aus bma 8/12
von Gerd Weymann

pimp my MZAls „gelernter” ehemaliger DDR-Bürger lebe ich schon fast 11 Jahre in Ostfriesland und möchte, auch wenn ich Baujahr 1949 bin, in einem kleinen Nostalgiebericht über die DDR-Zweiradszene zu meiner Zeit berichten. Angeregt dazu hat mich der bericht „Huldigt den Schrauber­affen” in der bma Juni-Ausgabe.

Auch in der damaligen DDR gab es eine große Motorradbastlergemeinde, natürlich unter erschwerten Bedingungen. Vom Rennsportvirus angesteckt wurde alles von MZ über Jawa, AWO usw. sportlich umgerüstet. Anregungen holten wir uns damals beim Besuch der Rennstrecken Sachsenring, Schleizer Dreieck oder auch in Brno (Brünn/ CZ).

Unsere Idole waren Mike Hailwood, Jim Redman, Luigi Taveri, Giacomo Agostini, um nur einige zu nennen.

Da es bei uns keine Zubehörkataloge und kein Tuningmaterial gab, war fast ausschließlich Eigenbau angesagt. Ich hatte damals in den 70er Jahren das Glück, in einem metallverarbeitenden Großbetrieb (VEB) zu arbeiten, wo auch noch Teile verchromt werden konnten. Diese illegalen Arbeiten zum Umbau des Motorrades wurden in den Nachtschichten erledigt. Die Betriebsleitung wusste zwar davon, jedoch wurde die Bastlergemeinde nie ausgehoben. So konnte ich meine stinknormale MZ ES 150 umfriemeln – heute sagt man tunen dazu.

Pimp my MZAls erstes wurde eine „Rennsitzbank” gebaut und montiert, danach der klobige Vorderradkotflügel durch ein aus Alu gehämmertes Schutzblech ersetzt, der originale Blechlenker entfernt und eine Eigenkonstruktion mit Klemmbrücken installiert. Der hintere Kotflügel erfuhr eine sportliche Kürzung, die Schraubenfedern der Federbeine wurden freigelegt und verchromt, der Auspuff bekam eine verchromte Aufhängung mittels einer Strebe. Ebenso erhielt die Maschine eine Lichtmaschinen Be- und Entlüftung, einen offenen Luftfilter sowie größere BVF (Berliner Vergaserfabrik) Vergaser. Bedingt durch den größeren Vergaser musste jedoch am Zylinder leicht „gefeilt” werden. Nach all diesen Arbeiten konnte die Maschine gegenüber dem Original aus dem Laden einiges an PS und Tempo zulegen. Und, was natürlich wichtig war, die Maschine ist ein kleiner „Hingucker” geworden.

Unser damaliger DDR-TÜV war nicht so scharf, wie wir ihn heute kennen. Manchmal reichte es, wenn man einen KFZ-Meister kannte, der schriftlich bescheinigte, dass alle Umbauarbeiten in seiner Werkstatt durchgeführt wurden. Dann war man aus dem Schneider und konnte fahren.

Leider musste ich meine Leidenschaft ab Sommer 1975 an den Nagel hängen. Auf dem Weg zur Arbeit nahm mir bei Tempo 90 km/h ein entgegenkommender, links abbiegender Lada-Fahrer die Vorfahrt, so dass ich mit durchtrenntem linken Oberschenkel und Oberschenkelfraktur auf der Straße lag. Meine MZ war natürlich Schrott. Monatelange Krankenhausaufenthalte und Operationen waren die Folge. Insgesammt kann ich 11 Operationen auflisten. Meine MZ wurde mit Versicherungsgeldern in einer Privatwerkstatt wieder original aufgebaut. Ich habe die Maschine dann in die Landwirtschaft verkauft, wo sie von einem „Rucksackbullen” (Besamer) gefahren wurde. Na, wenigstens hat die MZ noch gute Dienste bei der Vermehrung von Rindviechern geleistet.

Der Virus Motorradfahren hat mich jedoch nie losgelassen, so dass ich mir im vergangenen Jahr einen 125er Yamaha Roller Majesty zugelegt habe. Da ich mit dem linken Fuß bzw. Bein die kurzen Schalthebel am Motorrad nicht bedienen kann, muss es eben eine Automatik machen.

Gern möchte ich so manchem Biker, der an mir vorbeipfeift zurufen, sei vorsichtig und pass auf dich auf, sonst fährst du – wenn überhaupt – vielleicht auch mal Roller.

So, das wars was ich mir mal von der Seele schreiben wollte. Gleichwohl lag mir daran zu berichten, dass es auch in der damaligen DDR eine gewaltige Zweiradszene gab und es ein wahnsinniges Hobby war.