Simson war einer der bedeutendsten Zweiradhersteller der DDR und hat sich mit seinen Kultmodellen „Schwalbe“ und „S 51“ unsterblich gemacht. Auch wenn die Produktion seit Jahrzehnten eingestellt ist, tut das der Liebe zu den Simson-Mopeds keinen Abbruch. Es handelt sich um die meistgefahrenen Retro-Mopeds, sodass sie auch heute noch auf vielen Straßen zu entdecken sind. Da lohnt es sich, einen Blick auf die faszinierende Geschichte des Suhler Unternehmens zu werfen und herauszufinden, was die ostdeutschen Originale so beliebt macht.

Speziell die Simson Schwalbe hat einen kreativen Fankreis
Speziell die Simson Schwalbe hat einen kreativen Fankreis

Die Geschichte des Unternehmens im Überblick:

Die Geschichte von Simson begann im Jahr 1856, als die jüdischen Brüder Löb und Moses Simson ein Drittel eines Thüringer Stahlhammerwerks übernahmen und die Firma „Simson & Co“ in Suhl gründeten. Zunächst stellten sie Waffen hauptsächlich für militärische Aufträge her, darunter für die preußische Armee, das sächsische Kriegsministerium und die renommierte Firma Krupp. Doch das Unternehmen war auch offen für technologische Innovationen und nahm 1896 die Produktion von Fahrrädern nach britischem Vorbild auf. Die Simson-Brüder wagten sich sogar in den Pkw-Bau vor. Mitte der 1920er-Jahre schloss die Firma einen Monopol-Vertrag mit der Reichswehr über Lieferung von Waffen ab, wodurch die Weltwirtschaftskrise gut überwunden werden konnte.

Nach der Machtergreifung der Nazis wurde der Erfolg der Firma für antisemitische Propaganda vom „jüdischen Monopol“ herangezogen. Die staatliche Unterstützung wurde zu einem Problem: Der thüringische Gauleiter Fritz Sauckel stellte verleumderische Behauptungen auf und leitete ein Untersuchungsverfahren wegen Vorteilnahme ein. 1935 fiel das Unternehmen in seine Hände, die Familie Simson musste fliehen. Mehr Informationen zum historischen Kontext sind beispielsweise auf dieser Seite zu finden.

Das erste Leichtmotorrad, das „BSW 98“, wurde 1938 produziert. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs stieg das Unternehmen unter dem Namen „Gustloff-Werke – Waffenwerk Suhl“ jedoch erneut verstärkt in die Produktion von Kriegswaffen ein. Schon bald wurde die zivile Produktion von Autos und Zweirädern eingestellt. Erst nach Kriegsende wurde sie wiederaufgenommen, nachdem der Rüstungsbetrieb demontiert und das Unternehmen Teil der russischen „SAG Awtowelo“ (Staatliche Aktiengesellschaft Motorrad) wurde. 1952 wurde der DDR das Unternehmen von der Sowjetunion übergeben, das fortan den Namen „VEB Fahrzeug- und Gerätewerk Simson Suhl“ trug. Unter diesem Namen begann Simson, Motorräder und Kleinkrafträder zu produzieren, die einen bedeutenden Beitrag zur Massenmotorisierung der DDR leisteten.

1962 trat ein Beschluss in Kraft, dass Motorräder in der DDR nur noch im sächsischen Zschopau gebaut werden sollten. Von da an stellte das Suhler Unternehmen ausschließlich Mopeds, Mokicks und Roller her, darunter eines der bekanntesten Kleinkrafträder der DDR: die „Schwalbe KR 51“ von 1964. Dieses erste Modell der sogenannten Vogel-Serie von Simson („Spatz“, „Star“, „Sperber“ und „Habicht“ folgten) Firma erfreut sich noch heute großer Beliebtheit und gilt als Vespa der DDR. Die Schwalbe wurde nicht nur von Privatleuten, sondern beispielsweise auch von der Post und der ostdeutschen Polizei im Dienst genutzt. Sogar das Sandmännchen fuhr auf einer Schwalbe durchs Fernsehen.

1968 ging das Unternehmen in das „VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann“ über. 1975 ging das sportliche Mokick „S 50“ in den Bau, das vor allem bei den Jugendlichen beliebt war. Es wurde bis 1980 produziert, rund 600.000 Stück an der Zahl und dann vom weiterentwickelten „S 51“ abgelöst, das ebenfalls zum Kultmodell wurde. Die Schwalbe wurde bis 1986 produziert. Wenn man alle Modelle zusammennimmt, kommt man auf über eine Million gefertigte Schwalben, von denen heute noch ein beträchtlicher Anteil über die Straßen fährt.

Mit der Wende wurde das Ende von Simson eingeläutet. Der Volkseigene Betrieb wurde der Treuhandgesellschaft unterstellt und privatisiert. 1991 wurde die Produktion eingestellt. Zwar gründeten ehemalige Mitarbeiter 1992 die „Suhler Fahrzeugwerk GmbH“, es gelang ihnen aber nicht, das Ruder rumzureißen. Im Jahr 2000 meldete die Firma Insolvenz an und konnte sich nicht mehr retten. 2003 wurde das Betriebsvermögen zwangsversteigert und ging an die MZA GmbH. Durch eine Vereinbarung ist MZA nun Simson-Lizenznehmer und produziert immer noch Ersatzteile für nahezu alle bisher gebauten Simson-Modelle.

