Paragraphaus bma 12/06

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Arbeitsplatzräumer gibt es in Deutschland in den letzten Jahren mehr als genug und fast jeder von Euch weiß, wie er sich in so einem Fall zu verteidigen hat, um sich nicht den Stuhl unter dem Allerwertesten wegziehen zu lassen. Doch kaum jemand weiß, wie er sich als so genannter Kreuzungsräumer ideal zu verhalten hat, um nicht mit seinem Schaden allein dazustehen.
Doch was ist ein Kreuzungsräumer? Bestimmt kein Räumungskommando, das die Kreuzung von Laub, Schnee oder sonstigem Unrat befreit. Auch kein Beamter in grün, der Demonstranten von besetzen Kreuzungen zu räumen hat. Nein, ein Kreuzungsräumer ist jemand, der es mit seinem Fahrzeug nicht geschafft hat, die Kreuzung bei Grünlicht der Ampelanlage zu passieren bzw. zu verlassen.
Eigentlich kein sonderlich erwähnenswerter Fall, wenn das Räumen der Kreuzung nicht zum Unfall führt. Kommt es hingegen zu einem Unfall, dann herrscht regelmäßig fast immer Streit darüber, wer für die Schäden aufzukommen hat. Derjenige, der die Kreuzung nicht während der Grünphase der Ampelanlage verlassen konnte, ist der Ansicht, dass der in die Kreuzung Einfahrende es ihm zunächst ermöglichen muss, die Kreuzung zu verlassen. Der Einfahrende vertritt meist die Ansicht, dass er ja grün und deshalb Vorfahrt habe und den auf der Kreuzung Verbliebenen nicht beachten muss. Verstehen kann man beide und irgendwie haben auch beide Recht. Doch das gibt es in Deutschland nicht! Bei uns muss immer einer Recht haben, denn ansonsten würde jeder vom anderen seinen Schaden ersetzt bekommen. Da würden jedoch die Versicherungen nicht mitspielen. Aus diesem Grund landen die Kreuzungsräumerfälle in regelmäßigen Abständen vor den Gerichten.
Unser oberstes Zivilgericht, der Bundesgerichtshof, hat hierzu folgenden Grundsatz aufgestellt: Der in die Kreuzung einfahrende Fahrer hat für 2/3 des Schadens des Kreuzungsräumers zu haften. Das wird damit begründet, dass der Nachzügler, trotz des Grünlichtes des anderen, zunächst die Kreuzung räumen darf, da der Einfahrende nach § 11 Straßenverkehrsordnung nicht in die Kreuzung einfahren darf, wenn der Verkehr auf der Kreuzung stockt oder er warten müsste. Damit bekommt der Kreuzungsräumer 2/3 seines Schadens und der Einfahrende 1/3 seines Schadens ersetzt. Bei einem fliegenden Start des Einfahrenden besteht sogar eine 100-prozentige Haftung. Eine Ausnahme von der Haftungsverteilung besteht dann, wenn der Kreuzungsräumer die Kreuzungsinnenfläche erst passiert hat, wenn der Querverkehr grün hat. D.h. der Kreuzungsräumer fährt zwar über seine Ampel, kommt nach seiner Ampel jedoch vor der Kreuzung zur Fahrbahn des Querverkehrs zum Stehen und fährt auf die Kreuzung, wenn der Querverkehr schon grün hat. In diesem Fall ist er kein Kreuzungsräumer, sondern ein unechter Nachzügler und bekommt seinen Schaden nicht erstattet. Er darf dann folglich bei Rotlicht nicht mehr weiterfahren und muss zunächst den Querverkehr vorbei lassen.
Da die Kreuzungsräumerfälle vor Gericht immer heftig umkämpft werden, ist unbedingt nach einem Unfall darauf zu achten, dass der Unfall, insbesondere die Stellung der Fahrzeuge, richtig von den Polizeibeamten aufgenommen werden. Auf keinen Fall sollten die Fahrzeuge nach dem Unfall bewegt werden. Immer wieder kommt es vor, dass die Unfallstelle und die Stellung der Fahrzeuge ungenau skizziert werden und man dadurch Nachteile hat. Schaut Euch unbedingt die Unfallskizzen der Polizeibeamten an und versucht Euch die Namen und Anschriften von Zeugen zu notieren. Wer kann, sollte auch Fotos von der Unfallstelle und der Stellung der Fahrzeuge machen. Ein Fotohandy kann dabei weiterhelfen. Nur wer der Meinung ist, dass er sich richtig verhalten hat und seine Beweise sichert, kann sich dann auch erfolgreich verteidigen und seine Ansprüche durchsetzen. Das oberste Gebot an Kreuzungen heißt jedoch Rücksicht bewahren und lieber mal zurückstecken als nachher einen Teil des Schadens nicht ersetzt zu bekommen. Derjenige, der öfter mal nachgibt im Leben, kann am Ende als Sieger dastehen.