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aus Kradblatt 5/16 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Regress der Versicherung beim Versicherten.

Eine Haftpflichtversicherung, insbesondere für Kraftfahrzeuge, ist in Deutschland eine Pflichtversicherung. Der Sinn einer Haftpflichtversicherung für Kraftfahrzeuge ist, dass es sich bei Verkehrsunfällen um ein Massengeschäft handelt und infolge der großen Risiken, die sich beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs ergeben können, jedes Kraftfahrzeug über eine Haftpflichtversicherung verfügen muss. Andernfalls wird es nicht zugelassen.

Klar ist, dass für fremde Schäden, verursacht durch ein anderes Kraftfahrzeug, grundsätzlich die Kfz-Haftpflichtversicherung eintritt, um den Schaden zu regulieren. Im sog. Außenverhältnis, gegenüber dem Geschädigten, gilt dies ausnahmslos ohne Einschränkungen.

Durch die eigene Versicherung ist die Schadensersatzleistung, die die Versicherung zahlt, im Innenverhältnis, gegenüber dem eigenen Versicherungsnehmer/Schädiger auch geregelt. Der Versicherungsnehmer beteiligt sich nach einer erfolgten Regulierung durch seine Versicherung am Schaden ausschließlich durch die Rückstufung mit höheren Versicherungsbeiträgen und der Selbstbeteiligung.

Was passiert jedoch, wenn der Versicherungsnehmer vertragliche Obliegenheiten gegenüber seiner eigenen Haftpflicht- oder Kaskoversicherung verletzt? Als vertragliche Obliegenheitsverletzung gilt bspw. das Fahren unter Drogen-/Alkoholeinfluss, unerlaubtes Entfernen vom Unfallort nach einem Unfall oder das Fahren ohne in Besitz einer entsprechenden und gültigen Fahrerlaubnis zu sein. Verletzt der Versicherungsnehmer Obliegenheiten, gleichgültig ob als Fahrer oder weil er das Fahrzeug jemandem zur Verfügung gestellt hat, so ziehen diese Verstöße Konsequenzen nach sich.

Wird eine Obliegenheit gegenüber der eignen Versicherung verletzt, so kann die eigene Versicherung Regressansprüche i.H.v. bis zu 5.000 Euro je Verstoß geltend machen und den Betrag bis zu dieser Höhe vollständig von ihrem Versicherungsnehmer zurückverlangen.

Als ein konkretes Beispiel wird auf eine Entscheidung des Landgerichts Oldenburg (Urteil vom 3.7.2015 – 13 S 506/14 verwiesen, welches darüber zu entscheiden hatte, ob ein solcher Regress einer Versicherung gegenüber dem Versicherungsnehmer wegen des Zulassens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis besteht.

Das Gericht hat deutlich gemacht, dass in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes der Fahrzeughalter sich stets vergewissern muss, ob diejenige Person welcher ein Fahrzeug überlassen wird, auch im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis ist. Die Überprüfung des Versicherungsnehmers hat durch die eigene Einsicht in den Führerschein, und zwar im Original, zu erfolgen. Auf Erklärungen des Fahrers darf sich der Fahrzeughalter hingegen keineswegs verlassen.

Jedoch kommt es in jedem Regressfall auf den jeweiligen Einzelfall an. So hat das LG Oldenburg im vorliegenden Fall zwar festgestellt, dass ein Obliegenheitsverstoß vorliegt, der Verstoß wird jedoch als nicht so gravierend eingestuft, dass dies einen Regress gegenüber dem Versicherungsnehmer (hier Arbeitgeber) begründet hätte. Das Gericht weist zur Begründung seiner Entscheidung darauf hin, dass der Fahrzeughalter (Arbeitgeber) aus diversen anderen Quellen eine Vielzahl an Anhaltspunkten hatte, dass dieser realistischerweise davon ausgehen musste, dass eine gültige Fahrerlaubnis besteht. Bspw. hatte der ehemalige Arbeitgeber des Arbeitnehmers ihm erklärt, der Mitarbeiter habe langjährig beanstandungsfrei diverse Kraftfahrzeuge gefahren. Das Gericht sah keine Veranlassung, ein Verschulden des Arbeitgebers durch das Nichteinsehen in die originale Fahrerlaubnis herzuleiten.

Aus dieser Entscheidung kann man den Schluss ziehen, dass Versicherungsnehmer bei Erfüllung ihrer Verpflichtungen im Rahmen der Überlassung des Fahrzeugs an Dritte sorgfältig vorgehen müssen, andernfalls drohen Schadensersatzregresse sowie ggf. strafrechtliche Konsequenzen. Die Entscheidung zeigt aber auch, dass es stets auf den Einzelfall ankommt und Prozesse der Versicherer gegen die eigenen Versicherungsnehmer nicht stets „über einen Kamm“ zu scheren sind, sondern der Einzelfallbetrachtung bedürfen.

Auch in der Praxis erlebe ich, dass die Versicherer Regressansprüche gegen ihre Versicherungsnehmer führen. Mit guten, überzeugenden Argumenten gelingt es jedoch meistens sich mit den Versicherern (auch außergerichtlich) zu einigen, so dass es zu Gerichtsverfahren hinsichtlich der Regressansprüche erst gar nicht kommt.

Ich rate euch deshalb: Überprüft immer, ob der Fahrer, dem ihr euer Fahrzeug zur Verfügung stellt, fahrfähig und im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis ist. So verhindert ihr nicht nur Streitigkeiten mit der Versicherung, sondern auch Streitigkeiten untereinander und senkt das Risiko eines Regressprozesses gegen euch.