aus Kradblatt 10/14 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Videoaufnahme vs. Persönlichkeitsrecht

Das Wort Dashcam hört sich irgend wie blöd an, obwohl so eine Dashcam-Videokamera genauso wie ein Navigationsgerät, eine sinnvolle Investition ist. Während das Navi uns in Zeiten großer Hast überall hinführt, kann die Dashcam alles aufzeichnen. Wir können so schöne Touren nach einem Urlaub nochmal anschauen. Man kann sein Fahrkönnen bestaunen oder aber auch die Strecke nochmals vor dem Fernseher abfahren.
In Russland gehören Dashcams zur Standardausrüstung eines Fahrzeugs. In Deutschland findet man diese Kameras bislang nur vereinzelt in Fahrzeugen, jedoch sind Datenschützer jetzt schon besorgt. Sie befürchten, dass zahlreiche Unfallvideos ins Internet, insbesondere bei YouTube oder Facebook hochgeladen und somit Schicksale von Menschen regelrecht zur Schau gestellt werden.

Die Dashcam könnte zukünftig aber auch dazu führen, dass man Unfallabläufe einfacher beweisen kann, indem man die Aufzeichnung bei Gericht einreicht. Da stellt sich allerdings die Frage, ob man einfach alles und jeden aufnehmen kann, um es dann als Beweismittel vor Gericht zu benutzen. Die Aufnahme dürfte nicht gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht verstoßen. Das wäre in diesem Fall das Recht, selber zu bestimmen wo, wann und von wem man aufgenommen wird. Eine knifflige Sache, über die bislang nicht von unseren obersten Gerichten entschieden wurde.
Jüngst hat sich das Verwaltungsgericht Ansbach (Urteil vom 12.08.2014, Az. AN 4 K 1301634) mit der Frage befasst, inwieweit Dashcams zulässig sind. Der Verwaltungsrechtssache lag eine Klage eines Autofahrers zu Grunde, dem zuvor untersagt wurde, eine Dashcam zur Aufzeichnung von Verkehrsverstößen anderer Verkehrsteilnehmer in seinem Fahrzeug einzusetzen. Er, der Kläger, benutzte diese Kamera, weil er sich häufig von anderen Autofahrern genötigt fühlte und mittels der Kamera so das verkehrswidrige Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer als Beweismittel sichern wollte.

Das Verwaltungsgericht erklärte jedoch, dass Aufnahmen mittels einer Dashcam verboten sind, wenn sie mit der Absicht angefertigt worden sind, diese später ins Internet zu stellen oder Dritten (auch der Polizei) zu übergeben. Der Kläger hat mit diesen Aufnahmen den persönlichen oder familiären Bereich verlassen und andere Verkehrsteilnehmer, ohne deren Einverständnis, überführen wollen. Der Kläger, verkenne, dass bei Anfertigung von Videos mittels einer Dashcam das Bundesdatenschutzgesetz Anwendung findet, welches „heimliche Aufnahme unbeteiligter Dritter grundsätzlich nicht zulässt (…).“, so das Gericht.

Die Auffassung und Argumentation des Gerichts, auf welches das Urteil gestützt wird, kann ich persönlich nicht teilen. Die Abwägung zwischen den Interessen des Autofahrers und der durch die Kamera aufgenommenen Dritten, ist meiner Meinung nach nicht sachgerecht erfolgt. Denn schließlich hat auch der Autofahrer selbstverständlich ein berechtigtes Inte­resse daran, bei einem Verkehrsunfall und einem etwaigen darauffolgenden Prozess, aussagekräftige Aufnahmen dem Gericht vorzulegen, um so den Beweis führen zu können, dass ihn kein Verschulden an dem Unfall trifft. Meistens geht es bei Verkehrsunfallprozessen um die Frage des Verschuldens der Parteien. Angemerkt wird, wenn das Gericht mit dem Bundesdatenschutzgesetz argumentiert (heimliche Aufnahme etc.), so könnte man Dashcams auch „zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke“ verwenden und sich so auf § 6b BDSG stützen. Die Berufung gegen das Urteil wurde zugelassen, da der Frage eine grundsätzliche Bedeutung zugemessen wird. Es bleibt also spannend, ob die Berufungsinstanz die Auffassung des Verwaltungsgerichts Ansbach tatsächlich teilen wird oder doch zu einer ganz anderen Auffassung gelangen wird.

Eine gute Nachricht enthält das Urteil aber: Von dem Urteil ausgenommen ist nach wie vor die Anfertigung von Urlaubsfilmen aus dem Auto heraus und die Anfertigung von Bildern mittels einer Helmkamera bei abenteuerlustigen Stunts, Fahrrad- oder Skiabfahrten, solange sie ausschließlich nur dem persönlichen Zwecke dienen und keine dauerhafte Überwachung, wie die Dashcam, mit sich bringen. Ins Netz sollte und darf man solche Aufzeichnungen aber nur stellen, wenn sie nicht Aufnahmen Dritter enthalten.

Ob die Polizei oder Staatsanwaltschaft auf die Dashcam und das Datenmaterial zugreifen können, ist derzeit rechtlich nicht geklärt. Ihr müsst euch aber vor Augen halten, dass ihr euch mit den Daten auch selber belasten könnt. Die Daten sollten deshalb nicht vorschnell aus der Hand gegeben werden.

Vorsicht solltet ihr hingegen bei Auslandsreisen walten lassen und euch vorher über die aktuelle Rechtslage z.B. beim ADAC informieren. So ist in Österreich Privatleuten das Anbringen einer Dashcam am Fahrzeug für Außenaufnahmen verboten. Es drohen Strafen von bis zu 10.000 Euro, bei Wiederholung sogar 25.000 Euro! Filmt man als Tourist einen schönen Streckenabschnitt für den Hausgebrauch, wird das nicht geahndet. YouTube & Co. sind hingegen tabu. Österreichische Datenschutz-Infos findet man online unter www.argedaten.at (Mythen und Fakten zur mobilen Videoüberwachung). Verboten sind Dashcams derzeit außerdem in Lu­xem­burg, Belgien und Portugal, rechtlich bedenklich in der Schweiz.

Ich werde über dieses spannende Thema sicherlich auch in Zukunft noch berichten, wenn die Rechtsprechung hierzu gefestigt ist.