Paragraphaus bma 10/05

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

In den unzähligen Talkshows im Fernsehen wird es uns täglich vorgemacht. Da haben sich die Talkshowgäste überhaupt nicht unter Kontrolle, beschimpfen sich bis auf’s Äußerste, und keiner nimmt es so richtig ernst. Es hat auch rechtlich keinerlei Folgen, dass im Großteil der Sendungen übliche Schimpfwörter nur so durch die Gegend fliegen. Von dieser verbalen Verrohung sollte man sich allerdings nicht anstecken lassen, denn im Straßenverkehr sieht das anders aus. Wer sich da so richtig gehen lässt, muss mit einer Anzeige und einer hohen Strafe rechnen. So steht es im Paragraf 185 des Strafgesetzbuches. Dieser Paragraf heißt Beleidigung und droht mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder einer Geldstrafe.
Beleidigung meint dabei den Angriff auf die Ehre eines anderen durch vorsätzliche Kundgebung der Missachtung oder Nichtbeachtung. Das ist die juristische Definition, doch erklären will ich es lieber an Beispielen, die sich jeder merken und auch sofort in Erinnerung rufen kann, wenn er kurz davor steht aus der Haut zu fahren. Fangen wir am besten mit schweren Beleidigungen gegen Polizisten an. Die Worte „Kasperle”, „Kasperverein”, „Wichtelmann” oder „Holzkopf” kosten zwischen 750 und 1.000 Euro. Für den „Trottel in Uniform” muss man rund 1.500 Euro auf den Tisch legen und die Worte „alte Sau” verlangen einem bis zu 2.500 Euro ab. Bei einer Politessenbeleidigung mit den Worten „du alte Schlampe” muss man rund 1.800 Euro und für die Worte „Du fieses Miststück” 2.500 Euro hinblättern. Wenn man die Ordnungskräfte als „verfluchtes Wegelagerergesindel” bezeichnet, kostet dies um die 1.000 Euro. Für ein „Leck mich doch am Arsch” zahlt man um die 500 Euro. Schimpfworte wie „Schwein”, „Depp”, „Idiot”, „Stinkstiefel” oder dergleichen sind hingegen etwas günstiger und schlagen mit etwa 100 Euro bis 500 Euro zu Buche. Auch Bewegungen mit dem Finger oder der Hand kosten Geld. Der berühmte Stinkefinger kostet bis zu 8.000 Euro. Für den Kreis aus Daumen und Zeigefinger (Arschloch) zahlt man rund 750 Euro. Das Rausstrecken der Zunge kostet hingegen „nur” um die 200 Euro. Selbst das Verabschieden mit den ironischen Worten „schönen Abend noch” kann teuer werden, denn dafür hat ein Fußballer schon einmal 20 Tagessätze à 20 Euro gezahlt.
Höchst fraglich ist mittlerweile hingegen, ob die Bezeichnung als Wegelagerer eine Beleidigung darstellt. Einen solchen Fall hatte in diesem Jahr das Bayrische Oberlandesgericht zu entscheiden, nachdem das Amtsgericht und das Landgericht noch die Ansicht vertraten, es handele sich um eine Beleidigung. Ein nicht angeschnallter Autofahrer bezeichnete so einen Polizisten, der an einer Baustelle eine Verkehrskontrolle durchführte und ihn bereits mehrmals angehalten hatte. Das Amts- und Landgericht sahen hierin eine Beleidigung und sprachen zunächst eine Strafe von 30 Tagessätzen zu je 70 Euro aus, die später auf 15 Tagessätze à 50 Euro reduziert wurden. Das Oberste Bayrische Gericht vertrat die Ansicht, das in dieser Situation das Wort durch die freie Meinungsäußerung gedeckt sei, und sich der Autofahrer nicht strafbar gemacht hatte. Wegen des Nichtanschnallens musste er natürlich eine Strafe zahlen.
Ich würde mich zu diesem Wort trotzdem nicht hinreißen lassen und lieber den Mund halten, da nicht klar ist, ob unsere norddeutschen Gerichte das rechtlich auch so sehen. Letztendlich muss jedes Wort, das nach einer Beleidigung klingt, genau anhand des Einzelfalles überprüft werden. Meiner Ansicht nach lohnt es sich nicht, solch‘ kostspielige Worte zu benutzen, da man sich nie sicher sein kann, was dabei rauskommt und wie teuer es wird. Ich kann allen nur raten einmal mehr in solchen Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren und sich auf die Zunge zu beißen, um sich vor unkalkulierbaren Schäden zu bewahren, die in Extremfällen bei einer Bestrafung von mehr als 90 Tagessätze sogar einen Eintrag ins Bundeszentralregister und damit eine Vorstrafe mit sich bringen. Das schöne Geld kann man lieber für’s Hobby ausgeben und seine Aggressionen anderweitig ablassen.