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aus bma 6/10

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Suizid ist in unserer Gesellschaft mittlerweile kein Fremdwort mehr. So manch einer kommt mit der Schnelllebigkeit unserer Gesellschaft, den ständig größer werdenden Anforderungen und der Vereinzelung nicht mehr klar, und entscheidet sich, das Ende seines Lebens vorzuverlagern. Sicherlich ein sehr trauriges Thema für den Monat Juni. Da von einer solchen Entscheidung aber fast immer auch Familienangehörige oder aber auch unbeteiligte Dritte beteiligt sind, ist es ein Thema, das irgendwann auch mal aufgegriffen werden muss.

Ihr fragt Euch jetzt sicherlich, was das mit Motorradfahren und Recht zu hat. Habt Ihr Euch schon einmal gefragt, wer für Euren Schaden aufkommt, wenn sich jemand auf der Straße das Leben nehmen will? Ihr werdet sicherlich sagen, dass es doch für alles eine Versicherung gibt. Das stimmt nur begrenzt, denn für diesen Ausnahmefall wird keine fremde Versicherung eintreten. Versicherungen haften nämlich nur für fahrlässige oder grob fahrlässige Schäden eines Dritten, so das Oberlandesgericht Oldenburg in einem Beschluss vom 05.08.2009, Aktenzeichen 6 U 143/09. Wenn der Fahrer und Halter eines Fahrzeugs in Suizidabsicht einen Unfall verursacht, ist dies Vorsatz und für Vorsatz muss keine Versicherung einstehen.

Ein Kraftfahrzeugfahrer hatte in Suizidabsicht einen Unfall verursacht und einem weiteren Verkehrsteilnehmer einen Schaden dabei zugefügt. Der wollte diesen Schaden nun von der Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung des Verursachers ersetzt haben. Die Versicherung verweigerte eine Zahlung und der Rechtsstreit ging über das Landgericht Aurich bis zum Oberlandesgericht Oldenburg. Das OLG Oldenburg hatte als letzte Instanz zu entscheiden. Im Prozess der I. Instanz war zweifelsfrei festgestellt worden, dass der Verstorbene zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat, als er quasi blind überholte und es zum Unfall kam, nachdem der Verstorbene zuvor einen Abschiedsbrief hinterlassen hatte. Hierin sah das Gericht die Gleichgültigkeit zu überleben und die billigende Inkaufnahme der Selbsttötung. Letztendlich begründete das Oberlandesgericht Oldenburg damit die vorsätzliche Handlung des Verstorbenen und verneinte eine Haftung seiner Haftpflichtversicherung, da ein fahrlässiges Handeln ausgeschlossen werden konnte. Der Geschädigte ging folglich gegenüber der Haftpflichtversicherung des Verstorbenen leer aus.

Eine Ausnahme hiervon gibt es, wenn der Fahrer, der berechtigt das Fahrzeug benutzt hat, nicht gleichzeitig Halter des Fahrzeugs ist. In solchen Fällen muss die Versicherung für den Schaden eintreten, denn dann gilt die sogenannte Halterhaftung.

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, als Geschädigter seine Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen. Die Vollkaskoversicherung schaut nur darauf, ob der Schaden für den Geschädigten freiwillig oder unfreiwillig entstanden ist. Fährt einem ein Selbstmörder in das Motorrad, dann ist dies sicherlich unfreiwillig und man bekommt den materiellen Schaden im Rahmen des Versicherungsvertrages von der Vollkaskoversicherung erstattet. Schmerzensgeld gibt es von der Vollkaskoversicherung jedoch nicht.

Die Unfallversicherung kann beim immateriellen Schaden sicherlich weiterhelfen und einem beim unfreiwilligen Krankenhausbesuch ein Krankenhaustagegeld oder bei einem bleibenden Schaden eine Entschädigung zahlen. Problematisch ist das Ganze, wenn keine Vollkaskoversicherung und keine Unfallversicherung abgeschlossen wurden. Dann hilft einem nur, den Entschädigungsfond des Vereins für Verkehrsopferhilfe in Anspruch zu nehmen. Der Fond ist für alle Fälle einer vorsätzlichen Schädigung, bei denen es zu einem Personen- und einen Sachschaden gekommen ist. Es besteht allerdings eine Selbstbeteiligung in Höhe von 500 Euro, die von jedem Geschädigten selbst getragen werden muss. Letztendlich könnte man sich auch noch an die Erben des Verstorbenen wenden, denn die haften zusätzlich.

Ich wünsche Euch allen, diese Erfahrung niemals machen zu müssen, den in einer solchen Situation zu seinem Recht zu kommen ist außerordentlich schwierig und zeitaufwändig.

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