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aus bma 8/09

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Es gibt einen lauten Knall und man erschreckt sich mächtig. So ging es auch mir, als sich aus einem weit vorausfahrenden Lkw-Reifen ein Stein löste und gegen mein Visier schlug.

Jeder verliert mal etwas. Und wenn er es nicht merkt und keiner  zu Schaden kommt, dann schert sich  niemand drum. So ist es mit den „zufällig” aus dem Pkw fallenden Kippen und auch mit den leckenden Motoren unserer Fahrzeuge. Wenn jedoch jemand hierdurch zu Schaden kommt, da ihm die brennende Kippe in die Motorradbekleidung weht oder  er durch einen stark leckenden Motor und dessen verlustiges Öl zu Fall kommt, dann muss derjenige, der etwas verloren hat, dafür haften. Eine logische Konsequenz, denn Kippen und Oel haben auf unseren Straße nichts zu suchen. Dafür hat unsere Gesellschaft Aschenbecher und Oeldichtungen erfunden.

Unsere Gerichte haben auch noch für andere Bereiche Regeln aufgestellt. So müssen z.B. Baustellenfahrzeuge nach dem Verlassen der Baustelle und vor dem Befahren öffentlicher Straßen überprüft werden, ob von Ihnen Gefahren durch Gegenstände im Reifenprofil, die sich mit zunehmender Geschwindigkeit lösen, ausgehen. Eine sinnvolle Vorsichtsmaßnahme, die unsere Gerichte fordern, denn nur wem schon einmal einen Stein ans Visier geschleudert wurde weiß, wie gefährlich dies werden kann. Platzt das Visier oder erschreckt man sich, kann dies dazu führen, dass man die Fahrspur verliert und es zu einem Sturz kommt.

Was ist jedoch, wenn eine andere Person auf der Straße etwas verloren hat und dieser Gegenstand durch ein vorausfahrendes Fahrzeug hochgewirbelt wird und einen Schaden am nachfolgenden Fahrzeug verursacht. Man kann zu dem Ergebnis kommen, dass das vorausfahrende Fahrzeug nichts dafür kann und deshalb der Halter dafür nicht haften muss. Man kann aber auch die Ansicht vertreten, dass man sein Fahrzeug so beherrschen muss, dass man es jederzeit anhalten oder ausweichen kann.
Das AG Neuss (Urteil vom 25.03.2009, Aktenzeichen 80 C 2507/08) hatte sich mit einem solchen Fall zu befassen. Von einem vorausfahrenden Fahrzeug war ein etwa einen Meter großer Gegenstand aufgewirbelt worden und führte zu einem Schaden am nachfolgenden Gefährt. Für diesen wollte aber niemand aufkommen, so dass sich ein Richter mit der Rechtsfrage befassen musste, wer für aufwirbelnde Gegenstände aufzukommen hat. Der Richter hat zutreffend erkannt, dass man seine Fahrweise immer so einrichten muss, dass man sein Gefährt innerhalb der Sichtweite anhalten kann. Die Geschwindigkeit darf folglich nicht dazu führen, dass der Anhalteweg länger als die Sichtweite ist. Er muss nur dann nicht haften, wenn er nachweist, d.h. wenn er beweisen kann, dass er den Gegenstand trotz der erforderlichen Aufmerksamkeit nicht wahrnehmen konnte und der Unfall damit für ihn  unabwendbar war. Das mag möglich sein, wenn kleinere Gegenstände auf der Straße liegen. Bei einem etwa einem Meter großen Gegenstand ist dies kaum möglich. So sah es auch das AG Neuss und verurteilte den vorausfahrenden Pkw-Halter samt Versicherung zum Schadensersatz. Das AG Neuss teilte den Schaden nicht auf, da  nicht ersichtlich war, wie die Führerin des geschädigten Fahrzeuges den Schaden hätte vermeiden können. Ein Urteil, das zukünftig hoffentlich auch geschädigten Bikern zu Gute kommen wird, die durch auf der Straße herumliegende Gegenstände geschädigt werden.