aus bma 12/08

von Rechtsanwalt Jan Schweers, Bremen
www.janschweers.de

Regelmäßig gibt es in der Glotze Serien, in denen über Arztfehler berichtet wird. Oftmals tragische Geschichten, die zum Nachdenken anregen. Nach Verkehrsunfällen läuft auch nicht immer alles reibungslos ab. Auch da passieren bei der anschließenden Behandlung von Verletzten Fehler, die das Unfallschicksal oftmals noch verschlimmern. Wenn man sich den Bauchspeck wegschneiden lässt oder meint, man habe zu kleine Brüste, dann wird man, wenn alles richtig läuft, vor der Operation umfangreich über mögliche Risiken aufgeklärt.
Bei einem Unfall hingegen sieht das oftmals ganz anders aus. Da hat man keine Chance über ein Operationsrisiko nachzudenken und selbst darüber zu entscheiden, ob man dieses Risiko in Kauf nimmt oder nicht, besonders wenn es um Leben oder Tod geht. Kommt es dann jedoch zu Komplikationen, stellt sich immer wieder die Frage, wer dafür einzustehen hat.

So ging es auch einem Unfallopfer, das durch einen Verkehrsunfall schwerste Verletzungen erlitt. Es wurde sofort nach dem Unfall eine Röntgenuntersuchung vorgenommen. Der behandelnde Arzt wertete die Röntgenbilder jedoch fehlerhaft aus, so dass eine Verletzung der Lendenwirbelsäule übersehen wurde. Dies hatte eine weitere Krankenhausbehandlung zur Folge, die zum Glück erfolgreich verlief. Der Leidensweg des Unfallopfers verlängerte sich um mehr als zwei Monate. Wenn alles richtig gelaufen wäre, dann hätte sich das Unfallopfer diese Leidenszeit ersparen können. Das Unfallopfer wollte folglich zu Recht für diese Zeit ein Schmerzensgeld haben. Also meldete es seine Forderung bei der Versicherung des Unfallverursachers an. Die Versicherung verweigerte jedoch die Zahlung eines Schmerzensgeldes für den vollständigen Zeitraum. Sie zahlte für die zweimonatige Verlängerung auf Grund der falschen Auswertung der Röntgenbilder keinen Cent und ließ es auf einen Prozess ankommen. Ein Vorgehen, das oftmals von Versicherungen gewählt wird und, wenn man nicht hartnäckig hinter seinen Ansprüchen hinterher ist, auch zu einem Erfolg führt.

Viele Geschädigte lassen sich hierdurch abschrecken und scheuen den Weg zu einem Rechtsanwalt oder gar zum Gericht. Warum fragt Ihr Euch jetzt. Das ist ganz einfach: Ein Prozess kostet etwas und zunächst muss man Geld investieren. Wenn der Geschädigte dann noch zu ängstlich beraten wird und die Erfolgsaussichten einer solchen Klage nicht ordentlich ausgearbeitet werden, dann neigt jeder zur Zurückhaltung und die Schadensabteilungen der Versicherungsgesellschaften reiben sich die Hände.

Dabei ist es rechtlich mittlerweile klar, dass ein Unfallverursacher auch für die Folgen einer durch einen Unfall fehlerhaft vorgenommenen Behandlung haftet. D.h. die Versicherung muss für eine z.B. längere Behandlungsdauer haften, wenn nicht alles wie erwartet läuft. Eine Ausnahme hiervon besteht nur, wenn der behandelnde Arzt seine Sorgfaltspflichten in außergewöhnlich hohem Maße verletzt hat, so das Oberlandesgericht Koblenz in einem Urteil vom 24.04.2008, Az.: 1236/07. Eine solche Ausnahme liegt z.B. vor, wenn ein Arzt sein Arbeitswerkzeug bei der Operation vergisst oder zuviel abgeschnippelt wird, jedoch nicht, wenn ein Röntgenbild fehlgedeutet wird. Bei allen nicht schwerwiegenden Sorgfaltspflichtverletzungen muss der Unfallverursacher und seine Versicherung auch für einen Fehler des Arztes haften. D.h. man kann sich sein Schmerzensgeld oder auch einen Verdienstausfall von der Versicherung für die längere Behandlungsdauer holen. Nichts desto trotz haftet natürlich auch der Arzt und die Versicherung kann sich vom Arzt das Geld wiederholen.

Lasst Euch folglich nicht zu schnell abwimmeln und verschenkt das Euch zustehende Schmerzensgeld nicht, wenn nach einem Unfall bei der Behandlung nicht alles richtig läuft. Mit dem nötigen Biss kommt Ihr zum Ziel und bekommt das, was Euch rechtlich zusteht.