Gekauft wie gesehen …
aus Kradblatt 3/25 von Nadine

Hallo zusammen, mein Name ist Nadine, ich bin 31 Jahre alt und komme aus dem schönen Hamburg. Im Jahr 2023 habe ich meinen A-Führerschein gemacht und fahre eine Suzuki GSR 600, Baujahr 2006. Mein Partner fährt ebenfalls seit kurzem Motorrad, und wir haben beschlossen, unser gemeinsames Hobby daraus zu machen.
Als meine geliebte „Puebbi“ im August 2023 bei uns einzog, hatte ich noch keinen Führerschein, stand aber kurz vor der Prüfung. Daher fuhr mein Partner sie nach Hause. Als ich das Motorrad im Internet sah, verliebte ich mich sofort und ließ mich nicht davon abbringen, es zu kaufen. Beim Kauf wurde mir gesagt, dass das Motorrad von einer Fachwerkstatt umgebaut wurde und alles in Ordnung sei. Es wurde angeblich verkauft, weil es zu laut war, was für mich aber kein Problem darstellte.

Als wir das Motorrad ansahen, waren wir uns leider noch nicht bewusst, worauf man unbedingt achten sollte. So naiv wie ich war, wollte ich keine Fehler sehen, weil ich sie so toll fand. Diesen Fehler mache ich nie wieder!

Nachdem das Motorrad im August bei uns eingezogen war, konnte ich nach meiner bestandenen Prüfung im Oktober 1–2 Mal fahren. Danach versetzte ich sie in den Winterschlaf.Im Februar gab es die ersten schönen Tage und ich war so heiß darauf, sie endlich richtig zu fahren. Doch mit Fahren war leider nichts, sie sprang nicht an. Das war zunächst kein Problem, da viele Motorräder nach längerer Standzeit nicht anspringen. Doch nach einigen Versuchen wurde mir klar, dass mit dem Motorrad einiges nicht stimmte. Nach langem Suchen und vielen Tipps von verschiedenen Leuten gab es keine Besserung. Ich gab die Suche nicht auf. Schließlich stellte sich heraus, dass ein „Adapter“ unter der Sitzbank verbaut war, der ausschlaggebend war. Ich vermute, dieser Adapter sollte die Geschwindigkeit verbessern. Nachdem ich ihn ausgebaut hatte, sprang sie an und lief einwandfrei.Die Freude war riesig, doch sie hielt nicht lange. Einige Zeit konnte ich Fahrerfahrung sammeln, wir fuhren zusammen in den Harz, den Kyffhäuser entlang und es fühlte sich einfach nur gut an.

Im Juni stand der TÜV-Termin an. Da ich dachte, dass alles in Ordnung sei, machte ich mich auf den Weg zur nächsten Prüfstelle. Dort wurde mir jedoch mitgeteilt, dass das Motorrad niemals in diesem Zustand TÜV bekommen würde. Man riet mir, aus Kostengründen, das Motorrad entweder direkt zum Schrottplatz zu bringen oder es als Ersatzteil-Träger zu verkaufen. Das war ein Schock! Ich fuhr nach Hause, mit Tränen in den Augen, und wusste zunächst nicht, wie ich damit umgehen sollte.
Zuhause angekommen, rief ich bei einer Werkstatt an, um mir eine zweite Meinung einzuholen. Nachdem ich mich beruhigt hatte, setzte ich mich auf mein Bike und fuhr zur nächsten Werkstatt. Hier bekam ich ebenfalls die Rückmeldung, dass das Motorrad niemals TÜV bekommen würde. Die Gründe waren folgende: komplett umgebaute Auspuffanlage, fehlende Fußrasten für den Sozius, kein ausgetragener Soziussitz, geänderter Lenker sowie eine gekürzte Sitzbank ohne Schweißgutachten und noch einige kleinere Mängel.
Ich versuchte zuerst selbst, einige Sachen zu ändern und mich genauer zu informieren, aber das war nicht so einfach, wie es schien. Also entschloss ich mich, das Motorrad in eine Fachwerkstatt zu geben. Nach etwa 1,5 Monaten bekam ich den Anruf, dass mit meinem Motorrad nichts mehr zu machen sei und dass ich es bitte wieder abholen solle.

