Schweden, genauer: Dalsland, wurde anscheinend nur von wenigen Bikern erfahren – einschlägige Reiseberichte sind im Web kaum zu finden. Ein Grund mehr, einmal dort ein paar Tage Motorrad-Urlaub zu verbringen…
aus Kradblatt 10/15
von Norbert Kewitz
Schweden – Dalsland
Schweden, genauer: Dalsland, wurde anscheinend nur von wenigen Bikern erfahren – einschlägige Reiseberichte sind im Web kaum zu finden. Ein Grund mehr, einmal dort ein paar Tage Urlaub verbringen.
Wir (Ulli, Hans, Thomas und ich) mieteten uns ein Schwedenhaus in der Nähe von Bengtsfors und nahe des Sees Lelång (Lelång = langer See (Länge ca. 60 km). Von hier starteten wir unsere Touren.
Die Anreise erfolgte an Himmelfahrt über die A7 nach Frederikshavn, von dort mit der Fähre nach Göteborg und dann weiter auf gut ausgebauten Straßen nach Bengtsfors. Die Anfahrt lässt sich aus Norddeutschland an einem Tag bewältigen. Durch die Fährüberfahrt (Dauer: etwa 3,5 Stunden, Kosten: Überfahrt hin- und zurück einschließlich Motorrad 51 Euro) entsteht eine schöne Pause. An unserem Reisetag spielte das Wetter perfekt mit: Bis Frederikshavn zeigte sich der Himmel bedeckt, auf dem Wasser wurde es zunehmend wolkenlos und strahlender Sonnenschein folgte.
In Schweden haben Landstraßen ein Tempolimit von 70 km/h oder 90 km/h, auf Autobahnen gilt eine Geschwindigkeitsregelung von 110 km/h. Durch die vielen dichten Wälder und die unverhofft auftauchenden Elche (auch tagsüber) sollte man sich auch daran halten. Über einige Seen führen Fährverbindungen (scheinbar kostenlos – wir mussten für die Überfahrten nichts bezahlen).
1. Tag: In Håverud schauten wir uns das idyllisch gelegene Dalslandkanal-Aquädukt an. Hier wurde um 1810 ein Wasserstraßenkreuz mit Schleusen erbaut. Kleine, alte Schiffe mit max. 100 Passagieren verkehren noch heute auf dem Kanal, der die Region mit der Küste (Göteborg) verbindet. Ursprünglich wurde der Kanal für den Warenverkehr geplant. Nach seiner Fertigstellung verkehrten ca. 20 Jahre lang kleine Frachtschiffe auf dem Kanal, danach verlor er durch den Bau von Eisenbahnlinien seine Bedeutung. Heute wird die Wasserstraße nur noch von Touristenbooten und den kleinen Fährschiffen genutzt. Der Weg dorthin bereitete uns viel Fahrspaß, führte er uns doch über kleine Straßen mit bis zu 21 % Gefälle und tollen Kurven.
Auf dem Rückweg machten wir in Bengtsfors am Heimatmuseum Pause – hier mussten wir unbedingt ein oberhalb der Stadt gelegenes Restaurant aufsuchen und dort leckere Waffeln mit Blaubeeren probieren und den Blick von der Terrasse über Bengtsfors und den See Lelång genießen (die nette Bedienung – obendrein auch Bikerin – tat ein übriges für den Wohlfühlfaktor).
2. Tag: Heute ist ein Besuch im Ort Ed im Motorrad-, Motorsägen-, Bootsmotoren- und „Dampfradio“-Museum angesagt. Das Museum ist sehr liebevoll eingerichtet und ausgestattet, unter anderem stehen hier neben einer alten Indian mit Beiwagen auch mehrere Nimbus- und Norton Motorräder. Vor dem Museum auf dem Marktplatz fand gerade in Flohmarkt statt. Ein Elchgeweih wechselte den Besitzer; unglaublich, was sich hier alles finden lässt!
Auf dem Rückweg schauten wir uns in der Nähe von Bengtsfors einen am See versteckt gelegenen Köhlerplatz (leider ohne Meiler) an. Hier ließ sich erahnen, wie einst die Köhler lebten.
3. Tag: Wir fuhren nach Tanum am Kattegatt. Hier sind Felszeichnungen aus der Bronzezeit unter freiem Himmel zu bestaunen und wir können uns dazu im Interpretieren dieser Zeichnungen üben. Die Zeichnungen wurden zur besseren Sichtbarkeit vom ansässigen Museum mit roter Farbe hervorgehoben.
Bemerkenswert: die Felsen sind frei zugänglich, Eintritts- oder Parkplatzgebühren werden nicht erhoben.
Von hier ist es nur ein kleiner „Sprung“ von etwa 5 Kilometern bis zur Küste, deshalb sind wir weiter in und durch die Schären gefahren und haben uns dort die hübschen, zum Teil auf Felsen errichteten Fischerdörfer angeschaut.
