Paragraphaus bma 07/06

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Wer kennt es nicht? Da schlottern einem die Knie, und man hat Schweißausbrüche, als wenn man in der Sauna sitzt. Ursache hierfür kann eine Grippe aber auch ein Verkehrsunfall sein, der das körperliche Gleichgewicht völlig durcheinander bringt. Da passiert es auch schon mal, dass man nach dem Unfall ein wenig Alkohol zu sich nimmt, um wieder etwas runter zu kommen. Das mag kurzfristig die Psyche aufpäppeln oder körperliche Symptome kaschieren, kann jedoch zu Problemen führen, wenn einem unerwartet nach dem Unfall ein Alkoholtest bevorsteht. Die eigene Versicherung kann den Versicherungsschutz verweigern, wenn man beim Unfall betrunken war.
Jetzt wird jeder sagen: „Halt, ich habe doch erst nach dem Unfall etwas getrunken.” Dies ist richtig, muss jedoch von euch bewiesen werden – so entschied das Kammergericht Berlin (Az. 6 W 8026/97).
Ein Mopedfahrer war nachts auf völlig gerader Strecke von der Straße abgekommen, weil ihm ein Ast in das Rad fiel und dieses blockierte. Er wurde nach dem Unfall hochgradig alkoholisiert am Unfallort angetroffen. Der Mopedfahrer behauptete, eine in einem Nylonbeutel mitgeführte Whiskeyflasche nach dem Unfall geleert zu haben. Die Richter glaubten ihm das nicht, da die Flasche den Unfall hätte überstehen müssen und der durch den Unfall halbseitig gelähmte Mopedfahrer die geschlossene Flasche hätte öffnen müssen. Zudem wurde am Unfallort von der Polizei keine leere Flasche gefunden.
Das Gericht glaubte dem Mopedfahrer nicht, da dieser nicht beweisen konnte, dass er zum Unfallzeitpunkt nüchtern war. Der Mopedfahrer erhielt kein Geld von seiner Unfallversicherung.
Der Versicherungsschutz ist jedoch auch gefährdet, wenn man unter Alkoholeinfluss einen Unfall verursacht. In einem vor dem Landgericht Coburg (Az. 33 S 118/02) entschiedenen Fall musste ein Verkehrsteilnehmer nach einem Wendemanöver mit knapp unter 1,0 Promille die von der eigenen Versicherung an den Eigentümer des gegnerischen PKW gezahlten Schadensersatz zurückzahlen. Das LG Coburg vertrat die Ansicht, dass das Fahren im Bereich von 1,0 Promille eine grob fahrlässige Verletzung des Versicherungsvertrages darstellt, und die Versicherung einen Erstattungsanspruch gegen den Versicherungsnehmer habe. Er musste folglich den Schaden an die Versicherung zurückzahlen.
So hat auch das Landgericht Kaiserslautern (Az. 3 O 507/04) jüngst entschieden. Ein Verkehrsteilnehmer hatte 13 Stunden nach einer Kneipentour einen Unfall verursacht. Hierbei war sein eigenes Fahrzeug beschädigt worden, und er wollte seinen Schaden von der Kaskoversicherung erstattet haben. Eine Alkoholprobe kam zu dem Ergebnis, dass er zum Unfallzeitpunkt mindestens 1,14 Promille hatte. Die Versicherung bezeichnete dies als grob fahrlässig und zahlte keinen Cent. Das LG Kaiserslautern sah es genau so. Völlig zutreffend, wie auch ich meine. Das Oberlandesgericht Koblenz (Az.: 10 U 1109/01) ging sogar noch weiter und urteilte, dass bereits ab 0,3 Promille und einem alkoholtypischen Fahrfehler der Versicherungsschutz gefährdet sei.
Wer etwas getrunken hat sollte lieber auf das Taxi oder Busse und Bahnen zurückgreifen und vor allen Dingen auch berücksichtigen, dass am nächsten Tag der Alkohol nie vollständig abgebaut ist. D.h. selbst dann drohen einem noch empfindliche versicherungsrechtliche Sanktionen, wenn man mal von der Gefahr für die Fahrerlaubnis absieht. Wer nach dem Unfall etwas trinkt, sollte sich darüber im Klaren sein, dass auch dies beweisrechtliche Probleme mit sich bringen kann. Also liebe Leser: Besser schön nüchtern bleiben, dann bleibt der Fahrspaß auch nicht auf der Strecke!