aus bma 11/07

Text: Ferdinand Plaschke
Fotos: Scheibe, Peter, Fromm, Archiv Saure

SauerlandDrei Dinge braucht die Frau: Das Sauerland als Urlaubsziel, zum Angasen eine Ducati S4R und natürlich ein schickes Ferienhotel. Julia aus Berlin hat sich diese drei Glücksgefühle selbst beschert. Sozusagen als Belohnung für das bestandene Diplom als Architektin.

Willingen im Sauerland kennt fast jeder. Alle, die sich für Wintersport und das Weltcup-Skispringen interessieren sowieso, aber auch naturverbundene Urlauber und kurvenhungrige Kradler. Das Mittelgebirge bietet nämlich jede Menge idyllische Nebenstrecken, den Fahrspaß gibt es hier bis zum Abwinken gratis dazu. Welchen Stellenwert diese Massenbewegung für den Tourismus hat, verrät Hotelchef Walter Saure vom Sauerländer Hof: „In der Motorradsaison wimmelt es bei uns nur so von Bikern. Besonders am Wochenende kommen sie gleich scharenweise nach Willingen, sie gehören längst zu unseren Stammkunden. Für unsere Biker-Gäste habe ich mir im Sommer 2005 erstmalig ein außergewöhnliches Übernachtungs- und Freizeit-Arrangement ausgedacht. Fünf aktuelle Ducatis standen für kostenlose Probefahrten bereit.”

Von der Spree an den Ettelsberg

Rund 450 Kilometer Richtung Osten in Berlin schwitzt Julia vor ihrem Computer. Die 26-Jährige ist frisch gebackene Architektin und arbeitet zur Zeit nicht an einer neuen Bauzeichnung, sondern surft im Internet. Es geht um Freizeit, um ein langes Wochenende. Denn das hat sie sich verdient, es ist ihr erster Urlaub. Abi, Studium, Examen, Architektin und das alles in den letzten fünf Jahren. Das war Fleiß und noch mal Fleiß.
Von Freitag bis Montag hat Julia frei. Die Last-Minute-Angebote im „World Wide Web” erschlagen sie: Mallorca, Türkei, London, New York. Alles tolle Spontanreisen und alles supergünstig. Doch dann findet die leidenschaftliche Bikerin Walter Saures „Ducati-Days im Sauerland”, das lange Wochenende ab 159 Euro inklusive Ducati-Testfahrt. Eine Mail, zur Sicherheit noch ein Anruf, und der Trip ist gebucht.

 

SauerlandDieser kleine Flecken im Waldecker Land ist berühmt. Weil es dort viele Skihasen gibt. Weil dort die Zapfhähne nicht still stehen. Weil sich dort die Ballermänner von Spaniens Sonne erholen. Und weil man von dort zu ausgedehnten Touren durch das „Land der tausend Berge”, das Sauerland, aufbrechen kann.
Gewissermaßen mitten im Zentrum von Deutschland liegt das Sauerland. Unter Motorradfahrern gilt das dicht bewaldete Mittelgebirge schon länger als Geheimtip. Durch die zentrale Lage ist man von fast überall zügig im „Nabel der Republik”, auch Kradler aus Benelux schätzen die Vorzüge der kurvenreichen Pisten. Die Nebenstrecken winden sich durch eine wunderschöne Landschaft, sie sind wenig befahren und ein toller Tummelplatz für Motorradfahrer.
Beinahe schon Kultstatus hat der Bikertreff am Diemelsee, der immer einen Abstecher wert ist. Im Kurort Willingen geben sich außer Walter Saure auch andere Gastronomen und Hoteliers seit Jahren sehr motorradfreundlich. So ist Willingen zwar im Winter fest im eisigen Würgegriff von Väterchen Frost und Frau Holle, doch mit der Schneeschmelze zieht es Motorradfahrer wieder in die märchenhafte Landschaft.
Julia ist hin und weg: Das Hotel ist spitze, ihr Mansardenzimmer ein Traum. Walters Team liest Julia beinahe jeden Wunsch von den Lippen ab. Verwöhnatmosphäre pur. Dann aber hinein in die Motorradsachen und ab mit der 1000er Ducati.

