Suzuki DR 500Ein Oldtimer, oder im Fall der DR 500 ein angehender Oldtimer, sollte möglichst original aufgebaut werden. Er kann aber ruhig Gebrauchsspuren aufweisen, sollte aber nicht vergammelt sein.

aus bma 11/09

von Hendrik Plehn

Suzuki DR 500Das Interesse an einer Enduro wurde in meinem Fall auf sehr charmante Weise geweckt. Ende der 70er Jahre döste ich mit zwei Freunden in Südfrankreich am sommerlichen Strand so vor mich hin, als die Ruhe von dem Rattern mehrerer Enduros zerschnitten wurde. Es war ein Bild wie im Film: Junge Frauen, gut gebaut, mit wehenden, langen, blonden Haaren und nur im Bikini bekleidet, rasten über den fast leeren Strand! Unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit wohl nicht ganz o.k., aber es sah absolut klasse aus, und weckte in mir sofort den Wunsch: „So ein Ding musst du haben!” – ich meinte eine Enduro natürlich.

Zu der Zeit gurkte ich noch mit meiner Hercules durch Norddeutschland und bastelte an meinem Führerschein. Doch den Wunsch nach einer Enduro verlor ich nie aus den Augen, und etwa 1984 stand dann endlich eine rote Suzuki DR 500 auf dem Hof! Die Entscheidung zwischen der DR 500 und der Yamaha XT 500 fiel mir leicht. Eine XT fuhr im Endurobereich zu damaliger Zeit fast jeder, die DR war eher selten, und die gute Bekanntschaft zum örtlichen Suzukihändler erleichterte die Entscheidung umso mehr.

Für 2000 DM wurde ich Besitzer einer DR 500 S mit 27 PS und gute 130 km/h Höchstgeschwindigkeit. Ein echter Dampfhammer, vielleicht nicht ganz so grob wie ihre Vorgängerin, die DR 400, die fast, bis auf die Vierventiltechnik, den aufgestockten Hubraum und die beiden Ausgleichswellen, identisch war. Aber dennoch so rappelig, dass die spärlichen montierten Extras wie Hupe, Nummernschild, hunderte von Schrauben und sonstiges gnadenlos abvibrierten. Hingegen war die Batterie gut und sicher montiert, obwohl sie so ziemlich das einzige war, was bei der Suzuki DR 500 absolut überflüssig war. Immer leer und nahm nur Platz weg.

Suzuki DR 500Bei laufendem Motor klappte die 6V-Versorgung auch ohne sie, gestartet wurde per Kick, und im Stand brauchte sie eh keinen Strom. Bei dem Stichwort „Kickstarter” wird der eine oder andere wohl schmerzverzerrt zusammenzucken, sicherlich berechtigt, aber ich muss sagen, dass der, der den Bogen heraus hatte, von der DR 500 nicht im Stich gelassen wurde. Meine ist immer angesprungen, auch nach längerem Stehen. Von den üblichen Verschleißteilen wie Reifen, Kette und dem stark rostenden Auspuff abgesehen, hatte die DR keinen Ärger gemacht und teure und aufwendige Reparaturen blieben mir in den Jahren 84 bis 87 erspart. Zwanzig Jahre, eine DR 600, kurzzeitig eine Yamaha und die eine und andere BMW später, zwickte mich im Sinne des Wortes das Mäuschen – an einem verregneten Samstag schaute ich bei „mobile” nach, ob es wohl Angebote für die Suzuki DR 500 gab.

Lange Rede, kurzer Sinn, fünf Stück wurden angezeigt. Dreimal Schrott, ein preislich uninteressantes und ein überlegenwürdiges Angebot mit TÜV. Das Virus war wieder geweckt! Zwei unruhige Nächte später, ein Telefonat, einen Anhänger besorgt und mit 600 Euro in der Tasche ab nach Celle.

Freudig wurde ich vom Verkäufer erwartet. Auf dem Weg zu seine Garage gestand er mir, die DR 500 etwas voreilig gekauft zu haben. Sie war wohl eine Art „Scheunenfund”, und er hatte sie auch wohl schon etwas hergerichtet und sie lief gut. Auf meine Gegenfrage, was denn der Knackpunkt wäre, kam es dann zu Tage: Er bekam den Dübel schlecht an, und wenn, dann nur unter großem Zeitaufwand, viel Zufall und Schmerzen. Nicht zu vergessen der Hohn und die schlauen und nervtötenden Sprüche der Zuschauer, falls er das Ding in der Öffentlichkeit anlassen musste. Im gleichen Atemzug machte er mir klar, dass er sie nicht mehr starten würde, ein Bänderriss und ein angebrochener Fuß würden ihm endgültig reichen. An seiner Garage angekommen sah ich seine Konsequenz: Eine Suzuki XF 650 mit E-Starter und Mäusekino, dahinter stand leicht grinsend, wie Schlangen eben grinsen, die DR 500, unschuldig in weiß!

Suzuki_DR500_4Der erste Eindruck ging eigentlich. Es war alles dran, Seitendeckel, Werkzeugfach, vordere Kettenabdeckung usw., original und heile. Jetzt wird der Eine oder Andere sicher sagen: Das sind doch Peanuts, Hauptsache die Karre läuft gut! Grundsätzlich schon, aber wer so ein Schätzchen schon mal original hergerichtet hat, der weiß, dass Reifen und Auspuff noch zu kriegen sind, aber bei Kunststoffteilen und nicht funktionswichtigen Dingen wird die Beschaffung oft sehr schwer.

Nun standen wir da, und es war mein Part, sie zum Leben zu erwecken. Wenn sie ein braves Mädchen sein sollte, würde es schon wie vor 20 Jahren mit meiner ersten DR klappen.
Also, die Stiefel an, Benzinhahn auf, Choke gezogen, Dekompression gedrückt, etwas Benzin in den Zylinder gepumpt, Zündung an, Kolbenstand optimiert, kein Gas und los! Was soll ich sagen, sie war und ist ein braves Mädchen. Zwei-dreimal die Prozedur, und sie lief mit ihrem unverwechselbaren Klang. Der Verkäufer stand etwas verblüfft und ungläubig da, und bevor er noch etwas sagen konnte, rief ich ihm zu: „Ich bin mal eben um den Block!”

Heute, sechs Jahre später, steht, bzw. fährt die DR immer noch bei mir. Der Motor schnurrte die 18000 Kilometer ohne Probleme ab, und so taten die Verschleiß- und Schönheitsinvestitionen auch nicht so weh. Reifen, Kette und Stoßdämpfer wurden erneuert, eine Zwangsläufigkeit, weiß ja auch jeder, was so etwas in etwa kostet. Dann habe ich noch die Sitzbank beziehen lassen. Eine äußerst gute Arbeit von einem Hobbysattler für nur 70 Euro. Der größte Batzen war das Ersetzen der kompletten original Auspuffanlage, vom Krümmer bis zum Endschalldämpfer, inklusive der Wärmeschutzbleche für 500 Euro.

Zum Abschluss möchte ich sagen, dass ein Oldtimer, oder im Fall der DR 500 ein angehender Oldtimer, möglichst original aufgebaut werden sollte. Er kann aber ruhig Gebrauchsspuren aufweisen, sollte aber nicht vergammelt sein. Er braucht auch nicht unbedingt ladenneu zu erscheinen. Eine Wertsteigerung ist reine Spekulation und schlecht kalkulierbar. Dies ist natürlich Ansichtssache, wichtig ist, dass man Spaß daran hat!

{dybanners}14,,,{/dybanners}

 

{dybanners}15,,,{/dybanners}