aus bma 01/10

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Die Politik verspricht im Jahr 2010 auf der Ausgabenseite den Gürtel enger zu schnallen und egal ob wir wollen oder nicht, werden auch wir uns dieser Devise anpassen müssen. D.h. Ausgaben noch mehr überdenken und vor allen Dingen unnötige Kosten vermeiden.

Was für ein Quatsch werdet Ihr sagen. Man lebt nur einmal und sparen kann man auch noch, wenn man alt ist. Keine schlechte Devise, wie ich finde. Also kann das Motto auf keinen Fall heißen: „Wir sparen, was das Zeug hält“, sondern lediglich: „Wir überdenken Ausgaben zukünftig zweimal und kaufen lieber Qualität“.

Da auch unsere großen Konzerne, wie Banken und Versicherungen, immer mehr nach Wegen suchen Leistungen einzusparen, werden wir uns auf ein umkämpftes Jahrzehnt einstellen müssen. Im „Opener-Rechtsstipp” für dieses neue Jahrzehnt will ich Euch für den Umgang mit der Einholung eines Sachverständigenschadensgutachtens sensibilisieren und Euch mit einem Urteil konfrontieren, dass erhebliche finanzielle Nachteile für jeden haben kann. Das Urteil wurde vom Landgericht Essen unter dem Aktenzeichen 13 S 154/08 verkündet. Es befasst sich mit der Erstattung der Kosten eines nach einem Unfall eingeholten Sachverständigengutachtens.

Grundsätzlich muss der Unfallverursacher die Kosten für die Erstellung eines Sachverständigengutachtens erstatten, damit der Schaden ermittelt werden kann. Jeder hat einen Anspruch darauf, sich selbst einen Sachverständigen zu suchen und ein Schadensgutachten erstellen zu lassen. Man muss sich nicht mit einem Sachverständigen der gegnerischen Versicherung begnügen. Dieser Anspruch besteht, wenn der voraussichtliche Schaden am Motorrad 750 Euro übersteigt. Liegt der Schaden darunter, hat man nur das Recht einen Kostenvoranschlag einzuholen, um den Schaden zu beziffern. D.h. bei einem Schaden unter 750 Euro werden Sachverständigenkosten nicht erstattet.

Das Landgericht Essen vertritt zudem in seinem Urteil die Ansicht, dass der Unfallschädiger die Sachverständigenkosten auch nicht erstatten muss, wenn im Gutachten ein Altschaden keine Berücksichtigung findet. Was für ein Altschaden, werdet Ihr Euch fragen. Mit Altschaden ist ein Schaden gemeint, der vor dem Unfall schon am Motorrad vorhanden war. Das wären z.B. der Kratzer oder die Beule am Tank des Motorrades, die dadurch verursacht wurden, dass das Motorrad vor dem Unfall schon einmal umgefallen ist. Die Reparatur eines so genannten Altschadens ist jedoch nicht vom Unfallverursacher zu bezahlen. D.h. der von Euch beauftragte Sachverständige muss den Altschaden bei der Erstellung seines Gutachtens und der darin enthaltenen Schadensberechnung genau berücksichtigen. Dies führt dazu, dass in der Regel für den nicht reparierten Altschaden ein Abzug bei den Reparaturkosten vorgenommen wird. Eine logische Konsequenz, da man durch das Unfallereignis nicht besser gestellt werden soll, als ohne das Unfallereignis. Ihr solltet Euch, bevor der Sachverständige ins Haus kommt, genau überlegen, ob Euer Motorrad vor dem Unfall 100-prozentig in Ordnung war. Der Sachverständige wird Euch diesbezüglich natürlich bei der Aufnahme aller wesentlichen Daten auch danach befragen. Wenn Euer Motorrad bei Eurem Händler steht, dann informiert diesen über eventuelle Schäden, bevor der Sachverständige in die Werkstatt kommt. Denn auch wenn Euer Händler über einen Vorschaden nicht informiert ist, kann dies zu Eurem Nachteil ausgehen. Nach dem Urteil des Landgerichtes Essen sind die Sachverständigenkosten, die schnell mal 300 bis 500 Euro betragen, bei falschen oder unterlassenen Angaben nicht zu erstatten. In seiner Begründung führt das Landgericht Essen an, dass das Gutachten mit falschen Angaben nicht brauchbar ist. Eine korrekte Begründung, da der Sachverständige sein Ergebnis in solch einem Fall auf Grund falscher Angaben errechnet. Die Sachverständigenkosten sind dann von Euch an den Sachverständigen zu erstatten. Bei einem tatsächlichen unfallbedingten Schaden von z.B. 1.500 Euro habt Ihr dann nur 1.200 Euro über und schaut hinsichtlich der Erstattung der Sachverständigenkosten in die Röhre.

Insgesamt wird nach diesem Urteil vom Geschädigten ein noch größerer Aufwand verlangt. Er wird, mit der Ausnahme, dass seine Werkstatt über den Zustand des Motorrades vor dem Unfall bestens informiert ist, nicht drum herum kommen, bei der Begutachtung anwesend zu sein.

Ist ein Vorschaden vor dem Unfall repariert worden, solltet Ihr Eurem Sachverständigen die Reparaturrechnung zeigen, da er bei bestimmten Schadenskonstellationen den Wiederbeschaffungswert Eures Motorrades ermitteln muss und ein reparierter Vorschaden hierbei berücksichtigt werden muss. Zuletzt aber noch ein Tipp: Ihr solltet dem Sachverständigen auch ohne einen Vorschaden immer mitteilen, wenn Euer Motorrad vor dem Unfall gewartet oder repariert wurde. Dies wirkt sich dann nämlich für Euch auf den Wiederbeschaffungswert aus. Von alleine wird eine Versicherung hiernach nicht fragen, denn dann würde sie die Geldbörse weiter öffnen müssen.