Ein Gericht hat erhebliche Zweifel an der Eignung des Blitzers ES 3.0 als standardisiertes Messverfahren. RA Jan Schweers beschreibt den Fall …

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aus Kradblatt 3/16 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Haftung des Landes bei Unfall aufgrund schlechten Straßenzustands …

Über schlechte Straßenverhältnisse hat sich sicher schon jeder mal geärgert. Besonders bei Nässe wird Motorradfahrern die Fahrt so zusätzliche erschwert und unvorhersehbare Rutscher bringen einen zum Grübeln. Spätestens wenn es zum Unfall kommt, stellen sich zahlreiche Fragen. Wer haftet für den Schaden am Motorrad? Wer haftet bei Verletzungen? An wen wende ich mich? Trifft mich ggf. eine Mitschuld?

Eine erst kürzlich erschienene Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil vom 18.12.2015, Az. 11 U 166/44) bestätigt, dass ein geschädigter Motorradfahrer gegen das Bundesland Ansprüche auf Schadensersatz erheben kann. Dazu müssen jedoch einige Voraussetzungen vorliegen. Denn das Bundesland haftet nicht grundsätzlich für jeden Unfall, den ein Motorradfahrer in einem Kurvenbereich durch Wegrutschen erleidet.

Das Bundesland muss zu allererst gegen seine Verkehrssicherungspflicht verstoßen haben. Dies ist bspw. der Fall, wenn die Fahrbahnoberfläche im Bereich der Unfallstelle nicht griffig genug gewesen ist und das Bundesland für die Unversehrtheit der Straße hätte Sorge tragen müssen. Im verhandelten Fall sei im Jahre 2008 im Rahmen einer Straßenzustandserhebung die fehlende Griffigkeit festgestellt und dem Landesbetrieb Straßenbau spätestens im Jahre 2010 bekannt gewesen. Das Bundesland hatte es aber unterlassen, an dieser Stelle Warnschilder aufzustellen oder gar die Fahrbahn an dieser Stelle zu reparieren. Es kam zu zahlreichen Unfällen.
Die Klägerin im verhandelten Fall klagte infolge des Sturzes auf der Fahrbahn auf Schadensersatz und bekam zu 75 % Recht. 25 % wurden ihr wegen der Betriebsgefahr ihres Motorrades angerechnet. Die Klägerin gewann somit größtenteils den Schadensersatzprozess.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass vor allem im Bereich der Unfallstelle keine Beschilderung auf die bei Nässe bestehende Schleuder- und Rutschgefahr vorhanden war. Die zulässige Geschwindigkeit bei Nässe wäre auf maximal 30 km/h zu begrenzen gewesen. Somit hätte die Klägerin keine Kenntnis gehabt, dass sie auf eine Unfallstelle zufährt. Sie hatte damit auch keine Möglichkeit, ihr Fahrverhalten entsprechend der bevorstehenden Gefahr anzupassen, so dass sie zu Sturz kam.

Das jeweilige Bundesland ist für die Straßenerhaltung zuständig. Soweit Stellen auftreten, die für Verkehrsteilnehmer zu Gefahren führen könnten, hat das Bundesland Sorge dafür zu tragen, dass die Verkehrsteilnehmer entsprechend vor Erreichen der Unfallstelle gewarnt werden. Dies müsse dann zwingend mit Warnschildern erfolgen. Andernfalls kann kein Verkehrsteilnehmer Kenntnis von einer beschädigten Asphaltdecke haben und fährt quasi direkt in sein Unglück.

Kommt das Bundesland seiner Verkehrssicherungspflicht nicht rechtzeitig nach, so setzt es sich einem Klageprozess aus. Denn zu Recht klagen Verkehrsteilnehmer, insbesondere Motorradfahrer, die lediglich auf zwei Rädern unterwegs sind, über marode Straßen und Straßenbeläge. Insbesondere für Motorradfahrer lauern Gefahren bei ungriffigen Straßen. Es ist nicht immer das Fahrverhalten des Kradfahrers oder seine Fahrweise am Sturz Schuld. Mit diesem Einwand versuchen sich die Bundesländer in Prozessen zu helfen, um so Geldzahlung zu vermeiden. Kann der Geschädigte jedoch nachweisen, dass die Straße an der Unfallstelle schlichtweg beschädigt oder nicht griffig genug war, kein Warnschild aufgestellt war und er deshalb ins Rutschen gekommen ist und es anschließend zum Sturz kam, stehen die Chancen seinen Schaden ersetzt zu bekommen nicht schlecht.

Fazit ist:
Das jeweilige Bundesland muss dafür Sorge tragen, dass seine Straßen in Ordnung sind und keine Gefahren für Verkehrsteilnehmer, insbesondere Motorradfahrer, darstellen. Stellen hingegen die Bundesländer, trotz Kenntnis über marode Straßen, nicht rechtzeitig vor Erreichen der Stelle ein Warnschild auf, haften sie infolge der Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht für Schäden, die Verkehrsteilnehmer infolge dessen erleiden.

Geschädigte sollten im Falle eines Unfalls nicht davor zurückschrecken, Ansprüche gegen das Bundesland geltend zu machen, denn nur mit Druck kann erreicht werden, dass die Bundesländer mehr auf die Beschaffenheit der Straßen achten und rechtzeitig Warnschilder aufstellen oder am besten, den gefährlichen Bereich sanieren, um uns Bürger vor Gefahren zu schützen.

In diesem Sinne, wünsche ich euch einen angenehmen und unfallfreien Saisonstart.