aus bma 04/03

von Marcus Lacroix

LT-Z 400 GeländespassGlaubt man der Werbung, sind Quads in diesem Jahr der letzte Schrei. Bei wohl jedem Motorradhändler stehen eines oder mehrere dieser merkwürdigen Geräte in verschiedenen Hubraumklassen herum. Vereinzelt sieht man sogar mal ein Quad auf der Straße. Nicht Fisch, nicht Fleisch, irgendwie Motorrad und doch vier Räder unten dran. Fahrbar mit Führerschein Klasse 3 – pardon, B muss es ja heißen – im Brief aber nicht (mehr) als „PKW, offen” klassifiziert. „4-RAEDR. KFZ Z. PERS-BEF.”, also vierrädriges Kraftfahrzeug zur Personenbeförderung nennt man Quads im Amtsdeutsch heutzutage.
Wie sieht es aber nun aus, wenn man als Motorradfahrer auf so ein Teil umsteigt? Springt der Funke über? Sind Quads gar eine Alternative zum Zweirad? Zur Beantwortung der Fragen überließ uns Suzuki-Vertragshändler Würdemann aus Ganderkesee für zwei Tage das Suzuki-Spitzenmodell LT-Z 400, eigentlich ein reines Sportgerät, das mit geringfügigen Änderungen für den deutschen Straßenverkehr zugelassen wurde.
Das LT-Z 400 wird von dem bekannten, bewährten und äußerst potenten Einzylindermotor der Suzuki Enduro DR-Z 400 angetrieben. Im Quad wird der Motor, der offen knapp 40 Pferdestärken mobilisiert, über einen Gasschieberanschlag auf 20 PS kastriert. Das reicht für akzeptable Fahrleistungen und eine Spitzengeschwindigkeit von 95 km/h nach Fahrzeugschein. Dieser Fahrbericht bezieht sich allerdings auf die offene Version des LT-Z 400, die nicht legal auf öffentlichen Straßen bewegt werden darf – also bitte nicht selbst den Gasanschlag verändern, auch wenn es wirklich ganz einfach ist…

 

LT-Z mit StraßenzulassungWer als Motorradfahrer ohne Gespannerfahrung das erste Mal mit einem Quad in Berührung kommt, sollte sich geistig von allem trennen, was ihm fahrtechnisch bisher eingebleut wurde. Auch wenn die Sitzposition der eines Motorrades gleicht – das Fahrverhalten liegt wirklich sehr weit davon entfernt. Gespannfahrer wissen zumindest, dass man sich das Kurvenfahren mit Gasgriff und Gewichtsverlagerung ungemein vereinfachen kann und auch die Kippneigung bei zu schnell angegangenen Kurven ist ihnen nicht fremd. Außerdem neigen Gespannfahrer nicht dazu die Füße von den Rasten zu nehmen, was ihnen im Ernstfall ein paar gebrochene Haxen erspart. Autofahrer ohne Zweiraderfahrung sollten sich zunächst abseits des Straßenverkehrs mit der Bedienung eines Quads vertraut machen. Dem Motorradfahrer fällt hier eigentlich nur das per Daumenhebel zu bedienende Gas unangenehm auf. Der Rest entspricht einem Motorrad und nur die Feststellbremse (entspricht der Handbremse beim Auto) sticht als Extra heraus.
Aufsteigen, anlassen, voll einschlagen um vom Hof zu rollen, ordentlich Gas geben, Kupplung kommen lassen und – sch#*!$ !!! Das Teil fährt nicht in die vorgegebene Richtung, sondern schiebt stumpf über die querstehenden, radierenden Vorderräder geradeaus. Schuld daran ist die starre Hinterachse, die ohne ein Differenzial auskommen muss. Dieses würde – wie beim Auto – das kurveninnere Rad langsamer als das kurvenäußere Rad drehen lassen und so problemlos jede noch so enge Kurve ermöglichen. Quads kommen aber eigentlich aus dem Geländesportbereich und hier kann man ein Differenzial überhaupt nicht gebrauchen. Wird eines der angetriebenen Räder entlastet, wäre sofort der Vortrieb futsch. Zuschaltbare Differenzialsperren erleichtern beim Geländewagen den Onroad-/Offroad-Wechsel. Das LT-Z 400 muss leider ohne auskommen.
