Blitzgeräte und deren Bediener geben immer wieder Anlass zur Klage. Wenn ein Hersteller aber sogar Auskunft verweigert, wie eine Messung zustande kommt, ist das schon ein starkens Stück. Erklärungen von RA Jan Schweers…
aus bma 8/13 – Rechtstipp
von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de
In den Medien und auch in gerichtlichen Entscheidungen taucht immer wieder das Geschwindigkeitsmessgerät Poliscan Speed (hier bei Wikipedia) auf. Das Gerät wird von der Firma Vitronic hergestellt und ist ein Lasermessgerät. Mit dem Gerät kann man auf einem Stativ oder in einer festen Säule messen. In Bremen ist die feste Säule z.B. auf der A27 und der A 281 verbaut. Das Gerät arbeitet auf der Basis einer Laserpuls-Laufzeitmessung. Die Fahrbahn wird auf einer Distanz von 10-75 Metern abgetastet, wodurch Fahrzeuge mehrerer Fahrspuren erfasst werden können. Das Messfoto wird erst gefertigt, nachdem die Messung bereits abgeschlossen wurde. Dies führt immer wieder dazu, dass die Ordnungsgemäßheit und Verwertbarkeit der Messung hinterfragt wird und sich die in Deutschland tätigen Sachverständigen in eingeholten Sachverständigengutachten mit der Nachvollziehbarkeit der Messung befassen müssen. Dies meist vergebens, da bisher kein Sachverständiger die Bildung des Messwertes auf seine Richtigkeit überprüfen konnte.
Viele Amtsgerichte und auch Oberlandesgerichte stört dies nicht sonderlich. Sie halten die Messung mit dem Poliscan Speed für ein standardisiertes Messverfahren und hinterfragen die Bildung des Messwertes nicht.
Es gibt aber auch Gerichte die das anders sehen und die Bildung des Messwertes kritisch hinterfragen. Das Amtsgericht Herford (Urteil vom 24.01.2013, Az.: 11 OWi 502 Js 2650/12-982/12) und das Amtsgericht Aachen (Urteil vom 10.12.2012, Az.: 444 OWi- 606 Js 31/12-93/12) sehen derzeit keinen Raum die Betroffen wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu verurteilen, wenn man bei dem Messgerät die vorgeworfene Geschwindigkeit nicht nachträglich überprüfen kann. Der vom Amtsgericht Aachen beauftragte Sachverständige war zu dem Ergebnis gekommen, dass die vorhandenen Messwerte zwar grundsätzlich vorhanden seien, jedoch von der Herstellerfirma aus patentrechlichen Gründen nicht zur Verfügung gestellt werden. Der Sachverständige beschrieb das Gerät als eine „Black Box“. Niemand, außer der Herstellerin des Messgerätes, kann in diese Black Box hineinsehen und ihre Funktion verstehen. Der Sachverständige sprach davon, dass es eine Pseudoauswertung sei, die vorgenommen werden kann, mit einer Analyse jedoch nichts zu tun hat.
Im vorliegenden Fall kam der Sachverständige sogar dazu, dass die Geschwindigkeit noch um 10 km/h höher als gemessen war. Darüber waren alle erstaunt. Das Amtsgericht Aachen hält das Messverfahren nur für zulässig, wenn zumindest ein Sachverständiger deren Richtigkeit überprüfen kann. Das ist derzeit aber offensichtlich nicht der Fall. Folglich ist der Rechtsschutz der Bürger nicht gewahrt. Es ist einem nämlich nicht möglich, durch einen Sachverständigen die Richtigkeit der Messung überprüfen zu lassen.
Die Urteile geben Mut sich gegen diese Geräte, deren ordnungsgemäße Funktionsweise niemand verstehen kann, zu wehren. Hoffentlich werden bald mehrere Gerichte den Mut haben, die Messungen für unverwertbar zu erklären. Wir sind ein kritisches Land und alles wird ansonsten kritisch hinterfragt. Warum dieses Gerät und dessen Funktion nicht hinterfragt wird, leuchtet einem nur ein, wenn man an die finanziellen Ausmaße einer Unwertbarkeit der Messungen denkt.
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