aus Kradblatt 8/16, von Rainer Miehe

Suzuki GSX 1200

 

Suzuki GSX1200 linksEigentlich seid ihr vom Kradblatt (als es im Raum Weser-Ems noch bma hieß) Schuld daran, dass ich im Dezember 1999 einen Kaufvertrag für eine niegelnagelneue Suzuki GSX 1200 unterschrieben habe. Denn in der Ausgabe 12/1999 hattet ihr einen Testbericht über die GSX 1200 veröffentlicht, der mich nicht mehr losgelassen hatte. 1200 cm³, 98 PS, ein einfach aufgebautes Moped zu einem zivilen Preis …

Ich war damals am Überlegen, ob ich mir neben meiner Alteisenfraktion noch etwas Moderneres als Alltagsmoped in den Schuppen stellen sollte. Etwas Unkompliziertes, Zuverlässiges mit etwas mehr Qualm im Antritt. Und dann dieser Bericht im bma! Ich konnte nicht anders!

Noch im Dezember war ich bei einem Suzuki Händler in Bremen und schaute mir die GSX 1200 in Natura an. Da ich auf eher klassische und konservative Formen mit Stereodämpfern stehe, ein Motorrad keine Designhochburg für mich sein darf und die Sitzposition super war, begab ich mich zum Dealer meines Vertrauens in das Verkaufsbüro.

Ich fragte ihn, ob er eventuell Sonderkonditionen bei Suzi bekommen würde, wenn er noch im Dezember Verkäufe tätigen würde. Er verneinte zwar meine Frage, machte mir dann schon ein interessantes Angebot, welches ich natürlich als unzureichend ablehnte. Der Hinweis: „Nur Bares ist Wahres“, brachte uns weiter! Der Listenpreis war damals 15.230 DM und wir einigten uns dann auf sehr anständige 12.600 DM (Anmerk. d. Red.: den Händler gibt’s übrigens nicht mehr). Da konnte ich wirklich nicht nein sagen. Im Februar 2000 war dann die Erstzulassung.

Suzuki GSX 1200 rechtsWas auffiel, war der souveräne Motor mit Kraft aus allen Lebenslagen und sehr griffige Bremsen an der Front. Für ein Motorrad mit fast 100 PS und über 100 Nm liefert der Motor eine super Performance ab. Die Handlichkeit für ein Motorrad mit diesem Hubraum war ebenfalls faszinierend. Gerade in kleinen, kurvigen Strecken war ich schon sehr begeistert.

Was mir weniger gefiel, war der Winddruck im Brustbereich. Abhilfe schaffte eine MD Cockpit-Verkleidung. Für meine Begriffe sehr passend zu dem klassischen Stil des Motorrades!

Weiterhin ist das Auspuffgesäusel einfach zu leise und nicht prägnant genug. Nach der Montage eines Racingtopfes fahre ich dann das Original seitdem aber doch wieder. Das Geräusch mit dem Racingtopf war einfach „pornös“ und auch für mich zu strapazierend für die Ohren. Außerdem gab es damals noch Punkte in Flensburg für so etwas. Die Vorderradgabel war mir etwas zu weich und die Original Federn habe ich dann durch progressive Federn von White Power ersetzt. Seit dem liegt sie satt und ohne Schaukelei auf der Straße und in den Kurven.

In den Jahren folgten etliche Touren in Deutschland und im benachbarten Ausland. Mal mit Zelt, mal mit einem Appartement – immer fand ich genügend Platz für das Gepäck auf dem Motorrad.
Jetzt hat sie fast 60.000 km auf der Uhr und der Feinripp-Motor braucht immer noch kein Öl und klingt kerngesund. Subjektiv gesehen gibt es immer noch die volle Leistung.

Suzuki GSX1200 klassische RundinstrumenteEs wurden alle Inspektionen von mir selber gemacht. Was ich als wichtig empfinde, ist ein gründliches Warmfahren des Motors. Anstelle der Öleinfüllschraube habe ich ein Thermometer eingeschraubt. Bis 40 Grad fahre ich maximal 4000 U/min. Bis 50 Grad max. 5000 U/min, bis 60 Grad dann 6000 ­U/min und erst ab 80 Grad gebe ich auch mal Feuer! Alle 6000 km bekommt sie frisches Öl und einen neuen Filter. Den Luftfilter und die Kerzen wechsele ich nach Bedarf und um die Kettenpflege kümmert sich ein Scott-Oiler. So hatte der erste Kettensatz eine Lebensdauer von 48000 km. Da mir das originale Scott-Oiler-Öl zu teuer ist, nehme ich das von meiner Kettensäge.