Gesagt, getan. Nun stand ich da, ohne TÜV. Ich wollte doch einfach nur fahren! Ich schrieb die Verkäuferin an und schilderte ihr die gesamte Situation. Doch sie konnte mir nicht helfen und ließ mich nach mehreren Versuchen komplett im Regen stehen. Das Motorrad war mir als einwandfrei verkauft worden, und ich wurde mir bewusst, dass das Motorrad wahrscheinlich absichtlich an jemand „Dummen und Unerfahrenen“ verkauft wurde.

Was sollte ich nun tun? Dann kam mir die Idee, eine Einzelabnahme zu machen, wenn ich doch nur einige Dinge ändern würde. Nach einiger Wartezeit bekam ich schließlich einen Termin für die Einzelabnahme. Ich führte mein Motorrad vor, und wieder bekam ich die Antwort, dass ich mit diesem Motorrad keinen TÜV erhalten würde. Zusätzlich teilte mir der Prüfer mit, dass das Motorrad keine Betriebserlaubnis mehr hatte, seitdem es umgebaut wurde, und dass ich damit keinen Meter mehr fahren dürfte. Die einzige Chance wäre, das Motorrad auf den Originalzustand zurückzubauen.
Ich als Fahranfängerin sollte nun ein Motorrad in den Originalzustand zurückbauen? Ok, das mache ich!
Nachdem mein gesamter Freundeskreis und meine Familie von meinem Fehlkauf erfahren hatten, unterstützten sie mich alle! Wir suchten Tag und Nacht nach Ersatzteilen. Ich benötigte einen komplett neuen Rahmen, eine neue Sitzbank, eine komplette Auspuffanlage inklusive Katalysator und Lambdasonde, neue Verkleidungsteile etc. Alles wurde aus England, Italien, Spanien und Österreich zu uns geschickt, da hier in der Nähe nichts zu finden war.
Mit Hilfe meiner Familie habe ich das gesamte Motorrad fast wieder auf den Originalzustand zurückgebaut.
Nun sind einige Tage vergangen, der Sommer war vorbei, aber Anfang November 2024 stand der nächste TÜV-Termin an. Niemand wusste, welche neue Botschaft uns dort erwarten würde.
Ein Lächeln wurde mir ins Gesicht gezaubert, als der Prüfer mir die TÜV-Plakette gab. Die ganze Arbeit und die vielen Tränen haben sich wirklich gelohnt. Ich habe nun TÜV, aber der Sommer ist vorbei. Jetzt steht meine kleine Puebbi in der Garage und freut sich darauf, endlich mit mir eine neue Geschichte zu schreiben und viele gemeinsame Momente zu erleben.
Ich wollte meine Geschichte mit den Menschen teilen, die vielleicht vor ähnlichen Problemen stehen. Ich möchte allen Fahranfängern oder auch Fortgeschrittenen sagen: Man sollte die Hoffnung nicht aufgeben, auch wenn es scheint, als gäbe es keinen Ausweg. Man sollte sich nicht von Menschen runterziehen lassen, die immer glauben, es besser zu wissen. Ich wollte meine eigenen Erfahrungen machen und letztendlich habe ich nur Gutes daraus mitgenommen. Mein Motorrad kenne ich nun in- und auswendig. Kennen auch andere ihr Motorrad genauso gut?
Jeder kann sich ein neues Motorrad vom Händler kaufen, aber nicht jeder kann ein gebrauchtes Motorrad kaufen und damit als Team zusammenwachsen.
Ich freue mich wahnsinnig auf die ersten schönen Tage im Jahr 2025, und vielleicht trifft man den einen oder anderen ja mal. Ich wünsche allen ein tolles Jahr 2025 und vor allem eine unfallfreie Zeit.
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Auf Instagram findet ihr Nadine unter: @Naddi_jk
Möchtet ihr evtl. mal eure eigene Geschichte fürs KRADblatt aufschreiben? Schickt uns für mehr Infos einfach eine E-Mail an info@kradblatt.de.
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