Schnupper-Kurs:
Eine Runde um den Diemelsee

SauerlandGenuß statt Streß. Sonnen, Relaxen oder Pisteräubern. Julia will jetzt am Quirl drehen. Will sich warm fahren, will warm werden mit der Maschine. 1000 Kubik, 117 PS, 206 kg und 230 Sachen, aber nur auf der Autobahn, fordern die ganze Frau. Vorbei an saftigen Wiesen und durch dichte Wälder, mal bergauf, mal bergab und jede Menge Kurven, wo gibt es schon so etwas in Berlin? Und dann da ja noch der Motorrad-Treff an der Sperrmauer. Mal schauen.
Irgendwann brausen die Damen zurück. Die Italienerin bekommt noch schnell ein paar Schluck Benzin, die Berlinerin leckere Happen und schlürfige Schlücke edler Tropfen. Ein langer, toller Tag geht zu Ende. Irgendwie ist die junge Architektin doch geschafft.
Der Samstag begrüßt unsere Testfahrerin freundlich. Erst mit einem guten Frühstück und dann mit einigen Tourentips. Die Strecke beginnt natürlich in Willingen und führt in Richtung Usseln.
Gleich im Nachbarort Stryck darf man die Mühlenkopfstraße nicht verpassen, denn von hier aus kann der Blick auf das verträumte Willingen und das imposante Eisenbahn-Viadukt schweifen. Dank der gut ausgebauten B251 ist es nur ein Katzensprung nach Usseln, wo Julia durch eine Rechtskehre driftet und die Nebenstrecke nach Düdinghausen über die „Hochsauerland Höhenstraße” nach Winterberg unter die Gummis nimmt.
Die Duc mit dem kräftigen V2-Twin stampft durch das malerische Deifeld bis kurz hinter Küstelberg. Hier geht es rechts ab und weiter über eine Nebenstrecke via Grönebach nach Niedersfeld. Einige Kilometer weiter kommt Wiemeringhausen in Sichtweite. An dieser Stelle empfiehlt sich ein kleiner Abstecher über eine Sauerländer „Serpentinen-Paßstraße” hinter Brunskappel nach Elpe. Hier sind die blonde Berlinerin und die rote Italienerin voll in ihrem Element, Julia läßt es krachen, daß es eine Wonne ist. Die letzte Rille links ist kaum erreicht, da geht es schon wieder rechts herum.
Nach Wiemeringhausen ist einmal tief durchatmen für die nächsten drei Kilometer angesagt, nach dem alpinen Abstecher führt die Strecke zunächst fast schnurgeradeaus. In Assinghausen scharf rechts geht es anschließend über eine kurvige Nebenstrecke nach Bruchhausen, bekannt durch die gleichnamigen Steine, von hier aus weiter über eine kleine kurvenreiche Nebenstraße zurück nach Willingen.
Mit allem Drum und Dran haben die Damen rund 300 Kilometer abgespult. Morgen geht es zurück nach Berlin. Zur eigenen 900er Monster Dark und Freund Mirko. Die S4R bleibt zurück.

Das Wort zum Schluß von Julia

Sauerland„Ich denke noch immer sehr gern an dieses Sauerlandwochenende. Beginnen wir mal mit dem Luxus-Erlebnis einer S4R. Nachdem ich wieder auf meiner 900er Monster saß, weiß ich, daß dies doch nicht mein Traummotorrad ist. Ich würde mich nach meinem überüberüberüber…nächsten Gehalt für die 1000er entscheiden – und sofort die Kupplung mit einem offenen Deckel versehen, die klang so brav. Mir hat allein schon die Größe des Motorrades gefallen.
Sie machte einen kräftigen und straffen Eindruck, und das gute Handling ist eben typisch Ducati. Von der Farbe war ich von Bildern her anfangs nicht begeistert. Nun aber verstehe ich das Ducati-Rot als Blickfang. Es wirkt einfach. Kurzum, ich hätte nichts dagegen, das Motorrad gegen meins zu tauschen.
Ich hätte nicht gedacht, daß man im Sauerland Urlaub machen kann. Es ist aber eine Reise wert. Die bergige Landschaft bietet wunderbare Ein- und Ausblicke, die Straßen sind größtenteils in gutem Zustand, wohingegen man in Berlin regelmäßig überlegt, ob man nicht doch auf eine Enduro umsteigen sollte. Die drei Tage im Sauerländer Hof waren sehr herzlich und familiär.
Die Tourentips sind im wahrsten Sinne des Wortes professionell, da hier Motorradfahrer Motorradfahrer beraten. Außerdem kann die Küche, obwohl nicht schwäbisch, wunderbare Spätzle zaubern.”