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aus Kradblatt 7/14 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Potentiell unzulässige Geschwindigkeitsmessungen durch private Firmen

Nach der Reform des Punktesystems scheinen auch die Geschwindigkeitsmessungen zuzunehmen. Da die ausgebildeten Polizeibeamten kaum noch genug Zeit haben die Sicherheit des Landes zu gewährleisten und die Messungen durchzuführen, werden in letzter Zeit in einigen Bundesländern auch Privatfirmen hiermit beauftragt. Ein heikles Thema, denn eigentlich ist die Polizei und die Bußgeldbehörde hierfür zuständig.

Von Bundesland zu Bundesland gelten unterschiedliche Vorschriften für die Beantwortung der Frage, wer eigentlich eine Geschwindigkeitsmessung und Auswertung durchführen darf. Gerne bedient sich die Behörde privater Firmen, obwohl eine solche Vorgehensweise teilweise untersagt ist.

Wer folglich einen Bußgeldbescheid bekommt, sollte sich genau darüber informieren wer die Messung und die Auswertung vorgenommen hat, um überprüfen zu können, ob eventuell die Messung nicht zu verwerten ist, da Personen an der Messung und Auswertung beteiligt waren, die hierzu nicht befugt waren.

Das Amtsgericht Gelnhausen (Urteil vom 13.03.2014, Az.: OWi- 2285 JS 20682/13) hatte sich jüngst mit einem solchen Fall zu befassen. Eine Geschwindigkeitsmessung war entgegen eines Erlasses des Innenministeriums des zuständigen Bundeslandes von einer Privatfirma durchgeführt worden. Zunächst störte sich niemand daran und es wurde ein Bußgeldbescheid erlassen und zugestellt. Der mit dem Fall befasste Rechtsanwalt prüfte offensichtlich alle Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Messung genau und kam zu dem Ergebnis, dass die Messung nicht hätte durch eine Privatfirma ausgewertet werden dürfen. Die Messung war demnach nicht ordnungsgemäß erfolgt und es bestand ein sogenanntes Beweisverwertungsverbot, auf das sich der Rechtsanwalt völlig zutreffend berief. Das Amtsgericht Gelnhausen musste also darüber entscheiden, ob die Messung ordnungsgemäß erfolgt war.

Es erkannte zum Glück des Betroffenen die Rechtslage und entschied, dass Messungen, bei denen – entgegen eines einschlägigen Erlasses – eine Privatfirma an der Auswertung der elektronischen Aufzeichnungen beteiligt war, einem Beweisverwertungsverbot unterliegen. Ein Beweisverwertungsverbot entsteht, wenn die Ordnungsbehörde bewusst und willkürlich die Auswertung der Messergebnisse von Privaten vornehmen lässt, obwohl ein Erlass des zuständigen Innenministeriums dies untersagt, wie es das Oberlandesgericht Frankfurt zutreffend schon einmal entschied.

Ziffer 2.2 eines Erlasses des Hessischen Innenministeriums vom 06.01.2006 sah vor, dass die Auswertung der Einsatzfilme/elektronischen Aufzeichnungen ausschließlich durch die örtliche Ordnungsbehörde zu erfolgen hat. Die (obergerichtliche) Rechtsprechung hat in diesen Fällen ein Beweisverwertungsverbot angenommen. Der Rechtsanwalt muss dies spätestens in der Hauptverhandlung mit einem Widerspruch geltend machen. Das Amtsgericht Gelnhausen hat das Verfahren gem. § 69 Abs. 5 OWiG an die Verwaltungsbehörde zurückgegeben. Soweit dort die Daten noch unverändert zur Verfügung stehen, sei zu prüfen, ob diese erneut durch die Verwaltungsbehörde selbst, ohne Beteiligung der Privatfirma, ausgewertet werden können, so das Gericht. Gegebenenfalls wäre dann nach Wiedervorlage der Akte durch einen (gerichtlich beauftragten) Sachverständigen aufzuklären, ob eine korrekte, ausschließlich behördliche, Auswertung vorliegt.

Dieser Beschluss zeigt, wie ernst es manchmal auch die Bußgeldbehörden mit Recht und Gesetz nehmen. Er belegt, wie wichtig es ist, sich nicht von dem formalen Äußeren des Bußgeldbescheides abschrecken zu lassen und in Panik zu verfallen, sondern hinter die Kulissen der jeweiligen Entscheidung zu schauen. Ob Private an der Messung – vorschriftswidrigerweise – mitgewirkt haben, lässt sich oftmals erst bei Einsichtnahme der Verfahrensakte feststellen. Es kann sich folglich lohnen, alle Unterlagen, die Grundlage eines Bußgeldbescheides sind, zu überprüfen und sofern sie nicht vorliegen von der Bußgeldbehörde anzufordern, um überprüfen zu können, ob die Messung ordnungsgemäß erfolgt ist. Bei vielen Messungen nehmen es die Ordnungshüter mit den Formalien nicht so ernst. Seid also auf der Hut.