Zweiter Versuch vom Hof zu kommen: Für das Linksabbiegen wird das Gewicht ein wenig Richtung rechtes Vorderrad verlagert und schon geht es deutlich einfacher. Bei schneller Kurvenfahrt wird man diese Technik später nur bedingt anwenden, aber das entsprechende Gefühl dafür kommt mit den Kilometern.
Wir machen uns für die obligatorische Fotosession auf den Weg in sandigeres Gelände, ballern nach Herzenslust mit bis zu 90 km/h durch Feldwege, versuchen uns übermütig an ersten kleineren Sprüngen, versuchen mit dem Quad spektakulär zu driften und auf zwei Rädern zu fahren. Natürlich gelingt nicht alles – wir sind keine Quad-Profis, der Spaß dabei ist dafür riesig. Einen ersten kleinen Dämpfer gibt es beim schrägen Fahren am Hang. Trotz aller Einsicht und wider besseren Wissens rutscht der Fuß instinktiv von der Raste um das vermeintlich kippende Quad zu stützen – und trotz ausladender Schützer fahren wir uns auf die Hacken. Glücklicherweise ging es glimpflich ab. Kurz darauf folgt der nächste Dämpfer: das innere Auge des Fotografen sah das Quad steil an einem Sandhügel stehen, den Fahrer in triumphierender Pose darauf. Nichts leichter als das, denkt sich der unvoreingenommene Quadanfänger, gibt ordentlich Gas und fährt schwungvoll in den Hang – mit dem Resultat eines unvermittelten und heftigen Rückwärtsüberschlags! Glücklicherweise wiegt das Suzuki LT-Z 400 leer nur etwa 185 kg und ließ sich (mit einer leichten Muskelzerrung) ohne weiteren Schaden für Mensch und Material abfangen. Im zweiten Anlauf für das Foto beließen wir es dann bei einer deutlich geringeren Höhe.
Übermut tut selten gutUnser Quad lief mit offener Leistung in der Spitze nur 115 km/h – mit legal halb so viel Pferden erreicht es angesprochene 95 km/h. Der technisch versierte Leser kann nun ungefähr abschätzen, wie extrem kurz die Testmaschine übersetzt war. Entsprechend agil hing das Suzuki-Quad am Gas. Schnellstarts an der Ampel waren mit Vorsicht zu genießen, denn nicht immer gelingt es bei einem ungewollten Wheelie die Haltung zu wahren, cool dreinzublicken und gleichzeitig den rückwärtigen Abgang zu vermeiden. Auf feuchten Straßen gewöhnt man sich das driftende Abbiegen schnell an, was aber sicher auch nicht so ganz im Sinne der StVO ist (obwohl es riesig Spaß macht). Der Motor begeisterte in allen Lebenslagen, nervte nie mit unangenehmen Vibrationen wirkte nie überfordert und entpuppte sich mit 6,5 Litern Normal bleifrei auf 100 Kilometern bei den gebotenen Fahrleistungen auch nicht als Säufer. Auf Wunsch entlockt Suzuki-Würdemann dem Aggregat 50 bis 60 PS, wie bei den im eigenen Haus eingesetzten SuperMoto DR-Z-Modellen. Damit sollte man sich dann aber wirklich nur auf abgesperrten Gelände austoben.
