aus bma 04/07

von Marcus Lacroix

Schuberth S1
Sicher & bequem – Rukka Armax.

Schuberth S1

Kauft man sich etwas Neues, informiert man sich in der Regel vorher ausführlich. Das gilt vor allem dann, wenn man für eine Anschaffung mehr Geld als gewohnt in die Hand nehmen möchte. Gespräche am Bikertreff oder in Internetforen liefern meist brauchbare Infos aus der Praxis, auch wenn es dort auf eine Frage mindestens drei unterschiedliche Meinungen gibt.

Auf der Suche nach empfehlenswerter Motorradbekleidung taucht dabei der Name eines Herstellers immer wieder auf: Rukka. Speziell bei anspruchsvollen Tourenfahrern genießt der finnische Hersteller einen ausgezeichneten Ruf. Einzig und allein der hohe Anschaffungspreis treibt einem Normalverdiener die Tränen in die Augen. Bekommt man doch bei Aldi, Lidl & Co. Kombis für ein zehntel des Preises. Da fragt man sich natürlich ob die Rukka-Sachen wirklich so gut sind, oder ob die Käufer es nur einfach nicht zugeben, wenn sie viel Geld für zu wenig Leistung ausgegeben haben?

Wir namen das Angebot von Rukka, die Armax-Kombi selbst ausführlich zu testen, gerne an. Seit dem Herbst 2006 haben wir die Bekleidung im Alltags-Einsatz. Nun ist es bei unseren Produktvorstellungen ja immer so, das der persönliche Eindruck des Autors wichtiger ist als irgendwelche Messdaten. Wir können keine Material-Abriebwerte messen und auch auch bei den Protektoren führen wir für gewöhnlich keine (geplanten) Chrashtests durch, sondern verlassen uns auf die Normangaben des Herstellers. Was wir aber liefern können, sind subjektive Eindrücke.

Der erste Kontakt mit der Armax-Kombi fällt dabei zunächste etwas zwiespältig aus. Das Zeug fühlt sich recht steif und unbeweglich an. Dabei steht auf dem Kärtchen am Ärmel doch „sicher & bequem”. Die Beschreibung im Katalog wartet mit einer Menge Fachbegriffe auf, mit denen man kaum etwas anzufangen weiß – Armacor, Cordura, GoreTex XCR, Outlast sind einige davon. Wer soll da noch durchsteigen? So viel ist schon an dieser Stelle klar: die Rukka Armax-Kombi ist kein Produkt, das man sich ungesehen über’s Internet bestellen sollte. Hier schlägt die Stunde des Fachhändlers, denn die Bekleidung, die Materialien und die vielen Ausstattungsdetails wollen und müssen erläutert werden.

Dort erfährt man dann, das die Steifigkeit der Bekleidung kein Nach- sondern ein Vorteil ist. Die atmungsaktive Gore-Tex-Membran ist mit dem Obermaterial fest verbunden. Man nennt das Dreilagenlaminat, im Gegensatz zum Z-Liner, bei dem die Membran zwischen Außen- und Innenmaterial baumelt. Erhöhte Atmungsaktivität, geringere Wasseraufnahme, Flatterfreiheit und längere Lebenserwartung zeichnen das Dreilagenlaminat u.a. aus. Daran, das sich die Bekleidung ein wenig steif anfühlt, gewöhnt man sich in der Praxis außerordentlich schnell und unsere Testkombi sitzt wie angegossen. Dazu tragen auch die Gore-Tex-Stretcheinsätze an den Seiten der Jacke bei, die die Verwendung eines Gürtels überflüssig machen.

Die Rukka-Kombi ist wirklich wasserdicht. Die vier Außentaschen zwar nicht ganz, aber das erwartet auch niemand – Rukka wirbt ja auch nicht damit. Die drei Innentaschen (eine davon mit Handyeinschub und erstaunlicher Weise auch die Reißverschlüsse mit den Belüftungsöffnungen blieben auch bei sintflutartigem Regen auf der Autobahn dicht. Die Atmungsaktivität kann man erst im Hochsommer richtig bewerten, doch blieb das Klima in der Kombi vom Herbst bis zum März auch beim Einsatz von Thermoflash-Heizbekleidung sehr angenehm. Die Gore-Tex XCR-Membran soll eine 25% höhere Atmungsaktivität haben, als die normale Gore-Tex-Membran. Zur Temperaturregulierung sollen auch das Outlast-Futter und das mit TFL CoolBlack (was auch immer das ist) behandelte Obermaterial beitragen. Ersteres gleicht Temperaturschwankungen aus, zweiteres senkt die Oberflächentemperatur bei starker Sonnen- einstrahlung. Die wabenförmigen Protektoren verhindern einen Wärmestau.

In der Praxis überzeugen außerdem Details wie der mit weichem Neopren gepolsterte Halsabschluss, der abnehmbare GoreTex-Windstopperkragen, durch den man sich ein Halstuch ersparen kann und die dicht schließenden Ärmelbündchen, die unabhängig vom herausnehmbaren Thermofutter in den Ärmeln verbleiben. Scotchlite-Reflektoren und Protektoren an den üblichen Stellen sorgen für mehr Sicherheit. Der Hosenboden ist beschichtet, damit man nicht unangenehm auf der Sitzbank herumrutscht, die abnehmbaren Hosenträger werden nicht von Knöpfen – die ja drücken könnten – gehalten, sondern von speziellen Klettvorichtungen und ein AirCushion genanntes System sorgt dafür, dass die vier Buchstaben am Ende des Rückens auch auf Langstrecke gut klimatisiert ruhen.

Das die Bekleidung erstklassig verarbeitet ist, versteht sich ja eigentlich von selbst. Rukka gewährt immerhin bemerkenswerte fünf Jahre Garantie. Die Jacke ist in den Größen 42 bis 62 in schwarz bzw. in schwarz mit titan, gelb oder rot zu bekommen. Die Hose gibt es nur in schwarz, dafür aber zusätzlich in den kurzen Größen 48 bis 66.
Alles super also? Ja, eigentlich schon – die Empfehlungen in den gängigen Internet-Foren sind ganz sicher nicht übertrieben. Nur der Preis schmerzt ein wenig. Knapp 900,- Kracher für die Jacke und 680,- für die Hose – da muss Oma lange für stricken. Andererseits bieten viele Händler aber auch für Bekleidung und Zubehör Finanzierungen an, die man nach Ansicht des Autors in einem solchen Fall ruhig in Anspruch nehmen sollte. Mit einer super Ausstattung macht jedes Hobby gleich noch mal so viel Spaß.

Einen annähernd hohen Tragekomfort, wobei hier nicht der Komfort beim Stadtbummel sondern der auf dem Motorrad gemeint ist, erfuhr der Autor bisher nur bei einer anderen Textil-Kombi. Überzeugen konnte vor 11 Jahren (bma 2/96) die Dane Kombi Europe, damals ebenfalls sehr teuer und auch mit einem scheinbar steifen Dreilagenlaminat ausgestattet. Hier enden die Gemeinsamkeiten aber schon fast, denn die Rukka Armax-Kombi ist material- und ausstattungstechnisch viel weiter entwickelt als der Vorfahre aus einer Zeit, als die Fotos im bma noch schwarz/weiß waren.