungen war ich begeistert; mein Freund Charly hat solch ein Modell – leicht modifiziert – und gab mir die Möglichkeit, mich davon zu überzeugen.
Nach wochenlangem Suchen in einschlägigen Zeitungen fand ich endlich ein geeignetes Objekt. Leider war der Pflegezustand nicht optimal, eher bescheiden, dafür entschädigte der eher geringe Preis. Nach Prüfung der Zuverlässigkeit durch ausgiebiges Fahren besorgte ich mir diverse Zubehörkataloge. Als erstes wollte ich den Lenker verändern – nicht zu breit sollte er sein – und kaufte einen Dragbar der Firma Hagen. Leider war er ohne die nötigen Bohrungen, um die Kabel innen verlaufen zu lassen. Echt hartes Material so ein Lenker. Charly, der so etwas schon mal bei seiner Intruder gemacht hatte, half mit guten Ratschlägen – er erzählte mir, was er alles für Fehler beim Lenkerumbau gemacht hatte. Mit diesem Wissen war ich bereits nach circa zwei Stunden fertig. Leider reichte nun der Lenkanschlag nicht mehr aus, und um den Tank vor Beschädigungen zu schützen, waren noch einige Modifikationen nötig.
Als nächstes sollte eine vorverlegte Fußrastenanlage folgen. Die Beschaffung und der Anbau gestalteten sich nicht weniger zeit- und nervenaufreibend, führten aber letztlich auch wieder zum Erfolg. Nun suchte ich eine passende Auspuffanlage, um die von mir verfolgte Linie der Intruder zu unterstreichen. Natürlich sollte sie TÜV haben und einen angenehmen Sound. Die von mir gewählten Donnerrohre hatten den klangvollen Namen: Oldrace Megaphone, von dem hohen Preis war ich jedoch schon geschockt. Gegenüber dem, was noch folgen sollte, gestaltete sich der Anbau recht einfach. Allerdings standen die Rohre etwas weit auseinander, denn es fehlten die passenden Stoßdämpfer dazwischen.
Es folgten kleinere Veränderungen wie Batterieabdeckung in poliertem VA, Brems- und Kupplungshebeldeckel poliert usw. Zwischenzeitlich hatte ich bei einem Händler in Hamburg ein hinteres Schutzblech, auch Flatfender genannt, günstig erstanden. Dabei fiel mir auf, was ich alles für exotische Namen lernen musste, um mich mit der Materie vertraut zu machen.
Das Ende der Saison brachte mir die Zeit, um die VS 1400 Intruder fast komplett auseinanderzunehmen. Nach und nach bestellte ich mir – je nach meiner Finanzlage – alle Teile, die mir noch fehlten. Ein neuer Tank und Sitzbank rissen das größte Loch in meine Kasse und machten auch am meisten Arbeit bei der Anpassung. Leider sind solche Teile sehr ungenau gefertigt und müssen auf das jeweilige Fahrzeug genau angepasst werden. Die neuen Stoßdämpfer passten dagegen genau. Auch die neuen Bremsscheiben aus poliertem Edelstahl, gelocht und schwimmend gelagert, machten keine großen Schwierigkeiten – außer, dass sie nur mit dafür genehmigten Bremsbelägen zugelassen sind. Schön, dass ich es hinterher erfahren habe.
Leider passte das günstige Schutzblech nicht mehr, und ich musste noch mal tief in meine Tasche greifen, um ein passendes Heck für die Intruder entstehen zu lassen. Auch das Rücklicht machte mir ordentlich Kopfzerbrechen, schließlich sollte es den passenden Abschluss des Umbaus bilden. Also wurden zwei Sparto-Rücklichter auf den Radius des Heckfender nebeneinander angefertigt.
In der Zwischenzeit habe ich mich ausgiebig mit der Lackgestaltung beschäftigt und nach einem Lackierer Ausschau gehalten, der mir meine Idee umsetzen kann, mich dabei nicht finanziell ausraubt und eine ordentliche Arbeit abliefert. Den Auftrag erhielt ein Lackierermeister, der nach Begutachtung der Teile und detaillierter Besprechung der Sonderlackierung zusicherte, in 14 Tagen fertig zu sein. Zum vereinbarten Termin brachte ich meine Teile und wurde gleich wieder weggeschickt mit der Begründung, dass der Tank noch weiter von mir vorbereitet werden müsse. Auch die beim nächsten Besuch mitgebrachte Hinterradschwinge und das vordere Schutzblech musste ich wieder mitnehmen. So ging die Zeit ging ins Land, ohne dass auch nur ein Tropfen Farbe aufgetragen war.
Als endlich alle Teile wunschgemäß vorbereitet bei der Lackierei abgeliefert waren, erhielt ich noch mehrere angebliche Fertigstellungstermine, die aber nicht eingehalten wurden. Die zuerst abgeholte Schwinge und das Heckschutzblech waren dann auch noch – wie ich leider feststellen musste – nur mangelhaft lackiert, so dass ich auf Nachbesserung bestehen musste. Man hatte die Arbeit von einem Lehrling erledigen lassen und niemand hatte es für nötig gehalten, dies zu kontrollieren.
Nach diversen Wochen konnte ich endlich die frisch lackierten Teile abholen und machte mich an das Zusammenbauen der VS 1400, der ich den Namen „Silverstorm” gegeben hatte – für alle gut sichtbar auf den Tank geschrieben. Ich muss zugeben, dass ich sehr zufrieden bin mit den von mir vorgenommen Veränderungen an der VS 1400 „Silverstorm”, nur die Unzulänglichkeiten während ihrer Entstehung überschatten meine Freude ein wenig.
Der TÜV-Nord in Bad Segeberg, wo alles Brief und Siegel bekam, bestätigte mir eine gelungene Arbeit, worauf ich auch stolz bin. Das motivierte mich auch, alles niederzuschreiben. Ich hoffe damit anderen, die selber etwas ähnliches planen, hilfreiche Einblicke gewährt zu haben oder nur den Hintergrund einer solchen Umbaumaßnahme deutlich gemacht zu haben.
Ich bedanke mich bei all denen, die mich bei der Umbaumaßnahme mit Rat und Tat unterstützt haben. Allzeit gute Fahrt und immer genügend TÜV, Zeit und gute Laune beim Motorradfahren wünscht Rainer Stehnck.