Die Bremsanlage hat mit der gebotenen Leistung keine Probleme – die drei Scheiben lassen sich gut dosieren und bringen gegebenenfalls alle vier Räder zum Blockieren. Das einstellbare LT-Z Fahrwerk dürfte auch gehobenen sportlichen Ambitionen genügen – wir konnten dessen Grenzbereiche jedenfalls nicht mal im Ansatz ausloten. Der Sitzkomfort ist gut und im Straßenbetrieb nervt nur das bereits erwähnte Daumengas. Diese Art der Gasbetätigung hat im Gelände wirklich Vorteile, denn anders als bei einer Enduro wird man auf dem Quad deutlich stärker gebeutelt. Müsste man sich hier am Lenker gleichzeitig festhalten und dosiert Gas geben, hätte man wohl arge Probleme. Als praktisch erwies sich in „verfahrenen” Situationen und beim Einparken auch der Rückwärtsgang des Quads, der nach Entriegelung eines Sicherungsknopfes unterhalb des ersten Gangs liegt.
LT-Z als KlettergerüstWer sein Quad hauptsächlich auf der Straße bewegt, sollte eventuell auf einen Drehgriff umrüsten (lassen), um auf längeren Strecken Krämpfe in der Hand zu vermeiden. Hier empfiehlt sich dann auch der Einsatz von Reifen mit Straßenprofil, denn die sehr grob profilierten Geländepneus verschleißen auf Asphalt nicht nur vorschnell, sondern erzeugen auch ein bemerkenswert lautes Abrollgeräusch. Legt man das Fahrwerk mit kürzeren Stoßdämpfern nun noch ein wenig tiefer, hat man quasi ein straßenzugelassenes Go-Kart.
Hier stellt sich nun wieder die Frage ob das Quad eine Alternative zum Motorradfahren ist? Für mich persönlich ist es (noch) keine echte Alternative zum Motorrad, dafür aber eine wirklich interessante Ergänzung auf dem Markt der Freizeitfahrzeuge. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass in Kürze bezahlbare Quads mit Mehrzylindermotoren, 1000 ccm, 80 PS und einer reinen Straßenauslegung (dann evtl. auch mit schaltbarem Differenzial) auf den Markt kommen. Einen Anfang macht hier das Schweizer G+G/BMW-Quad, das aber auf rund 25.000 Euro kommt (guckst Du hier: www.gg-technik.ch). Das Suzuki LT-Z 400 liegt mit straßenzugelassenen 8990 Euro eher im erschwinglichen Bereich und ist bei weitem mehr als ein kleines Spielzeug. Es ist ein Feuerzeug, das den Funken entfachen kann und entsprechend mit Vorsicht zu genießen ist, da leicht ein Brand daraus wird.
Wir hatten viel Spaß auf Feldwegen und Landstraßen und sogar einen Abstecher auf die Autobahn konnten wir uns nicht verkneifen. Mit dem Quad ist man ein absoluter Exot auf der Straße. Wer es nicht ertragen kann angestarrt zu werden, lässt lieber gleich die Finger von dem Vierrad. Häufig wird man angesprochen und das Interesse der Menschen lässt den Verdacht aufkommen, dass Quads in Zukunft öfter im Straßenverkehr zu sehen sein werden. Ein weiterer wichtiger Einsatzzweck des Quads ergab sich zu Hause: die Nachwuchsförderung. Kinder lieben Quads. Man kann auf ihnen herumturnen ohne dass sie umfallen, alles ist robust und nicht kratzergefährdet. Die 4 1/2-jährige Tochter unserer Nachbarn wollte sogar freiwillig mitfahren und beherrschte schnell die Dosierung des Gashebels. Natürlich muss man bei der Lenkung helfen und die Kontrolle über die Kupplung behalten, doch zumindest die Saat ist gelegt…
Informationen über und Probefahrten mit Quads gibt es bei vielen Händlern. Dort sind Quads nicht nur in sportlichen Varianten wie das Suzuki LT-Z 400 erhältlich, sondern auch in kindertauglichen Mini-Versionen und als Nutzfahrzeuge mit umfangreichen Zubehör. Fahrt einfach mal dort vorbei…