Das Einstellen der Ventile erfolgt im 24000 km Rhythmus und ist bis auf die Demontage des Ventildeckels sehr einfach. Es müssen keine Wasserschläuche gelöst werden, Luft/Ölkühlung sei Dank. Die Nockenwellen haben immer noch kein Pitting (Materialausbrüche).

Da sie kein elektronisches Motormanagement hat, braucht nichts vom Bordrechner ausgelesen zu werden. Bis auf einen Drosselklappensensor gibt es keine Elektronik an dem Moped. Meine Meinung: Elektronik kann immer mal kaputt gehen. Die Bremsklötze halten bei mir durchschnittlich so um die 20000 km.
Mit einem Pingl-Benzinhahn anstelle eines Unterdruckhahnes habe ich auch im Winter das gute Gefühl, dass die Schwimmernadelventile nicht mal nachgeben und die ganze Suppe in den Motor läuft.
Alles in allem eine einfache und überschaubare Technik und damit sehr schrauberfreundlich für den eigenen Schuppen. Fast schon „Bauerntechnik“!

Suzuki GSX1200 FrontWas ist nicht so gut an der GSX: Es ist in der Zwischenzeit das vierte Lenkkopflager verbaut. Das Teil ist alle 15.000 km so grauenhaft, dass kein vernünftiges, zielgenaues Lenken mehr für mich möglich ist. Anscheinend sind die Lager im Durchmesser zu klein dimensioniert.

Der Lack ist sehr kratzempfindlich! Der Klarlack, den Suzuki in der Produktion verwendet, ist einfach nicht hart genug und Suzuki lackierte den Farbton aus Kostengründen zu dünn. Das am Motor verbaute Aluminium könnte hochwertiger sein. Es blüht sehr schnell. Wahrscheinlich werde ich die Motordeckel im kommenden Winter zum Polierer bringen.

Weiterhin war bereits zweimal der Bremslichtschalter für die Vorderradbremse defekt. Eine kleinere Sache, aber dennoch würde ich mir da eine haltbarere Lösung wünschen. Bisher einmal mussten die Gaszüge getauscht werden (Schließer gerissen) und der Chokezug machte zweimal Ärger. Weiterhin waren zweimal die Gabelsimmerringe hinüber. Das war es an Reparaturen in fast 17 Jahren. Nicht mal eine Glühlampe musste getauscht werden.

Der Spritverbrauch ist sicherlich nicht mehr ganz zeitgemäß. Bei artgerechter Haltung auf der Landstraße fließen mindestens 6,5 Liter Sprit durch die Mikuni Vergaser. Bei flotter Fahrweise auf der Bahn werden es auch mal 7,5 Liter und nur bei Schleichfahrt auf der Landstraße kann man 6,0 Liter erreichen.

Momentan fahre ich Metzeler Z8 Reifen, hinten mit einer 180er Breite anstelle des originalen 170ers. Ein hervorragender Reifen mit viel Grip und einem sehr guten Feedback in Kurven. Bisher der beste Reifen, den ich drauf hatte.

Einmal ist sie mir in meinem eigenen Schuppen umgefallen, da ich Idiot sie im Winter auf dem Seitenständer stehen gelassen hatte und sie dann beim „daran vorbei quetschen“ sanft vom Seitenständer geschoben hatte. Der Tank landete dann am Standrohr der ER5 meiner Frau und hatte eine dicke Beule. Ich hätte heulen können! Die Verkleidungsklinik Bochum hatte den Tank aber dann ausgebeult und der Lackierer in Hude-Altmoorhausen beseitigte schließlich die Restschäden.

Und ansonsten? Ein breites Grinsen in allen Lebenslagen! Sie hat mich nie im Stich gelassen und ist nie liegen geblieben. Die Elektrik ist zwar etwas schlampig verarbeitet aber grundsolide. Der ganze Aufbau des Motorrades ist einfach, logisch und für Selbstschrauber ideal. Die Fahrleistungen mit einer Höchstgeschwindigkeit von 225 km/h sind unwichtig und der Durchzug begeistert noch heute.

Vor einiger Zeit habe ich mir überlegt, ob ich mir noch einmal etwas anderes anstellte der GSX in den Schuppen stellen soll. Aber dann kam mir beim Durchstöbern meiner alten Motorradhefte eine Ausgabe des bma von 12/1999 in die Hand. Und seitdem ist klar für mich, die Beziehung zwischen mir und meiner GSX ist noch lange nicht vorbei. Und da seid ihr mit Schuld daran!