Paragraphaus bma 05/05

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Wenn es warm wird, kribbelt es immer stärker an der Gashand und oftmals bewegt sich der Gasgriff zu rasch, wenn es darum geht beim Überholen zu beschleunigen. Da heißt es kühlen Kopf zu bewahren, denn sonst kann es einen richtig teuer zu stehen kommen. Vielen ist nicht klar, dass ihnen beim falschen Überholen in einer gerichtlichen Verhandlung sogar der Führerschein entzogen werden kann. Wer jetzt denkt, einen Monat kann ich den Lappen ja ruhig mal abgeben, der hat sich mächtig geschnitten. Für falsche Überholmanöver mit einer Gefährdung des Überholten oder anderer Verkehrsteilnehmern kann einem durchaus der Führerschein für 6 bis 18 Monate abgenommen werden.
In einem Fall, den das Amtsgericht in Bremen (Az.: 75 (96) Cs 600 Js 53293/04) erst kürzlich verhandelte, wurden einem Motorradfahrer 40 Tagessätze a 75 Euro (macht 3.000 Euro!), aufgebrummt und der Führerschein für 11,75 Monate eingezogen. Die Situation, die verhandelt wurde, wird einigen Motorradfahrern dabei gar nicht so fremd sein. Der Motorradfahrer fuhr auf der linken Autobahnspur und zeigte durch dichtes Auffahren seine Überholabsicht an. Der Autofahrer gab eine halbe Spur frei, damit der Biker durchschlüpfen konnte, was dieser auch prompt tat. Aus Sicht des Motorradfahrers absolut kein Problem, da es für ihn so aussah, als ob der Pkw-Fahrer auf die mittlere Spur wechselte. Die Zivilstreife hinter sich bemerkte er zu spät. Aus deren Sicht erschien die Situation indes deutlich heikler und so nutzte vor Gericht auch der Umstand nicht, dass der Motorradfahrer beruflich seinen Führerschein benötigt. Bei Mehrfachtätern droht hier sogar eine Gefängnisstrafe.
Da fragt man sich natürlich berechtigter Weise, wie man sich beim Überholen richtig verhält. Der Reihe nach.
In § 315 c Absatz 1 Nummer 2a) des Strafgesetzbuches steht: Wer im Straßenverkehr grob verkehrswidrig und rücksichtslos falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft. Wie richtig überholt wird, steht in § 5 der Straßenverkehrsordnung. Da wären zunächst eventuelle Überholverbote zu beachten, ein Überholen bei unklarer Verkehrslage zu unterlassen, sich gegenüber dem nachfolgenden Verkehr zu vergewissern, dass man gefahrlos ausscheren kann (so genannte Rückschaupflicht), rechtzeitig und deutlich Zeichen zu geben und ausreichenden Seitenabstand einzuhalten. Innerorts darf man hingegen rechts überholen, wenn eine Spur vorhanden ist. Mit einer ordentlichen Strafe muss auch derjenige rechnen, der auf der selben Fahrspur überholt und dabei den Überholten in Gefahr bringt, der auf der Spur beiseite gedrängt wird. Auch das Überholen auf der Standspur ist verboten. Es stellt ein unzulässiges Rechtsüberholen dar. Vielfach wird die Meinung vertreten, dass man im Stau an wartenden Fahrzeugen in der Mitte der Autobahn vorbeifahren darf. Auch dies stellt ein verbotenes Rechtsüberholen dar und steht unter Strafe.
Weiter muss durch das Falschüberholen eine konkrete Gefahr für Dritte, entstehen. D.h. wenn der Täter und das potentielle Opfer nicht mehr alles in der Hand haben, entsteht eine Gefahr. Man sollte deshalb unbedingt, nachdem einem von der Polizei vorgeworfen wurde, diese Tat begangen zu haben, sämtliche Daten wie Namen und Anschriften von Dritten, die gefährdet worden sein sollen, notieren, um sich später ggf. entlasten zu können. Hierfür sollte man sich auch die Einzelheiten des Vorwurfs und die eigenen Wahrnehmungen notieren, um sich später schriftlich gegenüber der Polizei zu äußern. Sie sollten sich jedoch auf keinen Fall direkt nach dem Anhalten durch die Polizei äußern, da man alles zunächst einmal überdenken sollte.
Derjenige, der überholt wird, darf seine Geschwindigkeit übrigens nicht erhöhen. Er muss sie sogar verringern, wenn der Überholende sich verschätzt hat, und die Gefahr droht mit dem Gegenverkehr zusammenzustoßen. Am besten zügelt Ihr trotz leistungsstarker Maschine einfach ein wenig eure Gashand, denn Harakiri-Überholmanöver – wie das zwischen Rossi und Gibernau zum Saisonauftakt 2005 in Jerez – bleiben im Straßenverkehr garantiert nicht straffrei und dienen auch nicht der allgemeinen Verkehrssicherheit.