aus bma 02/08

von Winni Scheibe

Suzuki GT 380 Anfang der siebziger Jahre gab es in der Motorradindustrie zwei Fraktionen. FĂŒr die einen kamen nur Viertakter in Frage, die anderen schworen auf Zweitakter. Eifrigster Verfechter des Zweitakt-Systems war Suzuki. Die Palette reichte von 50 bis 750 Kubik, es waren Maschinen mit Ein-, Zwei- und Dreizylinder-Motoren. In der Mittelklasse sorgten die „Ram-Air”-Modelle GT 380 und GT 550 fĂŒr Furore.
Vor rund 35 Jahren krebste bei uns der Motorradmarkt auf dem Existenzminimum herum. Kaum mehr als 133.000 Maschinen waren 1971 zugelassen. Zukunftsaussicht: Ungewiß. Ganz anders die Situation in Japan. Bei den vier großen Marken Honda, Yamaha, Suzuki und Kawasaki lief das GeschĂ€ft auf Hochtouren, jedoch mit grundverschiedener Firmenphilosophie. MarktfĂŒhrer Honda produzierte Viertakt-Maschinen. Von Yamaha gab es, abgesehen von dem neuen 650er Viertakt-Twin XS-1, nur Zweitakt-Bikes. Suzuki und Kawasaki vertrauten ebenfalls auf die Zweitakttechnik. In den USA, damals fĂŒr Japan Exportland Nummer Eins, wurden die GerĂ€usch- und Abgasvorschriften fĂŒr die Zulassungsbestimmung von Jahr zu Jahr allerdings immer schĂ€rfer. Und wer „im gelobten Land” weiterhin MotorrĂ€der verkaufen wollte, mußte in Zukunft zwangslĂ€ufig Viertakt-Maschinen produzieren. Bei Yamaha und Kawasaki wurde bereits krĂ€ftig in diese Richtung entwickelt.
Und bei Suzuki? Hier glaubte man die Problemlösung im weiterentwickelten Zweitakt-Triebwerk gefunden zu haben.
Suzuki GT 550 FĂŒr umweltfreundlichen Motorlauf gab es das „CCI-” und „SRIS”-System. Die „CCI”-Frischölschmierung (Crankshaft-Cylinder-Injection) erledigte eine gasgriff- und drehzahlabhĂ€ngige Ölpumpe. Via Leitungen erreichte das Zweitaktöl die Schmierstellen. Mit einem zweiten „SRIS”-Schmierkreislauf (Suzuki-Recycle-Injection-System) wurde das unverbrauchte Öl im Boden des KurbelwellengehĂ€uses durch den Druckunterschied in den jeweiligen SpĂŒlkanal des benachbarten Zylinders gezwungen. Mit diesem Trick ließ sich der Ölverbrauch reduzieren, aber auch der lĂ€stige Qualm aus den Auspuffrohren erheblich verringern.
Neben der wassergekĂŒhlten GT 750, dem legendĂ€ren „WasserbĂŒffel”, den Suzuki im Herbst 1970 vorstellte, entwickelte das Werk parallel zwei weitere Dreizylinder-Maschinen: Die GT 380 war Ende 1971 serienreif, die GT 550 kam im FrĂŒhjahr 1972 auf den Markt. Die GT 380 wurde zunĂ€chst mit 32 PS, spĂ€ter mit 38, 37 und dann wieder mit 34 PS angegeben. Sie verfĂŒgte ĂŒber ein Sechsganggetriebe, per „Kick” kam das 380er-Triebwerk in Gang. Luxuriös ging es beim 48 PS starken FĂŒnfgang-Schwestermodell zu. Per Knopfdruck ließ sich der 550er Motor mittels Anlasser starten, zur Sicherheit war allerdings noch der Kickstarter da.
Im Vergleich zu den damals ĂŒblichen Ein- und Zweizylinder-Motorradmotoren war die Dreizylinder-Wahl etwas Besonderes. Nicht ohne Grund, denn was einem Sechszylinder-Viertakt-Triebwerk nachgesagt wurde, sollte auch auf den Dreizylinder-Zweitakter zutreffen: Vibrationsarmer und gleichmĂ€ĂŸiger Motorlauf.
Suzuki GT 380/550 Hinsichtlich der Fahrwerksabstimmung steckten die „Ram-Air” Modelle jedoch noch in den Kinderschuhen. Die Federung war knĂŒppelhart, die DĂ€mpfung lasch. Wer nachbessern wollte, baute Koni-Federbeine ein. Auch die Standard-Bereifung wurde, lange bevor sie bis auf die „Leinwand” abgewetzt war, gegen Metzeler-Pneus getauscht. Optisch eine Wucht, aber technisch keineswegs auf dem neuesten Stand war die Doppelduplex-Trommelbremse im Vorderrad von der GT 550. Nicht nur, daß sie stĂ€ndig gewartet werden mußte, inzwischen gab es Scheibenbremsanlagen, die eigentlich von Anfang an die GTs gehört hĂ€tten und erst spĂ€ter den Flitzer aufwerteten.
Fahrfertig brachte die 3890 Mark teure und 165 km/h schnelle GT 380 J 190 kg auf die Waage, ihre große Schwester kostete 5200 Mark, lief 175 Sachen und wog 215 kg. Wer dieses Tempo auf der Autobahn auskosten wollte, mußte allerdings D-Zug Aufpreis berappen. Die 380er gönnte sich gut 8,5 Liter und die 550er sogar rund 11 Liter Benzin auf 100 km.
Optisch sahen sich die GT 380 J und GT 550 J, das „J” steht fĂŒr das Modelljahr 1972, verdammt Ă€hnlich. Lediglich die Modellbezeichnung am Seitendeckel verriet dem Betrachter auf den ersten Blick, um welchen Typ es sich handelte. Auch kein Wunder, Suzuki pflegte zu dieser Zeit ein wunderbares Baukastensystem. Das war nicht nur praktisch, sondern sparte den VertragshĂ€ndlern gewaltige Kosten bei der Ersatzteillagerung. Die Bauzeit der GT 380 endete 1978, die GT 550 wurde nur bis 1977 gebaut. Auf Grund großer BestĂ€nde stand die GT 380 aber bis 1980 im Prospekt, und die GT 550 war offiziell bis 1978 zu haben. Zum Schluß wurden die Neufahrzeuge als „Motorrad zum Selbstzusammenbauen in den Kisten” verramscht.
Eigentlich schade, doch die Zeit der Zweitakter war inzwischen vorbei, bei Suzuki war ein neues Kapitel in der Firmengeschichte aufgeschlagen worden. 1976 hatte man die GS 750 und GS 400 auf den Markt gebracht, weitere Viertakt-MotorrÀder sollten folgen.

 

 

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