Trotz dieses traurigen Endes haben die Mopeds von Simson auch heute noch Kultstatus und werden als die meistgefahrenen Retro-Mopeds verehrt. Die Gründe dafür sind vielfältig.

Warum die Mopeds von Simson heute noch so beliebt sind:

Ein großer Faktor für die anhaltende Beliebtheit der Simson-Mopeds ist sicherlich Nostalgie. Wer in der DDR aufgewachsen ist sieht in Schwalbe und Co. oftmals ein Symbol der eigenen Jugend, wird durch die Mopeds an die aufregende Teenie-Zeit zurückerinnert.

Auch ist das einzigartige Design der Simson-Mopeds nach wie vor ansprechend und unterscheidet sich von dem anderer Anbieter. Der besondere Simson-Look wurde von Erich Überlacker geprägt, der als Chefdesigner in den 1960ern und 70ern bei Simson tätig war. Sein Einfluss auf die Fahrzeugindustrie ist heute noch spürbar. Doch neben nostalgischen oder ästhetischen Gründen gibt es auch ganz praktische Argumente für die Beliebtheit von Simson-Mopeds in der heutigen Zeit.

Wartungs- und Reparaturarbeiten können vergleichsweise leicht durchgeführt werden, man muss allerdings die passenden Simson-Ersatzteile finden. Dank spezialisierten Online-Anbietern dürfte das jedoch in der Regel kein Problem sein. Wer gerne schraubt und nicht unbedingt zwei linke Hände hat, hat mit Simson-Mopeds seine Freude. Es gibt übrigens auch viele Clubs und „Moped-Banden“, die sich den Simson-Mopeds verschrieben haben. Dort kann man Gleichgesinnte finden, um gemeinsam zu fachsimpeln, zu schrauben und natürlich zu fahren.

Simson-Mopeds haben darüber hinaus einen weiteren Vorteil gegenüber anderen 50ccm Zweirädern: Sie dürfen legal bis zu 60 km/h fahren und erfordern nur den Führerschein der Klasse M, also keinen Motorradführerschein. Damit können Schwalbe und Co. 15km/h schneller fahren als neue Mopeds! Dies macht sie zu einer attraktiven Option für viele Fahrer, insbesondere junge Menschen. Zudem darf die Schwalbe als Kleinkraftrad mit Versicherungskennzeichen zulassungsfrei schon mit 15 Jahren gefahren werden.

Was beim Kauf einer alten Simson beachtet werden sollte

Die Retro-Mopeds der Firma Simson sind heißbegehrt, weshalb leider nicht jedes Angebot auf dem Markt seriös ist. Es gilt also sehr aufmerksam zu prüfen, wer da was verkaufen möchte. Natürlich sollte der allgemeine Zustand genau überprüft werden. Außerdem sollte auf einige Details geachtet werden. Wie erwähnt, dürfen Original-DDR-Simsons legal 60 km/h fahren. Für Fahrzeuge, die erst nach 1992 erstmalig zugelassen wurden, gilt diese Regel aber nicht! Sie werden auch als „West Simson“ bezeichnet und haben einen anderen Motor, bei dem die DDR Zylinder nicht passen. In den Fahrzeugpapieren steht außerdem die zugelassene Geschwindigkeit. Wer keinen Wert darauf legt, mit extra Speed über die Straßen zu düsen, kann aber trotzdem viel Spaß mit diesen Modellen haben.
Vorsicht ist bei Reimporten geboten! Diese sind teilweise unvollständig und nicht verkehrssicher, das Kraftfahrt Bundesamt (KBA) stellt für sie meist gar keine Betriebserlaubnis aus. Zwar ist eine Einzelabnahme beim TÜV theoretisch möglich, damit sind aber hohe Kosten verbunden. Reimporte sind am Typenschild zu erkennen, auf denen beispielsweise ein „H“, „HA“, „C“ oder „D“ vermerkt ist. Ob man sich solch eine Simson anschaffen möchte, sollte man sich wirklich ganz genau überlegen.
Beim Kauf eines Retro-Mopeds sollte man außerdem sicherstellen, dass alle Papiere vorhanden sind. Diese nachträglich zu beantragen ist nicht leicht und zudem kostspielig. Wenn bis hierhin alles stimmt, dann ist eine Probefahrt der nächste Schritt. Erst dann lässt sich sagen, ob das Fahrverhalten stimmt, sämtliche Bedienelemente funktionieren und der Motor schnurrt. Unter Umständen sollte zu guter Letzt ein Fachmann zu Rate gezogen werden, der alles genau unter die Lupe nimmt und die Verkehrssicherheit garantiert.

Wer ein altes, reparaturbedürftiges Schätzchen erworben hat, findet im Internet viele Tipps und Anleitungen, um dieses wieder in einen guten Zustand zu bringen. Meist ist ja das Schrauben das Schöne und später genießt man die Ausfahrten umso mehr.