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aus bma 11/10 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

In Gerichtsverfahren kommt man ohne Zeugen oftmals nicht aus. Besonders in Ordnungswidrigkeitenverfahren gibt es kaum Verhandlungen in denen die einschreitenden Polizeibeamten nicht als Zeugen geladen werden. Bei Geschwindigkeitsvorwürfen und Abstandsmessverfahren geht es ohne unsere Polizeibeamten fast gar nicht mehr. Sie müssen insbesondere zur ordnungsgemäßen Bedienung von Messgeräten aussagen, damit muss die Ordnungsgemäßheit und Verwertbarkeit der Messung bewiesen werden.

Eine kniffelige Angelegenheit, denn die meisten Polizeibeamten sind Profis und Profis kommt man bei Fehlern nur schwer auf die Schliche. Als versierter Rechtsanwalt muss man sich mit den Messgeräten der Polizeibeamten schon sehr gut auskennen, um Bedienungs- und Messfehler ausfindig zu machen. Jedes Messgerät hat seine strikten Vorgaben, die in der Bedienungsanleitung vorgegeben sind. Wird nicht gemäß der Bedienungsanleitung verfahren, kann die Messung schon deshalb unwirksam und nicht verwertbar sein. Die meisten Messgeräte verlangen z.B. eine Ausbildung der Messbeamten vor der ersten Messung. Die Messung muss exakt nach den Vorgaben des Geräteherstellers erfolgt sein und hierfür muss es dann auch einen Ausbildungsnachweis geben. Dieser sieht aus wie eine Urkunde der Bundesjugendspiele aus der Schulzeit und muss in einem Gerichtsverfahren vorgelegt werden können. Ist das nicht der Fall, ist allein schon wegen dieses Fehlers die Messung nicht zu verwerten und ein Bußgeldbescheid aufzuheben. Es kommt auch vor, dass der Nachweis zwar vorliegt, das Messgerät aber nachträglich technisch verändert wurde und nach dieser technischen Veränderung kein neuer Ausbildungsnachweis erworben wurde.

Wenn der Ausbildungsnachweis vorliegt, wird meist der Messbeamte vernommen. Dann wird überprüft, ob er glaubhaft aussagen kann, dass er das Messgerät ordnungsgemäß nach den Vorgaben des Herstellers und der Bedienungsanleitung benutzt und bedient hat. Auch hier ist es für den Rechtsanwalt wieder wichtig, dass er das Messgerät sehr gut kennt. Denn nur wer die richtigen Fragen stellen kann, kann Fehler bei der Messung aufdecken. Wer von Tuten und Blasen keine Ahnung hat, wird keinen Blumentopf gewinnen können und meist als Verlierer nach Hause fahren. Wer aber das jeweilige Messgerät kennt, kann Fehler bei der Bedienung und damit auch bei Ermittlung der Geschwindigkeit aufdecken.

Auf die Richter kann man sich leider nicht immer verlassen. Es gibt nämlich so viele Messgeräte, dass sich ein Richter nicht vor jeder Verhandlung in die Eigenheiten des Messgerätes einarbeiten kann. Er ist oftmals auf die Angaben des Messbeamten angewiesen. Wenn er diesen schon oftmals als Zeuge vernommen hat, kann es schnell dazu kommen, dass der Richter dem Messbeamten ohne kritische Prüfung die Ordnungsgemäßheit der Messung abnimmt.

Das OLG Stuttgart, Beschluss vom 12. April 2010, Aktenzeichen 4 Ss 62/10, hatte einen solchen Fall jüngst zu überprüfen. Ein Messbeamter war beim Amtsgericht so oft ein- und ausgegangen, dass der vorsitzende Richter ein Urteil damit begründete, dass der Messbeamte dem Gericht als äußerst erfahren und gewissenhaft bekannt sei. Eine Feststellung, die das OLG Stuttgart nicht gerne sah. Eine solche Begründung sei nicht zulässig, um einen Geschwindigkeitsverstoß in einem Urteil zu begründen. In einem Urteil muss sich der Richter vielmehr genau damit auseinandersetzen, warum er dem Messbeamten und seiner Aussage Glauben schenkt. Allein der Bekanntheitsgrad vor Gericht reicht nicht aus.

Ihr solltet jede Messung kritisch überprüfen und immer einen Wissensvorsprung hinsichtlich der Technik des Messgerätes und seiner Schwächen vor dem Richter haben. Nur so können Schwächen und auch eventuelle Bedienungs- und Messfehler aufgedeckt werden.

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