aus bma 7/09

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Wir Motorradfahrer sind eine ganz besondere Spezies. Immer wieder dreht sich alles um das Zweirad. Ein schönes Hobby, das einem das Leben und das Altern erheblich versüßen kann. Jeder will folglich das Hobby so lange wie möglich leben. Nur was ist, wenn das irgendwann mal vorbei ist und man das Motorrad auf Grund körperlicher oder geistiger Gebrechen nicht mehr benutzen kann.

Im Juli bma befasse ich mich mit diesem traurigen Thema und wie ein Kollege versuchte sich nach einem folgenschweren Unfall an seinem Hobby weiterhin zu erfreuen.

Im Jahr 1988 wurde ein Motorradfahrer bei einem Verkehrsunfall schwer verletzt und ist seitdem querschnittsgelähmt. Der Unfallverursacher hatte ihm sämtliche materiellen und immateriellen Schäden aus dem Unfall zu ersetzen. Das Unfallopfer bekam von der Versicherung des Unfallgegners einen behindertengerecht umgebauten Pkw bezahlt. Da er immer wieder an sein Hobby dachte und es sehr vermisste, ließ er sich auch ein Motorrad behindertengerecht umbauen. Die Kosten hierfür beliefen sich auf etwa 23.000 Euro. Die gegnerische Versicherung blockte diesen Anspruch ab, so dass nichts anderes übrig blieb, als erneut vor Gericht zu ziehen. Der Rechtsstreit ging über sämtliche Instanzen bis vor den Bundesgerichtshof. Der Bundesgerichtshof (Aktenzeichen: VI ZR 46/03) musste über die Umbaukosten abschließend entscheiden.

Grundsätzlich sind Umbaukosten als vermehrte Bedürfnisse nach einen  Unfall vom Unfallverursacher zu erstatten. Der Begriff der vermehrten Bedürfnisse umfasst alle unfallbedingten Mehraufwendungen, die den Zweck haben, diejenigen Nachteile auszugleichen, die dem Verletzten infolge dauernder Beeinträchtigung seines körperlichen Wohlbefindens entstehen. Hierunter fallen Kosten wie Kuren, orthopädische Hilfsmittel, Pflegekosten und Haushaltshilfen. Es fallen aber auch Kosten für einen Rollstuhl, Schreibhilfen oder den behindertengerechten Umbau einer Wohnung hierunter. Die bereits von der gegnerischen Versicherung übernommenen Kosten für das behindertengerechte Fahrzeug, um zur Arbeit zu kommen, sind hiervon auch abgedeckt. Der Bundesgerichtshof sah jedoch in den Umbaukosten für das Motorrad keine Kosten die vom Unfallverursacher zu ersetzen sind. Der Motorradfahrer ist mit dem behindertengerechten Pkw, so der Bundesgerichtshof, mobil. Er kann zur Arbeit, einkaufen etc.

Das Bestreben des Motorradfahrers zwischen einem Motorrad und einem Pkw wählen zu können, entspricht dem Wunsch nach Wiederherstellung der ursprünglichen Lebensqualität. D.h. er will so gestellt werden, wie es seinem „früheren Standard“ entsprach. Das Oberlandesgericht Köln hat hierzu in einem Urteil den Grundsatz aufgestellt, dass der Schädiger dafür Sorge zu tragen hat, dass die materielle Lebensqualität des Geschädigten nicht unter den früheren Standard sinken darf. Das hieße für den Geschädigten, dass er genauso so zu stellen ist wie vor dem Unfall, als er sein Motorrad noch fortbewegen konnte. Das alles hat der Bundesgerichtshof richtig erkannt, begründet dann jedoch die Abweisung der Klage damit, dass der Motorradfahrer ja schon ein Schmerzensgeld bekommen habe und dieses Schmerzensgeld die entgangene Freude am Motorradfahren ausgeglichen habe.

Ein inhaltlich schwaches Urteil, da das Schmerzensgeld vom Anspruch des Geschädigten auf Ersatz der Umbaukosten zu trennen ist. Ich bin mir sicher, dass dieses Urteil in naher Zukunft durch ein motorradfahrerfreundlicheres Urteil ersetzt wird, dass einem schwer Geschädigten zumindest noch die kleinen Freuden des Lebens gewährt.