4. Tag: Es stand eine Tour nach Båstnäs auf dem Programm, ein „unorthodoxer“ Autofriedhof war unser Ziel. Hunderte von alten Autos aus den Jahren von ca. 1940 bis 1965 sind hier in freier Natur abgestellt und jetzt zum Teil von Bäumen und Gestrüpp überwachsen. Für Oldtimerfreaks und Teilesucher bestimmt ein Eldorado (allerdings verbietet der Besitzer strikt Demontagen und verkauft auch keine Teile). Der Weg dorthin endet in Båstnäs, und ist zum Teil eine Schotterpiste (er muss auch wieder zurückgefahren werden), lässt sich aber auch mit normalen Motorrädern gut bewältigen. Schöne Landschaft, Seen und ein Blick auf eine Fischfarm entschädigt für die „naturnahe“ Zufahrt.
5. Tag: Von unserer Unterkunft bis Oslo sind es ca. 150 Kiloenter – ein Abstecher, Aufbruch am frühen Morgen, dorthin ist deshalb ein Muss. Grenzformalitäten gibt es hier genauso wenig wie bei der Einreise nach Dänemark und Schweden, es ist niemand am Grenzübergang zu sehen. In Oslo lassen sich leicht mehrere Tage verplanen. Wir beschränken uns daher auf die Museumsinsel Bygdøy (Ulli), Skisprungschanze auf dem Holmenkollen, Rathausbesichtigung und Sightseeing in den alten Gassen.
6. Tag: Heute fahren wir noch einmal die reizvolle Strecke nach Håverud und besuchen dort das liebevoll eingerichtete Heimatmuseum. Hier bekommt man einen Eindruck, wie entbehrungsreich die Menschen vor ca. 200 Jahren in der Region zur Zeit des Kanalbaues gelebt haben.
In den Schleusen herrscht rege Betriebsamkeit: Zwei alte Passierschiffe werden geschleust und damit auf das ca. 10 Meter niedrigere Niveau des Vänern, dem drittgrößten See Europas, abgesenkt.
Auf dem Rückweg machen wir noch einmal in Bengtsfors halt und genießen die leckeren Waffeln.
Hier fällt auf, dass der Hinterreifen von Thomas’ Hornet unter starkem Luftverlust leidet. Zwei Flaschen Pannenspray können nicht für Abhilfe sorgen – ein kleiner, sehr spitzer Stein war der Stressauslöser. Ein neuer Reifen wäre frühestens erst in einer Woche zu bekommen (der Nationalfeiertag und Pfingsten würden eine schnelle Bestellung vereiteln). Helfen konnten uns schließlich zwei Automechaniker, die einfach einen Gummistopfen, der sich durch das Fahren vulkanisierte, durch das aufgebohrte Loch zogen. Der Reifen hielt jetzt seinen Luftdruck und wir konnten erleichtert weiterfahren.
7. Tag: Heute regnet es, deshalb ist ein Home-Day angesagt. Doch davon lässt sich Ulli, ein echter „bei jedem Wind und Wetter-Biker“ nicht abschrecken und besucht in Bengtsfors das Heimatmuseum und bekommt dort eine persönliche und sehr interessante Führung durch vier Häuser. Mehr war an einen Nachmittag nicht machbar – Ulli war sehr interessiert und der ehrenamtliche Führer freute sich so sehr über Fachgespräche mit dem wissbegierigen Besucher, dass er die Führung sogar über seinen Feierabend hinaus ausdehnte.
8. Tag: Nach Drøbak am Oslofjord ist es auch nicht weit. Hier schauen wir uns im Julehaus (Weihnachtshaus) um und genießen den Blick auf den Fjord und die Festungsinsel, die engste Stelle des Oslofjordes. Im Julehaus werden ganzjährig nordische Weihnachtsartikel zum Kauf angeboten. In einem alten Lokal neben dem Julehaus wird leckerer Kuchen und Torte angeboten – wir haben es uns schmecken lassen.
1940 wurde hier das deutsche Schlachtschiff „Blücher“ auf seiner Jungfernfahrt versenkt und liegt in ca. 60 Metern Tiefe. Ein Anker wurde von dem Schiff geborgen und steht heute in Oslo auf der „Aker Brygge“, dem dort angesagten Geschäfts- und Kneipenviertel.
9. Tag: Abreise über Göteborg, mit der Fähre zurück nach Frederikshavn. Anschließend über die E45 und A7 zurück nach Bad Segeberg.
Fazit: es gibt viele Sehenswürdigkeiten in Dalsland, für die man einfach mehr Zeit benötigt. Auch Kanutouren auf den Seen und dem damit verbunden Kanal bieten sich an. Ein schönes, interessantes Land und nette Menschen ergeben einen entspannten Urlaub.
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