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aus Kradblatt 9/14 – Rechtstipp

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Ihr habt einen Bußgeldbescheid aus dem Ausland bekommen?! Hier ein paar Tipps…

 

Sommerzeit ist Urlaubszeit. Viele von euch haben daher sicherlich einen Trip mit dem Motorrad ins Ausland unternommen. Nachdem man gut erholt aus dem Urlaub zurückkommt, könnte aber schon eine unangenehme Überraschung auf einen warten. Post von einer ausländischen Bußgeldstelle oder sogar der Polizei. Der Inhalt der Briefe dürfte sich ähneln: Ein Bußgeldbescheid wegen eines Ordnungswidrigkeitenverstoßes. Die Bußgelder, die gefordert werden, haben es dann auch in sich. So kostet beispielsweise zu schnelles Fahren über 20 km/h in Frankreich ab 135 €, in den Niederlanden ab 160 € und in Italien sogar ab 170 €.

Die Bußgelder richten sich meist gegen den Halter des Fahrzeugs und nicht gegen den Fahrer, da in vielen europäischen Ländern die Halterhaftung gilt. Eine Halterhaftung, die es in Deutschland nicht gibt, weil sie dem Grundsatz der Unschuldsvermutung widerspricht. Der Halter haftet im Ausland wie der Fahrer in Deutschland. Eine Ausnahme, die es zu beachten gilt.

Doch was ist zu tun, wenn eine Anhörung oder ein ausländischer Bußgeldbescheid ins Haus flattert? Wie auch gegen einen deutschen Bußgeldbescheid, besteht die Möglichkeit zunächst über einen Rechtsanwalt Akteneinsicht zu beantragen und fristgerecht Einspruch gegen den Bescheid einzulegen. Durch die Akteneinsicht kann schon einmal überprüft werden, ob der Vorwurf zutreffend ist. Es kann überprüft werden, ob man selber gefahren und ob z.B. eine Geschwindigkeitsmessung ordnungsgemäß erfolgt ist. Bei Zweifeln kann man sich zur Wehr setzten und notfalls auch im Ausland einen Rechtsanwalt beauftragen, der einen vor Gericht vertritt. Es gibt in jedem Mitgliedsland der EU Anwälte, die auch Deutsch sprechen.

Die Anhörung und die Belehrung über die bestehenden Rechte müssen übrigens in deutscher Sprache erfolgen. Ist dies nicht der Fall, wird das in Deutschland zuständige Bundesamt für Justiz (BfJ) eine Vollstreckung der ausländischen Forderung, die mindestens 70 € inklusive aller Kosten betragen muss, ablehnen. Der Bußgeldbescheid hat dann keinerlei Wert in Deutschland. Bevor es aber zu einer Vollstreckung kommt, muss der Bußgeldbescheid erst einmal rechtskräftig werden. D.h. er muss zugestellt werden und der Betroffene hat dagegen innerhalb der Frist kein Rechtsmittel eingelegt. Das Rechtsmittel des Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid macht insbesondere dann Sinn, wenn begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Zahlungsaufforderung vorhanden sind – etwa weil man zu dem genannten Zeitpunkt gar nicht am angegebenen Ort war oder gar der Vorwurf nicht begründet ist.

Legt man Einspruch gegen den Bußgeldbescheid bei der ausländischen Behörde ein und verwirft diese ihn, wird die ausländische Behörde das Bundesamt für Justiz (BfJ) in Bonn mit der Vollstreckung des Bußgeldbescheides beauftragen. Das BfJ prüft dabei, ob der vollstreckungsfähige Betrag von 70 € tatsächlich überschritten wurde. Liegt dies vor, so hört das BfJ den Halter mittels eines Anhörungsbogens zu dem vorgeworfenen Verstoß an, prüft die grundsätzliche Zulässigkeit, die Bewilligung und die Durchführung der Vollstreckung der Geldsanktionen. Teilt der Halter dem BfJ auf dem Anhörungsbogen hin aber mit, dass er zum Tatzeitpunkt nicht Fahrer des Fahrzeugs war, wird eine Vollstreckung des Bußgeldes durch das BfJ verweigert werden. Die Geldbuße ist damit in Deutschland nicht durchsetzbar. Aber wie ist das in dem Land in dem alles passiert ist?

Wird die Vollstreckung des ausländischen Bußgeldbescheides durch das BfJ abgelehnt, sollte sich der Betroffene damit noch nicht vollständig in Sicherheit wiegen und meinen, sein Fahrverhalten bleibe ahndungsfrei. Wenn man also Pech hat und beim nächsten Aufenthalt z.B. in Italien in eine Verkehrskontrolle gerät, könnte es passieren, dass man das Bußgeld vor Ort dann noch bezahlen muss. Dieses Risiko besteht, obwohl für gewöhnlich Bußgelder nicht bei der Fahndung mitgeteilt werden. Ein Restrisiko besteht aber, so dass ich nicht anraten kann, einen Vorwurf zu ignorieren, sondern sich dagegen zu verteidigen. Es ist besser ein solches Verfahren zu gewinnen, als später im Ausland mit einem schlechten Gefühl unterwegs zu sein und Angst vor einer Vollstreckung haben zu müssen. Ist ein Vorwurf berechtigt, gibt es z.B. in Italien die Möglichkeit durch eine schnelle Bezahlung die Geldbuße erheblich zu verringern. Wer auf Verjährung setzt, muss seinen Urlaub künftig aufmerksam planen denn die Verjährungsfristen sind im Ausland völlig uneinheitlich – z.B. Italien 5 Jahre, Niederlande 2,8 Jahre, Luxemburg 2 Jahre, England nicht geregelt, Griechenland 2 Jahre , Frankreich 1 Jahr, Dänemark 2 Jahre, Belgien je nach Art der Strafe 1–5 Jahre.

In diesem Sinne: Auch im Ausland sollte man besser vorschriftsgemäß fahren, damit die Erholung nicht gleich nach der Urlaubsrückkehr verfliegt.