Ein wirtschaftlicher Totalschaden besteht dann, wenn die Reparaturkosten 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes des Motorrades übersteigen. Ihr solltet Euch dieses Urteil verinnerlichen, denn auf Euren Wunsch ist auch der Verbau von Gebrauchtteilen im Gutachten aufzuführen, um die Gesamtkosten unter die 130-Prozent-Grenze zu bekommen…

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aus bma 3/11 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Nach Verkehrsunfällen stellt sich immer die Frage, ob das Motorrad noch reparabel ist oder ob ein sogenannter wirtschaftlicher Totalschaden besteht. Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden muss die Versicherung des Unfallverursachers lediglich die Wiederbeschaffungskosten erstatten. Ein wirtschaftlicher Totalschaden besteht dann, wenn die Reparaturkosten 130 Prozent des Wiederbeschaffungswertes des Motorrades übersteigen. Hat ein Motorrad z.B. einen Wiederbeschaffungswert in Höhe von 5.000 Euro und die Reparaturkosten wurden von einem Sachverständigen mit 7.000 Euro ermittelt, dann durfte bisher das Motorrad nicht mehr repariert werden. Die Reparaturkosten dürften in einem solchen Fall nämlich höchstens 6.500 Euro, betragen. Damit durfte man das Motorrad auch dann nicht reparieren, wenn man z.B. gebrauchte Ersatzteile verwendete oder die tatsächlichen Stundenlöhne der Werkstatt geringer waren, als die im Sachverständigengutachten prognostizierten. Das in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten gab strikt vor, ob das Motorrad noch zu reparieren ist oder ob die Reparaturkosten nicht mehr von der Versicherung des Unfallverursachers zu erstatten sind. Das war die Rechtslage bis zum Ende des letzten Jahres. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 14.12.2010, Az.: VI ZR 231/09) hatte sich kurz vor Jahresschluss mit dieser Problematik zu beschäftigen. Ein Geschädigter wollte sein Fahrzeug trotz Übersteigen der 130-Prozent-Grenze mit Gebrauchtteilen reparieren lassen und damit die 130er Grenze unterschreiten. Das alles natürlich nur, um sein geliebtes Fahrzeug noch zu retten. Die Versicherung des Unfallverursachers war damit nicht einverstanden und lehnte die Übernahme der Reparaturkosten ab. Dem Geschädigten blieb nichts anderes übrig, als seine Ansprüche vor Gericht geltend zu machen. Die Richter des Bundesgerichtshofes zeigten sich verständig und hatten gegen das Vorgehen des Geschädigten nichts einzuwenden. Sie verlangten lediglich, dass die Reparatur den Vorgaben des Sachverständigen entsprechen müs­se. Folglich, so der BGH, dürfen auch gebrauchte Ersatzteile verwendet werden. Diese verhindern nämlich nicht eine fachgerechte Reparatur. Ein interessantes Urteil für alle die ihr Bike so sehr lieben, dass sie es auf keinen Fall missen möchten. Hängen doch an vielen Fahrzeugen auch schöne Erinnerungen. Interessant aber auch, da dieser Grundsatz sicherlich auch auf die Höhe der Stundenverrechnungssätze anzuwenden ist. Sind im Sachverständigengutachten höhere Stundenverrechnungssätze veranschlagt, kann die Werkstatt des Vertrauens diese verringern. Wenn dies dazu führt, dass die 130 Prozent- Grenze unterschritten wird, dann darf repariert werden.

Ihr solltet Euch dieses Urteil verinnerlichen und bei einem Schaden auch mit Eurem Sachverständigen und Eurer Werkstatt bei einer Begutachtung darüber reden, denn nach diesem Urteil darf der Sachverständige auf Euren Wunsch auch den Verbau von Ge­braucht­teilen im Gutachten aufführen, um die Gesamtkosten unter die 130-Prozent-Grenze zu bekommen.

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